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0581 - Die Geistermutanten

Titel: 0581 - Die Geistermutanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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können, rief er seine Sekretärin an und erklärte, er wünsche nicht gestört zu werden.
    Eine ungewöhnliche, aber keine ausgefallene Geschichte, überlegte er, indem seine Gedanken zu dem Gelesenen zurückkehrten. Das zurückhaltende, fast asoziale Benehmen des jungen Mannes ließ sich daher erklären, daß er elternlos aufgewachsen war. Eine unglaubliche Begabung! Kumulativer Intelligenzquotient von knapp dreihundert! Merkwürdig, wie oft sich Genialität unter solchen Kindern fand, die von ihren Eltern verstoßen wurden. Als wollte die Natur den Mangel an Liebe durch etwas anderes ausgleichen. Ob sie dadurch glücklich wurden, die Findelkinder? Wenn sie am Ende ihres Lebens auf ihre Laufbahn zurückblickten, würden sie dann, wenn sie alles noch einmal tun müßten, die elterliche Liebe oder die Genialität vorziehen? Was für nutzlose Gedanken. Der Leiter des Zentralamtes für Statistik muß besseres zu tun haben, als sich über das Geschick von Findelkindern den Kopf zu zerbrechen, nicht wahr? Also los - an die Arbeit!
    Er richtete sich auf. Wieder fiel sein Blick auf die Uhr. Er erstarrte mitten in der Bewegung.
    Es war zehn nach achtzehn.
    „Mach auf!" bellte er den Interkom an.
    Der Bildschirm zeigte das leere Vorzimmer. Die Sekretärin war nach Hause gegangen, ohne ihn zu stören. Er sah die Uhr auf ihrem Schreibtisch. Sie stimmte mit der seinen überein.
    Wo war die Zeit hingegangen? Er hatte nicht mehr als eine Viertelstunde, höchstens zwanzig Minuten lang über den eigenartigen Fall seines neuen Assistenten nachgedacht. Was war aus dem Rest der mehr als acht Stunden geworden? Der Magen knurrte ihm. Er hatte Hunger. Der Körper hatte die Zeitspanne also voll durchlebt, nur der Geist war nicht mit dabei gewesen.
    Eldor Savrin war nicht der Mann, der sich nutzlos den Kopf über Dinge zerbrach, über die andere besser Bescheid wußten als er.
    Eine seiner Stärken war, stets zu wissen, wo er sich Rat holen konnte. Er war achtundneunzig Jahre alt - ein Mann im besten Alter, aber eben ein Mann, an den tagtäglich hohe Anforderungen gestellt wurden und der in seinem Beruf aufging.
    Es war durchaus möglich, daß er sich zuviel zugemutet hatte und sein mentales Gleichgewicht dadurch aus dem Gleichgewicht gebracht worden war. Auf diese Art ließ sich vielleicht der Umstand erklären, daß ihm das Verfließen von acht Stunden völlig entgangen war - ein kleiner, psychochemischer Defekt, der sich gewiß leicht wieder einrenken ließ. Nur mußte er Klarheit haben.
    Er schickte sich an, seinen Arzt anzurufen, da fiel ihm etwas ein. Es war ein alogischer, spontaner Einfall, der ihm keine Ruhe ließ und mit schmerzender Beharrlichkeit an seinem Bewußtsein nagte. So merkwürdige Dinge waren heute geschehen, sagte er sich, daß er unbedingt nach dem Rechnerraum sehen mußte.
    Wenn er sich nicht überzeugte, daß dort alles in Ordnung war, würde er heute nacht kein Auge zutun.
    Er verließ sein Büro durch eine Seitentür, die bislang unsichtbar gewesen war. Sie glitt zur Seite und öffnete den Zutritt zu einem weiten Raum, dessen verhältnismäßig niedere Decke aus einer einzigen Lumineszenzplatte bestand. Hier waren die Ein- und Ausgabegeräte installiert, mit denen Dr. Savrin und seine Assistenten sich direkten Zutritt zum großen Zentralrechner verschafften. Hier wurde experimentiert und geforscht. Hier wurden die Prinzipien der Informatik von morgen entwickelt.
    Jetzt lag der große Raum leer, und nur das leise Summen der nimmermüden positronischen und elektronischen Geräte erfüllte die auf genau 19,3 Grad bei achtunddreißig Prozent relativer Luftfeuchtigkeit gekühlte Luft. Eldor Savrin schritt weiter. Am anderen Ende des Labors öffnete sich vor ihm eine schwere Tür aus Terkonit-Stahl. Sie hätte sich nicht vor ihm geöffnet, wenn der in das Schloß eingebaute Spezialrechner nicht seine persönlichen Charakteristiken wie optische Erscheinung, Schrittrhythmus-Muster, gedankliche Ausstrahlung und Bewegungsmuster aufgenommen, analysiert und identifiziert hätte. Hinter dem Terkonit-Schott lag ein Aufzugschacht. In der pneumatisch betriebenen Kabine fiel Dr. Savrin in die Tiefe.
    Dreißig Sekunden später und achthundert Meter tiefer kam der Aufzug zum Stehen. Die Kabine öffnete sich, und Dr. Savrin trat auf eine Art Laufgang hinaus, der hoch unter der kuppelförmigen Decke eines gewaltigen Felsendomes an der glatten Felswand entlanglief. Der riesige Kessel war taghell erleuchtet, und tausendfältiges

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