0574 - Das Himmelsmetall
Mächte haben es verhindert", rief Retekin zurück und machte sich daran, die Strebe langsam und zielbewußt zu ersteigen, so als handele es sich um eine Zeitlupenaufnahme mit normaler Kamera.
Die anderen rannten weiter, während Drof Retekin lediglich die Strebe gemächlich überkletterte und sich selbst bewies, daß er es ohnehin geschafft hätte, dann verließ er die Rennbahn und machte sich auf die Suche nach Gucky, denn er wußte, daß kein anderer als der Mausbiber ihm den Spaß verdorben hatte.
Er entdeckte ihn hinter dem Stützpfeiler.
„Habe ich es mir doch gleich gedacht!" stellte er fest und stemmte die Arme in die Hüften. Er mußte fast senkrecht nach oben blicken, um Gucky in die Augen sehen zu können. „Du Untier! Du Ungeheuer! Warum hast du dich eingemischt?"
„Wolltest du denn gewinnen?" erkundigte sich Gucky harmlos.
Dann hockte er sich nieder, damit Retekin keine Minderwertigkeitskomplexe bekam. „Aber doch nicht durch Schwindel, oder?"
„Die anderen sind fast einen Zentimeter größer als ich", behauptete der Siganese. „Sie waren im Vorteil. Außerdem habe ich ja die Mauer auch bezwungen."
„Außer Konkurrenz, stimmt", gab Gucky zu. „Und jetzt bist du nicht mehr im Rennen." Er sah hinüber in den Hangar. „Sieh nur, jetzt hat sich Myrus Tyn fast den Hals gebrochen."
In der Tat lag Tyn lang am Boden, während die Dose seitlich wegrollte und dicht vor der Wand liegenblieb. Die restlichen vier Siganesen balancierten auf ihren Rollen und versuchten, das Gleichgewicht zu halten. Offenbar besagte die Regel, daß sie eine gewisse Strecke der Bahn mit Hilfe der Rolldosen zurücklegen mußten.
Tyn rappelte sich wieder auf und marschierte dann zum Startplatz zurück. Vergeblich suchte er den früher ausgeschiedenen Drof Retekin.
„He, Drof, wo steckst du denn?"
Gucky nickte Retekin zu.
„Hier, Myrus! Bei dem Pfeiler..."
Tyn erblickte Gucky, kam näher und fragte: „Was machst denn du hier? Warum ist Drof nicht mitgelaufen?"
„Ich hätte euch ohnehin geschlagen, aber dann entdeckte ich Gucky und wollte ihm Gesellschaft leisten." Retekin sah harmlos gegen die hohe Decke des Hangars. „Das nächste Mal machen wir einen Flugwettbewerb durch die Verstrebungen, das wird fein."
Tyn ließ dahingestellt, wer das Rennen eventuell gewonnen hätte. Er sah nur noch interessiert zu, wie Harl Dephin wenige Meter vor dem Ziel auf einem Öltropfen ausrutschte und den Rest der Strecke auf dem Bauch zurücklegte. Mit einer Nasenlänge, und das im wahrsten Sinne des Wortes, gewann er das Rennen.
Gucky kam mit den beiden Verlierern aus seinem Versteck.
„Ausgezeichnet, Harl, ganz ausgezeichnet! Es war eine wunderschöne Vorstellung. Das nächste Mal gebt mir früher Bescheid, dann mache ich den Schiedsrichter."
„Du meinst wohl, das nächste Mal lassen wir die gesamte Besatzung der TIMOR zusehen, was? Es genügt schon, daß du dich ohne Eintrittskarte an unseren olympischen Spielen beteiligst. Die Bewegung tut gut, und wer weiß, wann wir mal wieder aus Paladin herauskommen." Er winkte dem Mausbiber zu. „Setz dich zu uns! Gibt es Neuigkeiten?"
„Noch nicht, aber die werden nicht lange auf sich warten lassen. Wir fliegen Asporc an."
„Wir schalten Paladin auf Automatik, dann kann nicht viel passieren", schlug Dephin vor.
Es war ein seltsamer Anblick. Da hockte der Mausbiber mitten zwischen den kleinen Siganesen auf dem Boden des Hangars und unterhielt sich mit ihnen, während die TIMOR nach entsprechender Vorbereitungszeit in den Linearraum glitt, um ihr erstes Ziel anzusteuern, das mitten zwischen den beiden Sonnensystemen lag. Aller Voraussicht nach würde es eine Ruhepause dort geben, aber es wäre nicht das erste Mal, daß man sich falschen Hoffnungen hingab.
*
Das Schiff war knapp vierhundert Meter lang und etwa fünfundneunzig Meter dick. Die gesamte Konstruktion war in zwei Hauptgruppen unterteilt, nämlich in ein deutlich erkennbares und massives Vorderteil und ein zerbrechlich wirkendes Hinterteil.
Das Vorderteil glich einer sehr dicken und stumpfen Granate, deren Länge fast zweihundert Meter betrug. Luken und andere Einrichtungen zeigten deutlich, daß in diesem Teil des Schiffes die Besatzung untergebracht und daß es höchstwahrscheinlich zur späteren Landung bestimmt war, während das Hinterteil der Treibstoffversorgung und den entsprechenden Pumpen als Unterbringungsort diente. Das Hinterteil bestand eigentlich nur aus einem Gerüst, die Tanks lagen offen.
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