057 - Im Banne des Unheimlichen
sehen, die Fahrt aufgenommen hatten und herangebraust kamen. Die ›Escorial‹ war noch immer in Bewegung, und bei ihrer Geschwindigkeit war anzunehmen, daß sie nicht vor einer Viertelstunde zur Ruhe kommen würde. Aber die Kreuzer ließen sich dadurch nicht aufhalten. In wenigen Minuten hatten sie an dem Ozeanriesen angelegt. Gleich darauf war das Deck der ›Escorial‹ von britischen und amerikanischen Blaujacken überflutet. Als erster sprang ein junger, sonnenverbrannter Seeoffizier mit gespanntem Revolver an Deck.
»Wo ist der Kapitän dieses niedlichen Kahnes?« fragte er.
»Vorne, Sir. Ich bin Inspektor Bullott von Scotland Yard.« »Schön! Ich danke Ihnen für Ihr Lichtblinksignal.«
Bullott packte Bill beim Arm und lief mit ihm hinter dem Offizier her.
»Wie kommt es, daß die Turbinen plötzlich stehengeblieben sind?« fragte Holbrook neugierig.
»Das Öl ist ausgegangen. Erinnern Sie sich der Feuerlöschzentrale, von der ich sprach? Von dort aus kann man auch das Seeventil jedes Öltanks öffnen und das ganze Naphtha in die See ausströmen lassen.« Bullott wandte sich, als sie die Brücke erreichten, dem Offizier zu. »Das sind die Leute, die Sie suchen, Sir!«
Die zusammengewürfelte Bande, die das Schiff beherrscht hatte, wagte nicht den leisesten Widerstand, nachdem sie ihres Führers beraubt war.
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»In des Königs Namen verhafte ich diesen Mann wegen Mordes«, sagte Inspektor Bullott, auf Clive Lowbridge zeigend. Dann sprach er die vom Gesetz verlangte Formel: »Ihr Name ist Clive George Lowbridge, Sie sind der neunte Baron dieses Namens. Ich verhafte Sie unter dem Verdacht des vorsätzlichen Giftmordes an Ihrem Vetter Cyril Francis Lowbridge.«
»Ich denke, Sie werden große Schwierigkeiten haben, diese Anschuldigung zu beweisen«, antwortete Lowbridge mit bleichem Gesicht.
»Nicht so große, wie Sie meinen. - Wachtmeister Fanaby, treten Sie näher!«
Ein Mann trat hinzu, bei dessen Anblick sich die Züge des Lords vor Wut verzerrten. Der Wachtmeister war niemand anders als der Kammerdiener Benson!
»Sie waren der Polizei seit dem Tode Ihres Vetters verdächtig«, fuhr Bullott fort, »und haben unter ständiger Beobachtung gestanden, seit Sie diesen Beamten in Ihren Dienst genommen haben. Er hat alles Beweismaterial zusammengetragen, das wir zu Ihrer Überführung brauchen. Es werden Ihnen auch noch andere Verbrechen zur Last gelegt, von denen ich der Einfachheit halber gar nicht gesprochen habe.«
Lowbridge wurde in Eisen gelegt und sofort an Bord des britischen Kreuzers gebracht.
»Es wird noch zwölf Stunden dauern, bis wir Öl von der ›Thomas Inland‹ an Bord nehmen können, um damit New York zu erreichen«, sagte Bullott. »Und wenn dann unsere Maschinen wieder arbeiten, wird der Mann, der das Schiff zum Stehen gebracht hat, nicht mehr unter den Heizern zu finden sein.«
»Toby Marsh?« fragte Bill.
»Ganz richtig. Er war natürlich der Mann, der die Seeventile der Öltanks zu finden und zu betätigen wußte, so daß der ganze Naphthavorrat innerhalb zehn Minuten ausrann.«
Am Abend fand sich die kleine Gesellschaft in Stones Salon zusammen, wo es noch immer eiskalt war, weil man nur gerade soviel Öl an Bord hatte, um einen Dynamo laufen zu lassen und das Schiff notdürftig zu beleuchten, nicht aber zu beheizen.
»Das ganze Verdienst um die Aufdeckung dieser langen Reihe von Verbrechen wird natürlich mir zugeschrieben werden, eigentlich aber gebührte es Toby Marsh«, begann Inspektor Bullott seinen Bericht. »Toby hatte sich seinerzeit tatsächlich mit Dr. Laffin wegen eines fingierten Einbruchs zerstritten, den dieser selbst bestellt hatte, und der damit endete, daß Marsh die Zwangsarbeit kennenlernte. Der etwas romantisch veranlagte Toby schwor Rache und verwandte viel Zeit darauf, Laffins wahren Charakter zu ergründen. Daß der Doktor ein Gauner war, wußte er, aber das allein genügte ihm nicht, er wollte genau erfahren, was Laffin alles auf dem Gewissen hatte. - Nicht ganz so einfach war das Verhältnis des Doktors zu Clive Lowbridge. Clive war der einzige Mensch, zu dem er so etwas wie Zuneigung empfand. Er hatte den Knaben erzogen und ihm eine übertriebene Wertschätzung des Geldes eingeimpft. Doch Clive hatte keinerlei Aussicht, in den Besitz des Majorats zu gelangen, deshalb schlug der Doktor vor, die beiden Männer zu beseitigen, die ihm im Wege standen. Sie hielten nämlich den alten Lord Lowbridge für einen reichen Mann, denn er hatte immerhin
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