Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Professor«, grinste Nicole ihn an. »Im Volksmund Ar…«
    Er winkte ab. »Diese unter sprachwissenschaftlichen Aspekten gewiß aufschlußreiche Diskussion bringt uns der Lösung unseres Problems nicht weiter. Und das heißt: Wie kommen wir von hier nach da?« Er deutete auf die andere Seite.
    »Schwimmen?« schlug Nicole vor.
    »Die da werden sich freuen. Wie schmeckst du?«
    »Zum Anbeißen süß«, murmelte Nicole und sah mit leichtem Schauder zu den Krokodilen hinüber, die sich am anderen Ufer zeigten. Bisher hatte sie sie tatsächlich für morsche Baumstämme gehalten, so perfekt hatten sie sich unter Treibholz am drüben recht flachen Ufer getarnt. Erst jetzt, als sie sich bewegten, wurden sie als das erkennbar, was sie waren. Vielleicht reagierten sie auf die Stimmen der Menschen auf dieser Seite.
    »Muß ein reiches Land sein«, seufzte Nicole. »Sogar die Baumstämme sind hier von Lacoste…«
    Unwillkürlich beugte sie sich vor, um das eigene Ufer zu kontrollieren. Wenn es drüben Krokos gab, konnte es sie hüben auch geben…
    Da zuckte sie zurück.
    »Wir bekommen Besuch«, stellte sie fest.
    ***
    Ein uralter, einbeiniger Mann, der in seine Hütte zurückgekehrt war, begann sich zu verwandeln.
    Sein Körper veränderte sich. Die Arme verschmolzen mit dem Leib, der zu Boden sank und aus der Kleidung herausglitt. Eine messingfarbene Schuppenhaut begann ihn zu überziehen. Sein Kopf wurde zu dem einer Kobra.
    Die menschengroße Schlange kroch durch eine Öffnung an der Rückseite der Hütte und verschwand ungesehen aus dem Dorf.
    Sie bewegte sich erstaunlich schnell.
    ***
    Nicole war zum Mahindra zurückgegangen, um in ihre Jeans zu steigen. Nur ein paar Minuten später war der Besuch da. Eine etwa 40jährige Frau mit brauner Haut, aber europäischem Gesichtsschnitt. Sie trug ein dunkles Gewand und verzichtete völlig auf Schmuck. Das kurze, schwarze Haar war streng zurückgekämmt. Mit etwas anderer Kleidung und in einer anderen Epoche hätte sie eine jener Gouvernanten darstellen können, denen der Adel von Blut, Geld und Kalk die Erziehung seines Nachwuchses anvertraute, um selbst unbelastet von den Zwängen elterlicher Vorbildlichkeit eigenen Geschäften und Gemeinheiten nachgehen zu können.
    Ihre Stirn trug keine Tätowierung. Das hieß, überlegte Zamorra, daß sie entweder nichts von den alten Traditionen hielt, oder tatsächlich noch unverheiratet war - in dieser Gegend für eine Frau ihres Alters eher ungewöhnlich.
    Sie wurde von zwei Männern begleitet, etwa in ihrem Alter, mit Lendenschurz und Turban bekleidet. Einer trug einen roten, der andere einen blauen Edelstein vorn am Turban, und beide waren mit kris bewaffnet, den wellenförmig gekrümmten Dolchen.
    Einer trug zusätzlich an einem Schulterriemen eine Scheide mit einem langen Säbel auf dem Rücken, der andere hielt ein Remington-Repetiergewehr locker in der Hand.
    Die Augen der beiden Männer waren sehr beweglich; sie registrierten in ständiger, konzentrierter Wachsamkeit alles, was ringsum vorging.
    Die Frau hob beide Hände vor ihre Brust, legte die Handflächen gegeneinander und verneigte sich leicht. Zamorra und Nicole erwiderten den Gruß.
    »Sie haben den falschen Weg genommen«, sagte die Frau auf Französisch, mit einem harten Akzent, der klang, als versuche ein Schotte von den Hebriden sich in der für seine Zunge ungewohnten Fremdsprache. »Hier werden Sie mit dem Wagen nicht weiterkommen.«
    »Mag sein«, sagte Zamorra. »Wir werden es eben anderswo noch einmal versuchen. Woher wissen Sie, daß wir aus Frankreich kommen?«
    »Die einzigen Fremden, die sich zur Zeit in dieser Gegend befinden, sind Franzosen«, sagte sie.
    »Spricht sich schnell herum, wie?« fragte Nicole.
    »Vieles spricht sich schneller herum, als manchem lieb ist.« Die Schwarzhaarige griff unter ihr Gewand und holte ein Handy hervor. »Wer dieses Land und seine Bewohner innerhalb weniger Jahre aus der Steinzeit in die Gegenwart katapultieren möchte, darf sich nicht wundern, wenn die katapultierten Menschen die Technologie der Zukunft schneller beherrschen, als die noch in der Vergangenheit Denkenden annehmen. Hätten Sie einen Internet-Anschluß im Fahrzeug oder satellitengesteuerte Navigation, wären Sie sicher nicht auf diesem Irrweg gelandet. Aber ich habe Sie auch so gefunden.«
    »Sie uns gefunden? Was wollen Sie damit sagen?« hakte Nicole ein.
    »Bald kommt die Nacht«, wich die Schwarzhaarige aus. »Dann sollten wir alle nicht mehr hier sein.

Weitere Kostenlose Bücher