0591 - Die Paradox-Intelligenz
Verlockungen zu widerstehen."
„Meine Sinne sind klarer als je zuvor", behauptete Wuriu Sengus Asporco. „Ich fühle ein Kribbeln zwischen meinen Kämmen, das von meiner Spange ausgeht. Ich fühle mich eins mit meiner Spange, und ich fühle mich dem mich umgebenden Massiv zugehörig, das aus dem Metall besteht, aus dem auch meine Spange geformt wurde. Vernimmst du die Rufe nicht, Freund?"
„Doch, ich höre sie", gab Ralf Martens Asporco zu. „Aber wir dürfen nicht schwach werden, wir müssen ihnen widerstehen."
„Und wozu das?" wollte Son Okuras Asporco wissen, der sich zu den beiden anderen gesellt hatte.
„Wenn wir uns in Geduld üben, dann werden sich die Tore der Ewigkeit von selbst für uns öffnen", rezitierte Ralf Martens Asporco.
„Von wo hast du diese Weisheit, Freund?" erkundigte sich Andre Noirs Asporco.
„Du selbst hast es gesagt!"
„Ich? Nie und nimmer! Mich hielt eine Ewigkeit lang die Finsternis umschlungen, und erst vor wenigen Augenblicken fand ich wieder zu mir zurück."
Kitai Ishibashis Asporco kam herangelaufen und drängte sich zwischen die anderen. Dabei rief er mit schriller Stimme: „Habt ihr es auch bemerkt? Die Welt ist für kurze Zeit im Dunkeln versunken. Es muß das absolute Nichts gewesen sein, denn alles in mir erstarb. Ich konnte nicht mehr denken und nicht fühlen..."
„So hast du nicht gehört, was wir eben besprachen?" fragte Ralf Martens Asporco.
„Bei meiner Kammspange - nein!"
„Und du warst es nicht, der mir riet, ich solle mich in Geduld üben, auf daß sich die Tore zur Ewigkeit öffnen?"
„Ich habe in meinem Leben noch nichts Ähnliches gesagt", versicherte Andre Noirs Asporco.
„Dann", sagte Ralf Martens Asporco, „haben uns unbekannte Mächte übel mitgespielt. Es wird Zeit, daß wir diesen verhängnisvollen Ort verlassen, ehe sie wiederkommen und uns aufs neue narren. Wir sind auserwählt, ja, aber wir werden uns nicht länger gedulden, sondern den verheißungsvollen Rufen folgen. Wir werden das Massiv erstürmen und erobern, dem unsere Väter das Material für unsere Kammspangen entnahmen!"
Die acht Asporcos begannen mit dem Abstieg.
8.
Der Aufenthalt in der PEW-Dimension verlor für Betty schnell ihre Schrecken, aber auch ihre Reize. Es war alles eine Sache der Gewöhnung.
Sie betrachtete sich nicht mehr als Kollektiv, das aus unzähligen Partikeln, bestand, sondern als eine Einheit. Toufry-Paramag war ein Metabolismus, ein Körper wie jeder andere auch, nur eben den Gesetzen dieser fünfdimensionalen Existenzebene unterworfen.
Sie erschauerte nicht mehr, wenn sie die seltsamen geometrischen Figuren durchfuhr, oder die Strahlungsquellen der verschiedensten Frequenzen anpeilte. Es war, als ob sie in ihrer Dimension Korridore und Räume durchschritt, als ob sie durch Türen oder Schotte ging.
In dieser Phase ihres Aufenthalts meinte sie, daß jeder Vorgang in der PEW-Dimension eine Parallele zu Vorgängen im vierdimensionalen Kontinuum darstellte.
Die Verständigung durch Symbolgruppen war im ersten Augenblick faszinierend, stellte sich aber bei eingehender Überprüfung als ebenso unzulänglich wie die Verständigung mittels Schall heraus. Ganz sicher aber bot das Symbolisieren nicht so viele Möglichkeiten wie die Telepathie.
Betty beherrschte das Symbolisieren bald so perfekt, daß sie Symbolgruppen nicht mehr analysierte, sondern nur noch in ihrer Gesamtheit betrachtete. Das ersparte Zeit und ließ eine schnellere und flüssigere Unterhaltung zu.
Ishibashi-Paramag, der immer noch an ihrer Seite dahinglitt, schickte ihr das Symbol für: „Beim nächsten Strahlungsauge werden wir uns trennen müssen, Betty. Mein Paramag gehört einer anderen Einsatzgruppe an als deiner."
„Einer anderen Einsatzgruppe?" symbolisierte Betty erstaunt.
„Hast du denn noch nicht gemerkt, daß hier jeder Paramag eine bestimmte Aufgabe hat?" kam Ishibashis Gegenfrage. „Es herrscht eine strenge Ordnung. Kein Paramag darf seine Befugnisse überschreiten und seine Pflichten vernachlässigen."
„Das ist mir wohl klar, aber... welche Pflichten und Aufgaben haben die Paramags auf dieser Existenzebene?"
Der Suggestor im biomateriellen Körper des Paramags blieb ihr die Antwort schuldig. Sie erreichten eine grünpulsierende Strahlungsquelle, und Ishibashi-Paramag wich ihr in einer weiten, spiralförmigen Bahn aus.
„Diese Mentalweiche ist für mich tabu", rief er zum Abschied, dann war er in einer aufsteigenden Purpur-Wolke des PEW-Schlundes
Weitere Kostenlose Bücher