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061 - Der Zinker

061 - Der Zinker

Titel: 061 - Der Zinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sich eine Zigarette an.
    »Shylock dreht sich heute nacht im Grabe um!« murmelte er vor sich hin.

2
    Kaum eine Woche später trat Larry Graeme aus dem Fiesole-Restaurant in der Oxford Street. Niemand hätte ihn für etwas anderes als einen smarten Geschäftsmann in mittleren Jahren gehalten, der gern gut aß und die Annehmlichkeiten des Lebens liebte. Die Nelke im Knopfloch wippte, und er war in bester Stimmung. Er hatte auch allen Grund, zufrieden zu sein - die Juwelen der Mrs. van Rissik waren gut verkauft, und niemand im weiten Umkreis Londons wußte etwas von seiner Tat, denn er arbeitete allein.
    Als er auf dem Trottoir stand und auf ein Auto wartete, trat ein großer, stämmiger Mann hinter ihn und nahm ihn liebenswürdig am Arm.
    »Hallo, Larry!«
    Die lange, graue Asche an Larrys Zigarre fiel zu Boden - dies war aber auch das einzige Zeichen seiner plötzlichen Verwirrung.
    »Hallo, Inspektor! «rief er mit dem gewinnendsten Lächeln. »Freue mich, daß ich Sie wieder mal treffe!«
    Es klang ganz natürlich und überzeugend. Larry hatte, kaum den Kopf bewegend, blitzschnell nach beiden Seiten geblickt und in nächster Nähe drei andere Herren erkannt, die den gleichen Beruf wie Polizeiinspektor Elford ausübten. Er nahm deshalb sein Schicksal mit stoischer Ruhe hin und stieg mit den Detektiven ins Auto. Unterwegs rauchte und plauderte er gelassen, bis der Wagen die enge Einfahrt von Scotland Yard passierte und vor der Cannon Row Polizeistation hielt.
    Die Verhandlungen und Feststellungen dauerten nicht lange. Auf Larry Graemes Gesicht lag ein melancholisches Lächeln. Schweigend hörte er zu, als ihm die Anklage vorgelesen wurde.
    »Ich wohne in Claybury Mansions Nummer 98«, sagte er dann. »Es wäre sehr liebenswürdig, wenn Sie mir von dort einen andern Anzug besorgen könnten - ich möchte nicht gern wie ein Oberkellner vor dem Untersuchungsrichter erscheinen. Und, Inspektor Elford, wäre es möglich, daß ich mal Barrabal sprechen kann? Habe viel von ihm gehört, er soll sehr scharf sein, und da ist jemand, dem ich es besorgen möchte!«
    Elford bezweifelte, ob Barrabal sich dazu bereit finden würde, versprach jedoch, den Wunsch weiterzuleiten. Als ich die Zellentür hinter Larry geschlossen hatte, ging er hinüber ins Zentralgebäude und suchte Chefinspektor Barrabal auf, der, eine Pfeife im Mund, vor seinem Schreibtisch saß. Er beschäftigte sich gerade mit einigen Schriftstücken, die er von der Geheimregistratur angefordert hatte.
    »Wir haben Graeme festgenommen, Mr. Barrabal«, sagte Elford. »Er möchte Sie gern sprechen - ich sagte ihm schon, daß wenig Aussicht bestehe. Aber Sie wissen ja, wie diese Leute sind!«
    Der Chefinspektor lehnte sich auf dem Stuhl zurück und runzelte die Stirn.
    »Wie, er hat nach mir gefragt? Schade«, meinte er halb vorwurfsvoll, »wie kommt er darauf?«
    Barrabal, durch den schon mancher Missetäter unerwartet vor Gericht gestellt worden war, erschien selbst nie auf der Zeugenbank und blieb deshalb ziemlich unbekannt.
    Selbst Zeitungsreportern bedeutete er nicht mehr als ein Name. Seit acht Jahren saß er in seinem Büro im dritten Stock zwischen Stößen von Akten. Er prüfte und verglich die verschiedenartigsten Beweisstücke, beschäftigte sich mit kleinsten Details und entlegensten Hinweisen. Auf diese Weise hatte er schon viele gerissene Täter überführt.
    »Was soll ich ihm sagen?« erkundigte sich Elford.
    »Ich komme gleich mit.«
    Barrabal folgte dem Inspektor, um den mißmutigen Larry Graeme zu besuchen, der in seinem eleganten Gesellschaftsanzug mit der welken Nelke im Knopfloch eine etwas sonderbare Figur machte.
    Larry, der schon viele Polizeibeamte in England und in Amerika kennengelernt hatte, begrüßte ihn mit gezwungenem Lächeln.
    »Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Chefinspektor. Sie haben mich geschnappt. Mein Fall wird Ihnen keine große Mühe bereiten. In meinem Koffer im Shelton-Hotel finden Sie genug, um mich ein paarmal zu überführen. Zu große Vertrauensseligkeit ist immer meine Schwäche gewesen.«
    Barrabal erwiderte nichts, sondern wartete auf die Frage, die unweigerlich kommen mußte.
    »Wer hat mich angezeigt, Chefinspektor? Ich möchte nur dies eine erfahren, bevor ich im Gefängnis verschwinde. Ich muß wissen, wer der ›Zinker‹ ist, der mich verpfiffen hat!«
    Barrabal sagte noch immer nichts.
    »Es gibt nur drei Leute, die es gewesen sein könnten.« Larry zählte sie an den Fingern auf. »Ich möchte

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