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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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sagte Fergus.
    »Ja.«
    »Ich weiß nicht, warum Euer Gnaden
den Wunsch hat, die Saison in der Clarges Street siebenundsechzig zu
verbringen.«
    »Weil mein Stadthaus am Grosvenor
Square umgebaut und neu möbliert wird, deshalb muss ich in dem kleineren meiner
Stadthäuser wohnen, hast du das vergessen?«
    »Aber Ihr Vater hat sich darin
umgebracht, Euer Gnaden!«
    »Wir sind gerade erst aus dem Krieg
auf der Pyrenäenhalbinsel heimgekehrt, und doch hast du es bereits geschafft,
dir anzuhören, was die Leute über mich reden, Fergus.«
    »Ist es etwa nicht wahr?«
    »Doch. Aber ich bin nicht
sentimental. Und ich glaube nicht an Gespenster. Ich habe meinen Vater kaum
gekannt, und das wenige, was ich von ihm kennenlernte, hat mir nicht gefallen.
Die Clarges Street wird für unsere Bedürfnisse ausreichen. Vielleicht erlösen
mich die Freuden der Saison ein bisschen von der Langeweile, die mich im Moment
plagt.«
    Sein Diener schaute ihn verstohlen
an. »Oder aber irgendeine Schönheit erregt Ihr Interesse.«
    Der Herzog seufzte. »Die Frauen sind
nur hinter meinem Geld her«, sagte er. »Sie denken überaus kommerziell.«
    »Vielleicht ist auf dem Ball eine
unverdorbene, frische ländliche Schönheit«, meinte Fergus, der mit jener
Leichtigkeit und unverbindlichen Freundlichkeit plauderte, wie sie sich
zwischen Herren und Dienern während der blutigen Feldzüge gegen Napoleons
Soldaten entwickeln konnte.
    »Frauen sind von Geburt an
verdorben«, sagte der Herzog. »Das Thema langweilt mich. Wir wollen über etwas
anderes sprechen.«
    Miss Jenny Sutherland betrachtete ihr
Spiegelbild mit uneingeschränkter Bewunderung. Es ist schade, dachte sie nicht
zum ersten Mal, dass eine solche Schönheit an die Landluft verschwendet wird.
Aber ihre Tante, Lady Letitia Colville, die es sich ohne weiteres leisten
konnte, sie für eine Saison nach London zu bringen, machte keinerlei Anstalten
in dieser Richtung.
    Jenny war wirklich sehr hübsch. Ihr
weiches dunkles Haar bildete einen üppigen Rahmen um ihr zartes Gesicht. Sie
hatte große braune Augen mit langen schwarzen Wimpern, eine kurze gerade Nase
und einen schönen Mund. Ihre Figur war zierlich und doch weiblich, ihre Taille
ungewöhnlich schlank — ein Vorzug, den die neue Mode jedoch nicht recht zur
Geltung brachte, denn die Taillenlinie war ja bis unter den Busen hinaufgeschoben.
    Als sie erst sechs Jahre alt war,
waren ihre Eltern an der »Französischen Grippe« gestorben. So wurde jeder
grippale Infekt bezeichnet, da man den Franzosen die Schuld an allen
Krankheiten, angefangen von der Kopfgrippe bis zu den Pocken, in die Schuhe
schob. Damals hatte sich ihre unverheiratete Tante, Lady Letitia, entschlossen,
sie aufzuziehen. Es war ihre Schönheit, die Jenny verdorben hatte, nicht die
Erziehung durch ihre Tante. Von frühester Kindheit an war sie daran gewöhnt,
von ihrer Gouvernante, die sie abgöttisch liebte, zu hören, wie
außerordentlich schön sie sei, so dass die Bemühungen ihrer Tante, ihr etwas Bescheidenheit
beizubringen, vergeblich gewesen waren.
    Jenny trug ein Kleid aus silberner,
spinnwebfeiner Gaze über einem weißen Unterkleid. Zwischen ihren Locken saß ein
Krönchen aus weißen Seidenblumen und Silberschleifen. Jenny wußte, dass sie
auf dem bevorstehenden Ball auf keinen Fall unter den Mauerblümchen sein würde.
Auf allen Bällen war sie die unbestrittene Schönheit des Abends gewesen.
    Ihre Zofe kam mit einem warmen
Schultertuch, einem Fächer und einem Handtäschchen herein. Jenny gefiel der
Fächer nicht für den Anlass, und sie hätte das Mädchen, Cooper, gerne wieder
weggeschickt, um einen anderen zu holen, tat es dann aber nicht, weil Cooper
selbst über einen solch kleinen Auftrag Bericht an Lady Letitia erstatten
würde, und Lady Letitia würde Jenny daraufhin vorwerfen, dass sie den Dienern
unnötig viel Arbeit mache.
    Mit einer Öllampe in der Hand ging
Cooper vor Jenny die Treppe hinunter, sie führte Jenny in den Salon, wo Lady
Letitia am Kamin saß.
    Lady Letitia war eine schlanke Frau
Anfang Vierzig. Ihre Haare waren dick und braun, ohne eine einzige graue
Strähne, und ihre kleinen schwarzen Augen scharf und blitzend. Sie hatte eine
hübsche, ziemlich flachbrüstige Figur, feine weiße Hände und lange, schmale
Füße, die in leichten Tanzschuhen steckten. Sie trug einen Samtturban und ein
Gewand aus karmesinrotem Samt, das über einem Unterkleid aus mattgrüner Seide
mit goldenen Bändern über der Brust geschnürt war.
    Sie

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