0598 - Der Weg in den Schrecken
Commander wußte genau, was gemeint war. Wir schoben die Kinder durch die Lücke, die ich mit weiteren Schlägen erweitert hatte. Noch einmal drehte ich mich um.
Der Reverend bestand fast nur noch aus einer kristallinen Lache.
Sein Kopf allerdings schwamm noch obenauf, und der Mund stand offen wie zum Schrei.
Mir rann es kalt über den Rücken, als ich das sah. Dann rannte ich weg und hörte das knirschende Knacken, als hinter mir das Gesicht zusammenbrach.
Ich drehte mich noch einmal um!
Staub wallte hoch. Tausend kleine Nadeln und Krümel. Vielleicht der Sternenstaub, von dem Guthry gesprochen hatte?
Es war möglich. Nur hatte er mich nicht erwischt, sondern war wie ein Bumerang auf den Reverend zurückgewirbelt. Er hatte den Wind gesät und den Sturm geerntet.
Ich hob die Schultern und ging zu den anderen, die mich bereits erwarteten.
In der Felswand aber blieb ein großes Loch zurück…
***
Vier Polizisten trugen den toten Kruger ins Camp. Der Commander und ich hielten uns bei den Kindern auf, die allmählich aus ihrer innerlichen Starre erwachten, Fragen stellten, auch gewisse Antworten bekamen, aber nie die ganze Wahrheit erfuhren.
Die war einfach zu schlimm und hätte von ihnen auch nicht begriffen werden können.
»Weißt du, John, bisher habe ich nicht so recht daran glauben wollen, doch nun bin ich überzeugt.«
»Wovon?«
Morg grinste. »Von deinem Job. Daß du dich tatsächlich mit Monstren, Dämonen oder was weiß ich nicht alles herumschlagen mußt. Wenn du mich fragst, mir hat dieser eine Fall gereicht. Für mich wäre so ein Job nichts.«
»Das kann ich mir denken.«
»Mal ehrlich, fühlst du dich wohl?«
Ich blieb stehen. »Weißt du, Morg, man kann sich auch daran gewöhnen. Und das ist bei mir wohl der Fall. Zudem stehe ich nicht allein. Ich habe Freunde, auf die ich mich verlassen kann. Sie helfen mir bei dieser nicht leichten Arbeit.«
»Das ist auch gut.«
Im Camp fanden wir etwas zu trinken. Dabei durchsuchten wir das Büro des Reverends. Die anderen Polizisten kümmerten sich um die Kinder. Auch der von Taylor alarmierte Arzt war längst eingetroffen und stellte seine ersten Untersuchungen an.
»Ein Problem bleibt mir ja, John«, sagte der Kämpe aus alten Zeiten zu mir.
»Ach ja? Welches?«
»Die Kinder. Kannst du mir erklären, wohin ich sie geben soll?«
Eine gute Frage war das, auf die ich leider keine Antwort wußte.
In diesem Fall war es wie so oft bei einer Scheidung zwischen zwei Paaren. Die Kinder waren die Dummen, auf sie nahm keiner Rücksicht.
Der Commander lächelte bissig. »Du weißt auch keine Antwort, John, ich ebenfalls nicht.« Voller Zorn trat er gegen eine alte Blumenvase aus Blech. »Manchmal, alter Junge, ist das Dasein ganz schön beschissen.«
Ich widersprach ihm nicht.
Irgendwann in den nächsten Wochen rief mich Morg Taylor einmal an und berichtete mir, daß er die Kinder in anderen Familien oder Heimen untergebracht hatte.
Also fast ein Happy-End. Denn eins ist sicher: Ein Heim kann ein intaktes Elternhaus nicht ersetzen…
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Nr. 597 »Leichen-Ladies«
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