0580 - Ginas Mörderschloß
entnommen.
Aber nicht auf vampirähnliche Art und Weise. Ich konnte zudem davon ausgehen, daß der Tod dieses Menschen nur indirekt mit einem Vampir zu tun hatte.
Sein Blut war gebraucht worden. Natürlich kam mir der geheimnisvolle Blutstein wieder in den Sinn, von dem auch Dennis wußte.
Wieso, das würde ich noch herausbekommen.
Ich wollte schon zu ihm gehen, als mir noch etwas auffiel. Aus der rechten Seitentasche des Toten ragte etwas Weißes hervor. Ich zupfte mit spitzen Fingern nach und beförderte einen Zettel zutage, der zwar zerknittert, aber nicht blutverschmiert war, so daß ich den Text darauf noch lesen konnte.
Es war eine Anzeige. Ausgeschnitten aus irgendeiner Zeitung. Der Text war interessant. Da bot eine Hexe namens Gina ihr Wissen und ihre Kraft an, um Menschen von Problemen zu befreien, die bisher allen psychiatrischen Hilfestellungen gegenüber verschlossen gewesen waren.
Die Kraft der Hexe, die heilenden Hände und der Hexensegen würden den Klienten wieder auf den rechten Weg bringen.
Ich brauchte mir nur den in der Schlinge hängenden Toten anzuschauen, um zu wissen, wie der rechte Weg aussah.
Den Zettel steckte ich ein, drehte mich um und ging zurück zu Dennis Höller.
Aus großen Augen schaute er mir entgegen. Sein Gesicht schimmerte noch immer käsig weiß.
»Ich kenne den Toten nicht«, sagte ich. Meinen Fund verschwieg ich ihm.
Er nickte. »Wer… wer kann ihn denn aufgehängt haben? Die Hexe?«
»Davon gehe ich aus.«
Dennis warf einen vorsichtigen Blick auf das Gebäude. Für mich war es zu einem Mörderschloß geworden, falls sich herausstellen sollte, daß die Hexe Gina tatsächlich eine Mörderin war.
»Warum tut sie so etwas?« fragte der Junge.
Ich lächelte knapp. »Sie ist eine Hexe, Dennis. Und mit Hexen habe ich meine Erfahrungen sammeln können.«
»Dann glauben Sie auch daran?«
»Nicht nur das. Ich weiß, daß es sie gibt. Hexen sind Dienerinnen des Teufels, und der existiert ebenfalls.«
Dennis starrte mich an. »Dann haben die alten Leute bei uns im Dorf doch recht, wenn sie davon reden.«
»Irgendwie schon.«
»Und jetzt?«
Ich deutete auf das Gemäuer. »Werde ich mir das Schloß einmal von innen ansehen.«
»Moment, John. Das ist richtig. Aber Sie haben eben in der Einzahl gesprochen.« Er redete schon wie ein Erwachsener. »Ich gehe mit. Ich lasse mich nicht davon abbringen.«
»Du kennst die Gefahr?« fragte ich ernst.
»Ja, die kenne ich. Die kenne ich genau. Doch ich habe gleichzeitig das Gefühl, daß es für mich keine Gefahr geben wird.« Er schluckte.
»Verstehen Sie das?«
»Ehrlich gesagt, nein.«
»Dann will ich es Innen sagen, John.« Er bewegte seine Hand nach links und rechts. »Dieses Schloß – es kommt mir vor, als wäre es mein eigentliches Zuhause…«
Ich schluckte, stand unbeweglich und sagte nichts. Aber ich wußte gleichzeitig, daß uns noch sehr böse Überraschungen erwarteten…
ENDE des ersten Teils
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