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Maenner in Freilandhaltung

Maenner in Freilandhaltung

Titel: Maenner in Freilandhaltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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Kapitel 1

    Seit Monaten hatte ich sehnlich darauf gewartet, dass Simon mich endlich fragen würde. Und eigentlich hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, doch nun war es tatsächlich passiert: Simon Reinsdorf, Topsteuerberater und begehrtester Junggeselle unserer Kanzlei, hatte mich gefragt, ob ich mit ihm ausgehen wollte! Zwar hatte es in der Realität ein wenig anders geklungen als in meinen verklärten Tagträumereien – darin war die Bitte um ein erstes Date kaum von einem Heiratsantrag zu unterscheiden –, aber das tat meiner Euphorie keinen Abbruch.
    »Ich finde, wir sollten uns mal etwas ausführlicher unterhalten, Louisa«, hatte Simon gesagt und mir dabei so tief in die Augen geschaut, dass mir ganz schummerig wurde. »Bei einem Abendessen beispielsweise.«
    Obwohl es mehr nach einer Feststellung als nach einer Frage geklungen hatte und er mein Einverständnis offenbar stillschweigend voraussetzte, nickte ich der Ordnung halber zustimmend mit dem Kopf. Mit feuchten Händen trat ich in der engen Aufzugkabine von einem Fuß auf den anderen. Kam es mir nur so vor, oder funktionierte die Klimaanlage nicht richtig? Irgendwie war es verdammt heiß hier drinnen.
    Trotz der frühen Stunde – vor zehn Uhr morgens lagen etwa 90 Prozent meiner Organe, mein Gehirn eingeschlossen, gewöhnlich noch im Tiefschlaf – war ich plötzlich hellwach. Abgesehen von einer beachtlichen Pulsfrequenz, die ich normalerweise nicht einmal beim Treppensteigen, geschweige denn im Ruhezustand erreichte, produzierte mein Körper Glückshormone wie am Fließband. Hach, war das Leben nicht wundervoll?! Am liebsten hätte ich die ganze Welt – allen voran natürlich Simon – umarmt!
    Meine Gedanken überschlugen sich. Ob Simon vorhatte, mich in ein schickes Restaurant auszuführen, oder würde er womöglich sogar selbst den Kochlöffel für mich schwingen? Erwartungsvoll schaute ich ihn an. Was meine Vorfreude und Begeisterung noch weiter anfachte, denn Simon sah einfach zum Anbeißen aus. Zu gerne hätte ich mit den Fingern seine blonden Haare durcheinandergewuschelt, die sich vorwitzig über den Hemdkragen kringelten. Mit seinen strahlend blauen Augen, dem gebräunten Teint und dem durchtrainierten Body hätte er sich ebenso gut ein Surfbrett anstelle der schwarzen ledernen Aktentasche unter den Arm klemmen können. Dazu noch knappe Shorts oder eine Badehose anstelle des grauen Designeranzugs ...
    Ich verbot mir, den Gedanken weiterzuspinnen oder gar bildlich auszuschmücken, denn Simon machte mich im züchtig verhüllten Zustand schon nervös genug. Damit meine unruhig hin und her zappelnden Hände mich nicht verrieten, steckte ich sie sicherheitshalber in die Jackentaschen.
    Seit Simon vor etwa einem halben Jahr zum ersten Mal in der Steuerkanzlei aufgetaucht war, hätte ich am liebsten im Büro campiert, um mir ja nicht die Chance auf ein zufälliges Treffen auf dem Gang, ein kurzes Gespräch in der Kaffeeküche oder einen flüchtigen Blickkontakt entgehen zu lassen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass auch ich Simon nicht ganz gleichgültig war. Allerdings basierte diese Annahme lediglich auf Indizien – einen eindeutigen Beweis war er mir bislang schuldig geblieben.
    Nun sah die Sache ganz anders aus. Endlich kam Bewegung in mein Liebesleben! Halleluja, die Sterne schienen es tatsächlich gut mit mir zu meinen. Simon wollte sich mit mir verabreden! Im Geiste durchforstete ich meinen Terminkalender, aber was konnte wichtig genug sein, um einem Date mit meinem Traummann im Wege zu stehen?
    Wie gebannt starrte ich auf Simons sinnlich geschwungenen Mund und wartete auf einen Terminvorschlag. Als Simon gerade zum Sprechen ansetzte, ertönte plötzlich ein schriller Alarmton, der uns beide erschrocken zusammenfahren ließ. Ohrenbetäubende Technomusik oder das laute Brummen eines Rasenmähers hätte man zur Not ignorieren können, aber den durchdringenden Klingelton meines Handys längere Zeit zu ertragen, setzte schon ein hohes Maß an Schwerhörigkeit voraus.
    Wider alle Vernunft hoffte ich, dass Simon, zielstrebig wie er war, das, was er einmal angefangen hatte, trotzdem zu Ende bringen würde. Komm, jetzt mach schon, flehte ich innerlich. Frag mich, ob ich Samstagabend Zeit habe! Oder Sonntag. Falls es Terminprobleme gibt, würde ich auch frühmorgens mit dir zu Abend essen ...
    »Ich glaub, dein Handy klingelt«, sagte Simon jedoch nur und starrte dabei wie gebannt auf meine rechte Brust, die wie Espenlaub zu zittern

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