0580 - Ginas Mörderschloß
sie zu öffnen.
Eingesperrt wie ein Tier hatte man ihn. Weshalb denn? Nur weil er über die Schwarzwald-Hexe nachgelesen hatte?
Gina, die Hexe. War sie gleichzeitig auch die im Buch erwähnte Schwarzwald-Hexe?
Dennis schloß es nicht mehr aus. Zwischen der Schwarzwald-Hexe, dieser Gina und ihm mußte es einen Zusammenhang geben.
Orth hatte ihn eingesperrt. Wollte er ihn verhungern lassen? Oder nur sichergehen, daß sich Dennis mit dem Thema Hexe nicht mehr beschäftigte? Es gab einige Erklärungen, keine jedoch paßte ihm in den Kram. Er sah sich selbst als ein Opfer, und er machte sich Vorwürfe, seinen Eltern nichts gesagt zu haben.
Als er gegen den Tisch stieß, schreckte er aus den Gedanken hoch und blieb stehen. Langsam hob er den Kopf. Sein Blick streifte das Halbmond-Fenster, das viel zu hoch lag, um normal durchschauen zu können. Er mußte auf den Tisch klettern.
Aber hatte es überhaupt Sinn?
Er tat es trotzdem. Wahrscheinlich nur aus dem Grund, um überhaupt in Bewegung zu bleiben. Dennis stellte fest, daß seine Bewegungen, mit denen er auf den Tisch kletterte, müder geworden waren. Er blieb dicht vor dem Fenster stehen und reckte sich dabei, denn nur so besaß er den besten Über- und Ausblick.
Sein Blick glitt wieder nach draußen und auch in die Tiefe. Plötzlich schrak er zusammen. Eine Gänsehaut hatte sich auf seiner Schulter gebildet. Im Hals spürte er das trockene Gefühl. Das Herz klopfte schneller, denn vor dem Gebäude stand ein Wagen.
Es war ein BMW. Sogar das Fabrikat konnte der Junge bestimmen, aber Dennis wußte nicht, wem der Wagen gehörte. Bestimmt keiner Person aus dem Dorf, da waren ihm alle Autos bekannt. Das mußte ein Fremder sein.
Der Mann stieg aus.
Groß und blond, ihm unbekannt, aber Dennis versuchte es trotzdem. Auf dem Tisch stehend bewegte er hektisch die Arme. Er wollte unter allen Umständen Aufmerksamkeit erringen. Wenn dieser Fremde ihn entdeckte und ihn winken sah, wurde er möglicherweise mißtrauisch und holte ihn raus.
Die Zeit eilte dahin. Dennis gab nicht auf, sich hektisch zu bewegen und mit beiden Fäusten gegen das Glas zu trommeln. Normales Glas wäre unter diesen Schlägen längst zerbrochen, das aber hielt wie eine Mauer. Auf dem Tisch stehend sank Dennis beinahe zusammen. Er fühlte sich einfach ohne Hoffnung, aber er riß sich noch einmal hoch und schaute durch die dicke Scheibe.
Komisch, der Wagen stand dort noch immer. Dennis Höller wischte über seine Augen, um sicherzugehen. Nein, er hatte sich nicht getäuscht.
Sollte er doch hoffen können?
Ein knappes Lächeln huschte um seinen Mund, als er vorsichtig vom Tisch kletterte und wartete. Den Blick hielt er dabei hoffnungsvoll auf die Tür gerichtet…
***
Daß dieser Orth mich töten wollte, war klar. Ich las es von seinem Gesicht ab, das wie eine blasse Fratze über die Waffe hinwegschaute. Ein bewaffneter Hausmeister, der seine Schule in den Ferien »sauber« hielt, so etwas ging nicht mit rechten Dingen zu. Dieser Mann hatte etwas zu verbergen.
Einmal hatte er geschossen und mich nicht erwischt. Wenn er die Waffe jedoch beherrschte, war mein Tod nur eine Frage der Zeit.
Ich hatte noch nicht gefeuert, hetzte von der Treppe weg und auf eine Säule zu, die mir als Deckung dienen sollte.
Er schoß wieder.
Ich feuerte.
Beide fehlten wir.
Orth hatte das Gewehr nicht auf Dauerfeuer gestellt, das rettete mich zunächst.
Mein Silbergeschoß steckte irgendwo. Ich hörte Orths wildes Lachen, als er die Waffe im Laufen abermals schwenkte und in meine Laufrichtung zielte.
Ich war schneller und auch geübter.
Das blasse Mündungslicht vor meiner Beretta war kaum verschwunden, als Orth aufschrie, sein linkes Bein vorschleuderte, wobei er gleichzeitig den Halt verlor, denn das Geschoß hatte ihm das andere buchstäblich vom Boden weggerissen.
Orth fiel auf den Rücken. Er drückte noch ab. Diesmal hatte er die Waffe auf Dauerfeuer gestellt. Eine Kugelgarbe jagte in die Decke, riß dort Löcher und ließ Wolken vom Putz aufquellen.
Ich war wie der Blitz bei ihm. Auch mit einem Beinschuß konnte er das Gewehr noch schwenken.
Mein Tritt schleuderte es ihm aus der Hand. Er brüllte wütend auf und versuchte, nach meinem Fuß zu greifen, den ich ihm blitzschnell entzog.
Auf einmal wurde er ruhig. Mit seinen Händen umschloß er die Wunde am linken Bein. Die Augen zeigten einen rötlichen Ausdruck. Sie waren geschwollen, doch der Haß in seinem Blick hatte sich nicht verflüchtigt. Wild
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