0618 - Zweikampf der Immunen
eigentlich fragen?"
Er hatte ein eigentümliches Vertrauen zu diesem Mann, darin wußte er sich mit Bull, Rhodan und auch Tifflor einig. Warum eigentlich? Er selbst, als Gefühlsmechaniker und Geheimdienstchef war seit Jahrzehnten fähig gewesen, sich eigene Urteile über Menschen zu bilden und über gewisse Geschehnisse und Gesetzmäßigkeiten. Jetzt war er hilflos wie ein Kind. Der Kampf mit der Unlust, eine bestimmte motorische Aktion durchzuführen, schien die Energie, die sonst für die Gedanken gebraucht wurde, aufzusaugen wie ein trockener Schwamm.
Kol erwiderte deutlich; geradezu suggestive Kraft lag in seiner Stimme: „Ich fragte Sie, Galbraith, ob Sie im Lauf der Wochen nach der Ankunft der MARCO POLO aus dem Parallel-Universum etwas gemerkt haben, das Ihr Mißtrauen hervorrief. Jede winzige Einzelheit kann wichtig sein. Eine Bemerkung, eine offensichtlich völlig unwichtige Beobachtung, ein Gespräch oder eine Unregelmäßigkeit. Ich habe Sie das schon mehrmals gefragt!"
Deighton schüttelte eigensinnig den Kopf.
„Nichts!" sagte er müde. „Sie fragten mich mehrmals, und ich gab immer wieder dieselbe Antwort: NICHTS. Ich erinnere mich nicht. Sie dürften eigentlich gar nicht so handeln, wenn ich nicht...", er brach ab, winkte müde und kippte den Sessel nach vorn. Er stellte seine Sohlen auf den Boden und starrte hohläugig Kol Mimo an.
Kols Stimme änderte sich plötzlich.
„Sie meinen, Deighton, daß ich hier nicht sicher wäre, wenn Sie selbst Herr Ihrer selbst wären?"
Seine Stimme war kalt und schneidend geworden.
„So ist es. Ich weiß, daß wir alle nur noch Schatten sind.
Zu nichts mehr taugen wir..."
Kol stand auf und beugte sich leicht über seinen Tisch. Er durchbohrte Deighton mit seinen Blicken. Dann hob er die Hand und deutete mit seinem knochigen Zeigefinger auf den Mann, der sich zusammennehmen mußte, um nicht wieder in den Sessel zu sinken. Kol sagte: „Gehen Sie, Deighton. Wenn Sie alle nicht fähig sind, die Lösung dieses tödlichen Rätsels zu finden, dann müssen Sie sich damit abfinden, daß es andere versuchen. Ein solcher „anderer" bin ich. Gehen Sie. Versuchen Sie, einen Mediziner zu finden, der Ihnen hilft."
Deighton nickte zustimmend. Er schien auf diese Aufforderung gewartet zu haben. Irgendwo fern in seinen klaren Überlegungen geisterte ein Gedanke umher und bemühte sich, an die Oberfläche zu kommen. Aber es war ein vergeblicher Versuch.
Die Seuche mit ihren furchtbaren Erscheinungsformen verhinderte es.
„Ich gehe!" sagte er.
„Recht so!" beschwor ihn Kol. „Sollte Ihnen wider Erwarten etwas einfallen, dann lassen Sie es Vance oder mich wissen."
„Ja."
Mimo setzte sich wieder und sah nachdenklich zu, wie Deighton den Raum verließ, wie sich die Tür hinter ihm schloß. Dann legte Kol Mimo den Kopf in seine knochigen Hände und konzentrierte sich auf den Impuls, den er empfangen hatte.
Jemand sucht nach mir!
Da es sich nicht um einen Terraner handeln kann, denn alle Terraner befinden sich bereits auf der Ebene des nahenden Todes, muß es ein Fremder sein. Also wird auf mich ein Anschlag vorbereitet. Jemand schickte jemanden aus, mich zu ermorden. Das ist die wahrscheinlichste mathematisch-logische Erklärung. Da ich gewisse Impulse aussende, wird man mich auch finden können.
Also muß ich etwas dagegen tun.
Ich werde meine Arbeit hier fortsetzen und zu Ende führen. Ich persönlich bin sicher, daß ich die Lösung finde und Milliarden Leben rette.
Aber ich muß etwas gegen jenen Besucher tun... ich werde überlegen. Ich muß den, der sich für einen Jäger hält, zum Gejagten werden lassen. Es dauert noch einige Zeit, bis er mich findet. Vorher muß mein Konzept fertig sein. Ich werde ihn nachdrücklich daran hindern, meine Rettungsarbeit zu sabotieren!
Schließlich bin ich weder Kol Mimo noch süchtig.
Ich komme auch nicht von Plophos!
Ich werde handeln.
„Vance?"
„Sir? Was kann ich für Sie tun?"
„Bleiben Sie bitte hier, Vance. Ich glaube, ich bin auf einer wichtigen Spur. Sollte es etwas Dringendes geben, dann wählen Sie mich an. Ich bin in meinen Räumen!"
„Ich habe verstanden, Sir."
„Danke!"
Kol verließ den Raum. Vance Vlayck fragte sich nicht mehr, warum er diesem rätselhaften Fremden mit den schwarzen Augen und dem straff nach hinten gekämmten Haar so viel Achtung und Bewunderung entgegenbrachte. Er sah ihm nach; das Haar war im Nacken eng durch ein Band gehalten und fiel wie ein Pferdeschwanz über die
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