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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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an.“
    „Ich habe den Eindruck, daß auch Sie ihn lieben.“
    „Von ganzer Seele, und ich glaube, daß es sie gibt, ja, ich bin dessen sicher. Aber für mich ist die Seele etwas anderes als für die übrige Welt. Trotz seiner geistigen Zerrüttung ist auch Bernard davon überzeugt.“
    „Die Seele!“ sagt Wollandry lächelnd. „Ich möchte es prosaischer das Nervensystem nennen.“
    Djalli wirkt nachdenklich, sie möchte erwidern, beschränkt sich aber auf ein Kopfschütteln. Jacques wendet sich an Martin: „Wenn Sie uns nicht mehr brauchen, Inspektor, werden wir uns verabschieden. Können wir Sie in der Stadt absetzen?“
    „Danke schön, aber ich möchte dem Herrn Doktor noch ein paar Fragen stellen.“
    Jacques verbeugt sich, grüßt den Arzt und geht in Begleitung von Djalli hinaus. Martin überlegt eine Weile, dann sagt er: „Ich kannte dieses junge Mädchen nicht.“
    „Das ist doch Frau Riviere!“
    „Simone Riviere?“
    „Ja.“
    „Das kann sie nicht sein.“
    „Ich versichere es Ihnen.“
    „Ich habe sie einmal gesehen, sie ähnelt ihr nicht im geringsten. Aber beunruhigen Sie sich nicht, ich will gerne glauben, daß sie es ist … sie hat sich dann eben verändert. Was meint Ligniere dazu?“
    „Tja, das ist eine eigenartige Sache. Zuweilen schreit er sie an: ‚Du bist Simone’, und er stößt sie entsetzt von sich, als sei es genau das, was ihm Angst einflößt.“
    Martin lächelt.
    „Besucht sie Ligniere häufig?“
    „Fast täglich, meistens allein. Sie setzt sich neben ihn, und wenn er ruhig ist, nimmt er sie in seine Arme, oft stundenlang.“
    „Aber manchmal ist ihm angst vor ihr, und er spricht von Metamorphose – reiner Zufall, vermutlich. Ich habe den Bericht, den Sie mir zukommen ließen, sorgfältig studiert, und insbesondere die stenographierten Anmerkungen, die man zu Lignieres Hirngespinsten, wie Sie es nennen, gemacht hat.“
    „Und?“
    „Ich glaube, ich bin hinter die ganze Wahrheit gekommen.“
    „Das interessiert mich ungemein.“
    Martin lacht. „Zweifellos, ich befürchte nur, daß es Sie rein beruflich nicht allzu sehr interessieren dürfte. Es ist die verblüffendste Untersuchung, die ich je vorgenommen habe. Ich gerate ins Absurde und sehe mich zu dem Eingeständnis genötigt, daß das Absurde vermutlich das Wahre ist.“
    „Sie überraschen mich.“
    „Und wenn Ligniere nicht geisteskrank ist, zutiefst verängstigt zwar, aber geistig klar, verängstigt bis an sein Lebensende, aber wahrhaftig in allem, was er sagt?“
    Wollandry zuckt mit den Schultern.
    „Ich bin den Umgang mit Geisteskranken gewöhnt. Er behauptet, daß die andern – nicht er, wohlgemerkt – Lebende sind, denen ein Toter innewohnt.“
    Martin macht eine Handbewegung, wie um jede Möglichkeit einer Diskussion wegzufegen. „Wir können darüber nicht urteilen. Sie haben den phantastischen Bericht Ihres Patienten gehört. Schön. Die Wächter beziehungsweise Besitzer des Schlosses, Wilhelm und die alte Therese, sind genau eine Stunde, nachdem sie die Verkaufsurkunde vor dem Notar unterzeichnet hatten, gestorben, und der letztere hat sie acht Tage warten lassen, bis er sie plötzlich und unvermutet vorlud.“
    „Zufall.“
    „Mag sein. Jacques Riviere war ein vermögensloser junger Ingenieur. Plötzlich hat er seine Karriere aufgegeben und ist von einem Tag zum andern unwahrscheinlich reich geworden.“
    „Sie haben sich wohl dienstlich für diese überraschende Veränderung seiner Situation interessiert?“
    „Natürlich. Er hat einen verborgenen Schatz aufgefunden und sich danach durchaus korrekt verhalten, indem er die entsprechenden Abgaben an den Staat zahlte. Er lebt in einem eheähnlichen Verhältnis mit einer gewissen Marthe, die mehr oder weniger die Freundin von Bernard Ligniere vor der Nacht des 23. Dezember war.“
    „Und seine Frau?“
    „Sie haben sie gesehen. Am 24. Dezember sah sie vollkommen anders aus als heute.“
    „Kosmetische Chirurgie?“
    „Das behauptet Jacques Riviere.“
    „Haben Sie nach dem Praktiker geforscht?“
    „Man ist in Osteuropa auf die Suche nach ihm gegangen.“ Wollandry schüttelt den Kopf.
    „Wenn ich Sie recht verstehe, glauben Sie kein Wort von ihren Erklärungen?“
    „Kein Wort.“
    „Dann ist es also eine von Spaßvögeln inszenierte, erfundene Geschichte.“
     „Genau das.“
     
     
     
    ENDE

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