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0618 - Doktor Wahnsinn

0618 - Doktor Wahnsinn

Titel: 0618 - Doktor Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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eigentlich trägt, kann er immer wunderbar auf andere abwälzen. Gelingt indessen etwas, ist es sein Ruhm als Leiter des Institutes.
    Einmal fragst du ihn rotzfrech, ob er herausfinden konnte, was es für eine Anomalie sei. Aber er gesteht dir, es nicht herausgefunden zu haben.
    Wieder Monate später spricht Thompson mit dir. Auch wieder über die Anomalie im Rückenmark. »Es ist natürlich absolut unmöglich«, sagt er, »deshalb habe ich auch niemandem davon erzählt und keine Notiz angelegt. Aber es sieht aus, als ähnele Ihr Rückenmark teilweise den Ganglien von Insekten. Nicht von der Struktur her, sondern von der Substanz. Aber das ist natürlich völliger Unsinn. Etwas muß bei der Analyse gründlich danebengegangen sein.«
    Du weißt jetzt, daß Thompson gefährlich werden kann. Aber du kannst nichts gegen ihn unternehmen. Nur gut, daß er in diesem Moment das berühmte Brett vorm Kopf hat, das alle ›seriösen‹ Wissenschaftler ständig polieren. Was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Er glaubt den Werten nicht.
    Hoffentlich bleibt es dabei.
    Immerhin ist es für dich eine Rückmeldung. Du hattest Erfolg. Aber was nützt dir dieser Erfolg?
    Immer wieder gibt es Phasen, in denen du vor Schmerzen schreist, weil du es nicht mehr erträgst. Warum wirst du nicht wahnsinnig? Warum rettet dich dein überdimensionierter Verstand nicht auf diese Weise? Warum stirbst du nicht einfach?
    Du willst es. Du willst dich dazu zwingen. Es muß aufhören, muß vorbei sein.
    Du kämpfst gegen das Leben für den Tod.
    Und irgendwann fühlst du, daß es gelingen könnte.
    Und dann, nach all den unzähligen Jahrmilliarden voller Schmerzen und endloser Qual, schaffst du es. Du kannst der Hölle entrinnen. Deine letzten Organe versagen. Die Apparate kommen nicht mehr dagegen an. Du redest nicht mehr mit deinen Foltermeistern. Du fühlst keine Schmerzen mehr, weil der Tod kommt. Und du kannst endlich sterben.
    Welch eine Erlösung!
    ***
    Dr. Ramon Diaz gefiel das seltsame Lächeln des Toten nicht. Es sah aus, als hätte Galworthy durch sein Sterben über den Rest der Welt triumphiert.
    Diaz dachte an Thompson, den Träumer. Sicher, aus seiner Warte hatte Dr. Ron Thompson recht. Es war ein menschenunwürdiges Dahinvegetieren gewesen, wozu sie Galworthy gezwungen hatten. Und tatsächlich gegen seinen Willen. Diaz war sicher, daß der Mann die Kabel losgerissen, die Apparate ausgeschaltet hätte, wenn er auch nur in der Lage gewesen wäre, sich auf irgendeine Weise zu bewegen. Es war auch gut, daß niemand in seine Nähe gekommen war, der seelisch so labil war, dem Wunsch des Patienten schließlich doch zu entsprechen und die Geräte heimlich abzuschalten - so lange, bis Galworthy tot war. Um sie dann vielleicht wieder einzuschalten, damit es so aussah, als ob…
    Aber das war nicht geschehen. Galworthy war tatsächlich von ganz allein gestorben. Und das kurz vor dem Moment, an dem es wirklich Hilfe für ihn gegeben hätte.
    Der Gedanke an die Anomalie im Rückenmark hatte Diaz nicht mehr losgelassen. Er hatte seine Forschungen fortgesetzt, aber irgendwas konnte an den Resultaten nicht stimmen. Denn dann hätte Galworthy ein Insekt sein müssen.
    Was er aber definitiv nicht war.
    Diaz grübelte. Der Tote lag zwar im Kühlfach, aber es war keine Autopsie angeordnet worden. Der Mann war so lange Zeit unter medizinischer Aufsicht gewesen, daß es keine Fragen mehr geben konnte. Er war schließlich seinen Verletzungen von dem schon so lange zurückliegenden Unfall doch noch erlegen.
    Was angeordnet worden war: Sein Gehirn sollte gerettet werden. Um Stück für Stück analysiert zu werden. Um scheibenweise konserviert und erforscht zu werden. Vielleicht würden Wissenschaftler noch in hundert Jahren daran arbeiten.
    Aber…
    Das Gehirn des Genies interessierte Diaz nicht so sehr. Was er wollte, war das Rückenmark. Nicht nur die kleine Probe, die er und andere, darunter auch Thompson, bisher analysiert hatten. Die anderen hatten schon bald aufgegeben, weil sie es für sinnlos hielten, einer totalen Unmöglichkeit nachzuspüren. Aber er, Diaz, war am Ball geblieben.
    Und jetzt wollte er mehr. Jetzt wollte er alles. Warum war Galworthys Rückenmark nicht wie das anderer Menschen? Dafür mußte es einen Grund geben. Es konnte nicht mit seiner optimierten Gehirnnutzung Zusammenhängen. Da mußte noch etwas anderes sein. Und dieses andere ließ Diaz keine Ruhe mehr.
    Er hatte seine Neugierde anderen nicht gezeigt. In gewisser Hinsicht

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