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0586 - In den Fängen des Wolfes

0586 - In den Fängen des Wolfes

Titel: 0586 - In den Fängen des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gelang.
    So überraschend, wie ihr Angriff erfolgte, hatte der andere überhaupt keine Zeit mehr, zu reagieren…
    ***
    Der alte Mann mit der Sturmlaterne hatte sich Michelle Garon lautlos genähert. Er war ganz dicht hinter ihr. Sie hörte und sah ihn nicht, denn er verstand es, die Umgebung so zu manipulieren, daß seine Schritte im nebelfeuchten Gras keine Geräusche verursachten. Es war, als gleite er einfach widerstandslos hindurch.
    Die Instinkte der blonden Frau versagten in seinem Fall. Sie spürte die Aura seiner Nähe nicht, denn er schirmte sich ab. Jene typische Ausstrahlung, die jedem lebenden Wesen eigen ist, ging nun über die Grenzen seines Körper nicht hinaus.
    Möglicherweise würde die Frau ihn nicht mal wahrnehmen, wenn er jetzt direkt in ihr Sichtfeld trat, sie war ja nicht auf seine Anwesenheit gefaßt.
    Er überlegte, ob er sich ihr nicht doch im letzten Moment zu erkennen geben sollte, ehe er sie tötete und sich an ihr labte, wie es die Art der Werwölfe war. Es würde ihm gefallen, das Grauen in ihrem Blick zu sehen, ihr Erschrecken und ihre Todesangst, wenn sie die Ausweglosigkeit ihrer Lage begriff.
    Er brauchte nur noch die Hand auszustrecken und sie herumzureißen.
    Er berührte ihre Schulter und…
    Da durchraste ihn ein stechender Schmerz.
    Er schrie auf, brach in die Knie.
    »Was…?« röchelte er erstickt. »Was -geschieht - mit - mir?«
    Etwas in ihm starb!
    Er konnte die blonde Frau nicht mehr töten. Er war es selbst, der gegen den Tod ankämpfte.
    Sterben - das hatte er sich immer ganz anders vorgestellt.
    Daß er nicht starb, merkte er erst viel später.
    Und trotzdem lebte er nicht mehr, war nur noch eine leere Hülle.
    Stumpf gewordene Augen starrten blicklos in endlose Weiten.
    Er atmete noch. Sein Körper lebte noch, aber sein Geist war tot.
    Er konnte nicht einmal mehr bedauern, daß er das Ende seiner Rache und seiner Strafaktion nicht mehr bewußt erlebte.
    ***
    Plötzlich wich die tobende, knurrende und schnappende Last von Zamorra. Von einem Augenblick zum anderen war er frei.
    Blitzschnell rollte er sich zur Seite weg, doch er schrie auf.
    Eine tiefe Wunde klaffte an seinem Bein, und damit war er gegen einen Stein geschlagen, der Schmerz raubte ihm fast das Bewußtsein.
    Doch er biß die Zähne zusammen, richtete die Waffe jetzt beidhändig auf den Wolf, den er sekundenlang nur als wirbelnden Schatten sah.
    Er glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
    Da war eine Frau! Eine Frau in ei nem wirbelnden, dunklen Urnhang.
    Sie hatte Fenrir, oder besser: seinen Doppelgänger, von Zamorra weggerissen, und jetzt kämpfte sie gegen den grauen Wolf.
    Zamorra sah ihre großen Augen, deren Farbe zwischen grün und blau wechselte, er sah die vorspringenden Fangzähne, die sich in den aufjaulenden Wolf bohrten…
    Für einen Moment waren die beiden Gestalten ein ineinander verschlungenes Knäuel aus Armen, Beinen, Fell, bleicher Haut und wehendem Umhang. Der Wolf jaulte schrill auf…
    Und dann ließ seine Angriffswut jäh nach, sein Körper erschlaffte.
    Die Frau ließ ihn fallen.
    Blut sickerte aus ihrem Mund, und auch ihre Fangzähne waren blutverschmiert.
    Der Umhang fiel wieder um ihren Körper und verhüllte ihre Nacktheit.
    Der Wolf lag im Gras. Seine Läufe scharrten, sein Körper zuckte, aber seine Bewegungen wurden immer schwächer, dann war es vorbei.
    Die dunkelhaarige Frau sank neben ihm auf die Knie. Sie schlug die Hände vors Gesicht und senkte den Kopf.
    Das Blut verschwand, ihre Zähne bildeten sich zurück.
    Aber auch Fenrirs toter Doppelgänger löste sich auf.
    Er verschwand wie ein Schatten, der vom Licht getroffen wurde…
    Langsam erhob sich Zamorra, die Waffe hielt er aber immer noch schußbereit. Er traute dem Frieden nicht.
    »Danke«, sagte er leise. »Scheint so, als hätten Sie mir das Leben gerettet. Mein Name ist Zamorra. Und wer sind Sie?«
    Er glaubte nicht daran, es mit Michelle Garon oder Clio Bregelles zu tun zu haben, denn als er kurz versuchte, telepathischen Kontakt mit der Blaßhäutigen aufzunehmen, glitt er regelrecht ab.
    Die Frau hob den Kopf und sah Zamorra aus tränenverschleierten Augen an. Ihr Gesicht wirkte wieder völlig menschlich. Nichts mehr deutete darauf hin, daß sie eben noch einen Wolf regelrecht zu Tode gebissen hatte.
    Überhaupt - es deutete nichts mehr auf den Kampf hin! Da war nur noch Zamorras Kleidung, an vielen Stellen zerrissen und zerfetzt, und auch die Kratzwunden, von denen einige schwach bluteten, aber alle heftig

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