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061 - Der Zinker

061 - Der Zinker

Titel: 061 - Der Zinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Morden zu Tisch geladen, Beryl?« erkundigte er sich schroff.
    »Ich traf Captain Leslie in der Oxford Street.«
    »Natürlich zufällig? Na gut.« Er wandte sich John Leslie zu. »Sie haben anscheinend nicht übermäßig viel zu tun, Leslie?«
    »Nicht besonders viel«, antwortete John kühl.
    Frank Sutton hatte die Szene amüsiert verfolgt.
    »In meinem Geschäft braucht sich auch niemand totzuarbeiten. Jeder, der einen kleinen Spaziergang machen will, hat Zeit dazu - nicht wahr, Leslie?« Er zwinkerte seiner Braut zu. »Laß dich vom alten Lew bloß nicht einschüchtern, Beryl! Er bildet sich ständig ein, daß jedermann mit dir durchbrennen will!«
    Er stieß Lew mit dem Ellbogen an und lachte. Doch Mr. Friedman war durchaus nicht belustigt. Es entstand eine peinliche Pause, bis Sutton Leslie am Arm nahm.
    »Sie brauchen mich nicht mehr, Lew, und ich bin sicher, daß auch Leslie hier nicht mehr benötigt wird!«
    John versuchte noch einen Blick Beryls zu erhaschen, aber aus irgendeinem Grund hatte sie sich verwirren lassen, und so ging er neben seinem Chef den Weg zurück, den er gekommen war. Sutton zeigte sich gesprächig und äußerst liebenswürdig. Er ließ sich weitschweifig darüber aus, welch engherzige Vorurteile alte Leute im allgemeinen doch hätten.
    »Das Merkwürdige dabei ist, daß Lew Friedman Sie ganz gern hat - das heißt, wenn er Sie allein trifft, denn er nimmt an, daß Sie eine Art Don Juan sind. Friedman ist nun mal argwöhnisch, und es ist ganz sinnlos, dagegen anzukämpfen.«
    Leslie nahm eine Zigarette aus seinem Etui und drückte sie zurecht. Ein schwaches Lächeln spielte um seinen Mund.
    »Und Sie selbst - haben Sie denn nichts dagegen, wenn ich Miss Stedman gelegentlich treffe?«
    Seltsamerweise machte er keinerlei Versuch, sich zu entschuldigen oder wenigstens die Harmlosigkeit seiner Zusammenkünfte mit Beryl zu beteuern.
    Frank Sutton zuckte die Achseln.
    »Großer Gott, nein, ich habe nichts dagegen! Ich sehe die Sache so - in den letzten zehn Jahren haben Sie infolge unglücklicher Umstände keine Gelegenheit gehabt, hübsche Frauen zu sehen, und ich glaube, daß Ihnen der Anblick eines schönen Mädchens ganz guttut. Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich so offen mit Ihnen spreche? Sie sind für mich eben ein Experiment - ich mache stets Experimente. Die meisten sind ungünstig für mich ausgegangen. Ich möchte Sie - ich will nicht sagen, bessern, das klingt zu pedantisch, vielleicht heilen. Aber halbe Maßnahmen liegen mir nicht, ich muß eine Sache ganz durchführen.« Er sprach eifrig, ganz natürlich, in seinem Ton lag keine Spur von Bevormundung. »Beryl ist schön. Es ist ganz klar, daß auch andere das so empfinden müssen. Doch ich bin kein Pascha, der glaubt, daß Frauen in Gegenwart anderer Männer sich nur verschleiert zeigen dürfen. Meiner Meinung nach kann ein Mädchen nicht genug Männer kennenlernen. Das habe ich auch dem alten Lew gesagt, aber er ist eben ein altmodischer Mensch ...«
    Er äußerte sich weiter in dieser Weise, bis sie zur Oxford Street kamen. Dort wartete sein Wagen. Auch auf der Fahrt zum Büro verbreitete er sich noch über dieses Thema.
    Die Büroräume der Firma Frank Sutton & Co. nahmen drei Stockwerke in einem Eckhaus in der Nähe des Middlesex-Hospitals ein. Es war eine Geschäftsstraße, die mit der Oxford Street parallel lief. Mr. Sutton hatte vor sechs Jahren ganz klein angefangen und besaß nun ein gutgehendes Exportgeschäft und Niederlassungen in aller Welt. Ein großer Warenspeicher in der Nähe der East India Docks gehörte ihm. Im Gegensatz zu den meisten Exporteuren, die sich auf ein Spezialgebiet beschränkten, befaßte sich Frank Sutton mit den verschiedenartigsten Waren und Geschäften.
    Er sprach gerade über die rapide Ausdehnung seiner Firma, als sie den Korridor entlanggingen, an dem ihre Büros lagen.
    »Sie haben hier bei mir eine große Chance, Leslie, wenn Sie die Sache nur mit der nötigen Energie und Umsicht anpacken ...« Plötzlich änderte er seinen Ton und sah ihn scharf an. »Aber Sie müssen mir gegenüber offen sein!«
    »Ich verstehe Sie nicht ganz«, erwiderte John Leslie und sah ihm direkt in die Augen.
    »Und ich verstehe Sie nicht! Ich möchte gern mehr von Ihnen wissen, als ich jetzt weiß. Wo bringen Sie Ihre Nächte zu? Was treiben Sie außerhalb meines Geschäftes? Ich habe ein großes Risiko auf mich genommen, als ich Sie engagierte. Lew Friedman weiß das noch gar nicht. Sie verstecken irgend

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