0590 - Ritter Tod
große, kalte, allerdings auch dunkle Monde wirkten, in denen sich eine geheimnisvolle Welt jenseits der Sterne widerspiegelte.
»Die Sonne verschwand.«
»Ach – tatsächlich?«
»Ja, auf einmal war sie weg.« Lambert zwinkerte mit den Augen.
Es war nicht zu erkennen, weshalb er es tat. Vielleicht war ihm Schweiß hineingelaufen, möglicherweise lag es auch an seiner Nervosität. Er fuhr mit leiser, brüchig klingender Stimme fort: »Die Sonne verschwand, die Schatten kamen. Sie überdeckten alles. Sie waren wie Tücher, sie wehten auf mich zu, und sie brachten das Fremde mit. Es war eine andere Welt. Ich kannte sie nicht…«
»Haben Sie sich unwohl gefühlt?«
»Nein, ich wurde nur gelenkt. Ich wusste, dass ich etwas tun würde, was ich nie zuvor getan habe oder je getan hätte.«
»Mord?« hauchte Franklin.
Lambert nickte. Gleichzeitig wischte er die hellen Tropfen von seiner Stirn. »Ja, ich dachte an Mord. Ich dachte nicht nur daran, ich tat es auch.«
»Weil sie den Revolver von mir erhielten.«
»So ist es.«
»Weiter, weiter!« flüsterte der Arzt, als er merkte, dass Lambert stockte. »Sie schossen. Haben Sie danach etwas gefühlt? Ein Gewissen oder etwas Ähnliches?«
Lamberts Augen nahmen einen erstaunten Ausdruck an. »Nein, wie sollte ich es gespürt haben? Was ist das, ein Gewissen?«
Dr. Franklin lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Ja, das ist schon gut, wie Sie das gesagt haben. Es sollte kein Gewissen geben, es wird auch für Sie kein Gewissen mehr geben, denn das Böse ist allmächtig.«
»Das Böse?« Lambert schüttelte den Kopf. Er wollte aufstehen, doch die Hand des Arztes drückte ihn wieder zurück. »Was ist das Böse denn? Können Sie mir das sagen?«
»Nein, bestimmt nicht. Das Böse ist allumfassend. Es ist da, man kann es mit einem Kreis oder einem rotierenden Gebilde vergleichen, das ständig variiert. Es ist ein Krake, der ständig neue Tentakel bildet, und einer dieser Tentakel hat Sie berührt, Mr. Lambert. Sie waren einen Versuch wert. Ich habe es geschafft, stellen Sie sich das vor. Sie sind der Beginn.«
»Wobei?«
Dr. Franklin trat einen Schritt zurück, denn er wollte seine Worte sehr genau wählen. »Es ist der Einstieg in das Unfassbare. Wir werden, nein, ich werde, wenn alles ausgereift ist, die Welt verändern können. Die Mind-Maschine macht vieles möglich. Im Augenblick sind ihre Kräfte noch beschränkt, doch ich werde daran basteln, dass sie sich ausweiten können.«
»Wie denn?«
Der Arzt hob die Schultern. »Es tut mir leid, dass ich über die zahlreichen Möglichkeiten nicht sprechen kann und auch nicht will. Aber seien Sie versichert, es gibt Situationen, wo man so denken muss. Man muss seine Gedanken und Ideen nach vorn entwickeln, man kann nicht stehen bleiben…«
»Soll ich Ihnen dabei helfen, Dr. Franklin?«
Der Arzt ging noch weiter zurück. Fast hätte er die tote Kitty berührt. »Mir helfen? Sie haben mir bereits geholfen. Sie haben mir sogar sehr viel geholfen. Ich habe die Mind-Maschine an Ihnen getestet. Sie wird weiterentwickelt werden, ich bin begeistert.«
»Mit oder ohne mich?«
»Sie haben Ihre Pflicht getan, Lambert. Als Lebender werden Sie die Fortsetzung nicht mehr erleben…«
Lambert verstand nicht sofort. Erst als er in die Mündung sah, wusste er Bescheid. »Soll es heißen, dass ich als…«
»Genau das!« erklärte der Arzt mit kalter Stimme und schoss…
***
Die beiden Morde geschahen vor gut zwanzig Jahren, und der Täter, Dr. Franklin, wurde nie gefasst. Nicht einmal verdächtigt war er worden. Später fand man die verwesten Toten in einer Mulde an der Grenze zu Mexiko.
Irgendwann wurden sie identifiziert. Zwei G-Men besuchten auch die Klinik von Dr. Franklin, der ihnen nichts sagen konnte, so sehr es ihm auch leid tat, wie er hoch und heilig versicherte. Er konnte ihnen nur die Papiere zeigen, die auf Burt Lamberts Namen ausgestellt worden waren. Er war offiziell als geheilt entlassen worden.
Und Kitty Benson, die Krankenschwester, hatte gekündigt.
Für die G-Men war der Fall damit erledigt. Sie gingen davon aus, dass sich ein Patient in eine Krankenschwester verliebt hatte und mit ihr losgezogen war.
Dr. Franklin wurde nicht mehr belästigt. Er, der damals erst zweiunddreißig Jahre alt war, hatte noch genügend Zeit, um seine Forschungen an der Mind-Maschine zu intensivieren.
Und wie er das tat. Die Welt sollte von ihm und der Maschine noch hören. Auch wenn dies erst in zwanzig Jahren
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