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0581 - Die Geistermutanten

Titel: 0581 - Die Geistermutanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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erinnerte sich schließlich seiner Manieren und stand auf.
    Mit ausgestreckter Hand ging er auf den jungen Mann zu.
    „Sie sehen mich überrascht", bekannte er mit freundlichem Lächeln. „Sie sind noch so überaus jung. Sind Sie sicher..."
    „Meine Unterlagen stehen ohne Ausnahme zu Ihrer Verfügung", unterbrach ihn Onrain höflich, jedoch mit Nachdruck. „Ich bin jedoch sicher, Dr. Savrin, daß meine Befähigung gründlich überprüft wurde, bevor man meinen Anstellungsvertrag unterschrieb."
    Dr. Savrin zog die noch immer ausgestreckte Hand verlegen zurück.
    „Natürlich, natürlich", murmelte er. „So war es gar nicht gemeint. Ich bin überzeugt, daß Ihre Befähigung über allen Zweifel erhaben ist. Entschuldigen Sie."
    Er suchte nach Worten. Es fiel ihm weiter nichts zu sagen ein, und sein neuer Assistent schien auch nicht der gesprächigste zu sein. Schließlich meinte er: „Eigentlich habe ich erst morgen mit Ihnen gerechnet. Ich weiß gar nicht..."
    Er zögerte.
    „Ich bin nur gekommen, um mich vorzustellen, Dr. Savrin", bemerkte der junge Mann. „Ich bin neu in der Stadt, und wenn Sie nichts dagegen haben, dann mache ich heute noch einige Erledigungen und suche mir eine passende Unterkunft."
    Eldor Savrin war unwillkürlich erleichtert.
    „Das paßt sich großartig!" rief er aus. „Ich wüßte nämlich gar nicht, womit ich Sie heute beschäftigen sollte. Natürlich - machen Sie Ihre Erledigungen, finden Sie eine Wohnung und sehen Sie sich die Stadt an."
    Bivar Onrain verneigte sich andeutungsweise, machte eine militärisch exakte Kehrtwendung und schritt hinaus. Eldor Savrin starrte ihm noch nach, als sich die Tür längst hinter ihm geschlossen hatte. Er konnte nicht sagen, was ihm an dem jungen Mann nicht gefiel, aber irgendwie hatte er sich in seiner Gegenwart unbehaglich gefühlt. Eldor Savrin war ein Mann der alten Schule, konservativ bis in das Mark seiner Knochen. Bivar Onrain gab ihm mehr als ausreichenden Anlaß, über die neuen Methoden der Personalbeschaffung, bei denen der Computer die Auswahl traf und der zukünftige Vorgesetzte des Anzustellenden nie zu Rat gezogen wurde, weidlich zu fluchen. Freilich tat er das in der Privatsphäre seines Büros und obendrein halblaut, so daß ihn niemand hörte.
    Immerhin stellte der halblaute Monolog sein inneres Gleichgewicht wieder her. Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und befahl dem Interkom: „Mach auf!"
    Das Bild seiner Sekretärin erschien.
    „Dieser neue Mann", begann Savrin, „Bivar Onrain?"
    „Ja, Sir?"
    „Spielen Sie mir seine Unterlagen vor."
    „Sofort, Doktor Savrin."
    Das Bild der Sekretärin verschwand. Lange Reihen kleingedruckten Textes erschienen auf der Scheibe. Savrin, ein ausgezeichneter Schnelleser, nahm sie blitzschnell in sich auf.
    Bivar Onrain, geboren am 24. April 3416 (ungefähr), in der Nähe von Dombrilov, Mars. Findelkind, im Alter von etwa vier Tagen aufgefunden. Versuche, den Neugeborenen durch Adoption in einer Familie unterzubringen, schlagen fehl. Bivar Onrain wächst als Mündel des Staates auf. Entwickelt erstaunliche geistige Fähigkeiten. Beendet Schulausbildung einschließlich zweier Vorkolleg-Jahre im Alter von achtzehn. Mars-Universität von 3434 bis 3437, danach Übersiedlung zur Erde, Universität Lahore und Technische Hochschule Mittelost 3437 bis zum Einbruch des Schwarms. An dieser Stelle setzen die Unterlagen aus. Nach Beseitigung der Schwarmgefahr, Übernahme eines Lehrstuhls für Informatik und Statistik am Nui-Oa-Kolleg in Papeete. Muß Lehrstuhl nach drei Wochen wieder aufgeben, weil der ursprüngliche Lehrstuhlinhaber schließlich von den Folgen der Verdummung rehabilitiert wird. Erhält einen Dozentenposten angeboten, lehnt jedoch ab. Am 3. Januar 3444 Bewerbung beim Zentralamt für Statistik in Sayn Shanda, für den Posten des Ersten Assistenten des Amtsleiters, Dr. Eldor Savrin. Nach mehrmonatiger Siebung aller Bewerbungen und Bewerber wird Bivar Onrain der Posten zugesprochen. Gehalt: 45.800,- Solar pro Jahr, gemäß Regierungstarif GS-16/BA.
    Auf Savrins Befehl schaltete der Interkom sich aus. Der schmächtige Mann mit dem schütteren Haar, dem niemand angesehen hätte, daß er der Gebieter über eines der wichtigsten, umfangreichsten und mächtigsten Regierungsämter war, lehnte sich tief in seinen Sessel zurück und dachte nach. Unwillkürlich sah er dabei auf die Uhr. Es war drei Minuten vor zehn. Aus einem Grund, über den er sich niemals würde Rechenschaft ablegen

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