0639 - Der Tod des Großadministrators
sich. zunächst von der Reise erholen, und..."
„Die Reise selbst war Erholung genug", schnitt Orana ihm das Wort ab. Und dann stellte sie die Frage, auf die wir alle vorbereitet waren: „Wo ist Perry?"
Wir sahen einander an, einer den andern mit stummem Blick dazu auffordernd, ihm die Antwort zu ersparen, selbst das klärende Wort zu sprechen. Ich war der Älteste. An mir blieb es hängen.
„Das ist gerade das Problem, zu dessen Lösung wir Ihre Hilfe brauchen", erklärte ich. „Wir befinden uns in ernster Sorge um Perry Rhodan."
Ihre Augen hatten sich nur um eine winzige Spur verengt. Sie wußte, daß die Lage ernst war. Wir begleiteten sie in das Appartement, das für sie vorbereitet worden war. Wir boten ihr an, sie eine Weile allein zu lassen, damit sie sich den Dingen widmen könne, die einer Dame nach Bewältigung einer langen Reise stets die wichtigsten und unablässigsten zu sein scheinen.
Aber sie wollte nichts davon wissen.
„Ich brauche mich nicht frischzumachen", erklärte sie kategorisch: „Alles, was ich brauche, ist Klarheit:" Wir bildeten eine Runde um den kleinen Tisch, der die Mitte des Wohnzimmers beherrschte. Getränke wurden automatisch serviert. Schließlich begann Geoffry Waringer, über die seltsamen Ereignisse der vergangenen Wochen zu berichten.
Den Höhepunkt seines Berichtes bildete der Kampf gegen das fünfdimensionale Monstrum, das Ontoid, das wir vor einem halben Tag endgültig besiegt hatten.
„Sie schließen daraus", folgerte Orana, „daß Perry unter denn Eindruck einer fremden Macht steht, nicht wahr?"
Wieder dieser hilfesuchende Blick, diesmal, von Waringer an mich, wieder die stumme, flehende Bitte: tu du's!
„Das ist sozusagen der Mindestschluß, Orana", antwortete ich.
„Mit anderen Worten: die Lage ist mindestens so schlimm, daß Perry Rhodan unter dem Einfluß einer fremden Macht steht."
„Könnte man noch weitergehende Schlüsse ziehen?" fragte' sie überrascht und alarmiert zugleich.
Ich nickte. - „Man könnte, und man hat", sagte ich. „Ich persönlich bin der Ansicht, daß der Mann, der hier unter der Obhut der Ärzte die Rolle Perry Rhodans spielt, gar nicht Perry Rhodan ist."
Auf diese Feststellung folgte das Schweigen des Entsetzens.
*
Interessanter noch als - die Oranas war die Reaktion der Freunde. Bislang hatten nur Waringer und ich einander anvertraut, daß wir den Mann in den Privaträumen des Großadministrators für Perry Rhodans Doppelgänger hielten. Ich hatte Proteste erwartet, aber es gab keine. Jeder hatte sich seine eigenen Gedanken gemacht und war zu demselben Schluß gekommen wie Waringer und ich. Reginald Bull, Galbraith Deighton, Julian Tifflor und Fellmer Lloyd starrten vor sich hin und sagten kein Wort.
Orana Sestore dagegen wies den Gedanken weit von sich.
Perry Rhodan sei ein Mann, wie es in der ganzen Weltgeschichte kein zweites Mal gebe, unersetzbar, unnachahmbar. Jeder Versuch, einen Doppelgänger zu schaffen, müsse innerhalb weniger Stunden an Perry Rhodans Einmaligkeit scheitern. Sie sprach voller Erregung, und es machte uns nichts aus, daß sie uns mit ihren Ausführungen kollektiv beleidigte. Es kam ihr überhaupt nicht zu Bewußtsein.
Es war die Liebe, die aus Orana Sestore sprach, nicht die logische Überlegung. Wir wußten besser als die Klatschspalten der Gesellschaftsnachrichten, was sie für Perry empfand. Wir wußten auch, daß sie immer und immer wieder zurückgewiesen worden war, sanft zwar, aber unmißverständlich. Und dennoch fuhr ihre Liebe fort zu existieren.
„Wegen dieser Ungewißheit", sagte sie - schließlich, „freue ich mich, daß Sie zu uns gekommen sind. Auf Ihre eigene Art und Weise kennen Sie Perry Rhodan womöglich besser als irgendeiner von uns. Begegnen Sie ihm, sprechen Sie mit ihm - und dann sagen Sie uns, was Sie von ihm halten."
Orana nickte vor sich hin, den Blick zu Boden gerichtet.
„Ich bin froh, daß Sie mich gerufen haben", murmelte sie. „Auch eine Frau braucht manchmal das Gefühl, daß man in wichtigen Entscheidungen ihren Rat zu schätzen weiß." Sie lächelte den Staatsmarschall gewinnend an. „Danke, Bully, für die Stärkung meines Selbstvertrauens."
Reginald Bull blinzelte sie überrascht an.
„Ich...? Wie komme ich dazu ?"
„Sie waren es, der mich einlud, nicht wahr?" entwaffnete sie ihn.
Reginald Bulls Gesicht war einen Schnappschuß wert.
Mein Extrahirn äußerte blitzschnell einen Verdacht.
„Wann erfolgte die Einladung, Orana?"
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