0639 - Der Tod des Großadministrators
erkundigte ich mich.
„Am siebenundzwanzigsten Dezember allgemeiner Zeitrechnung", antwortete sie - „Kurz vor neunzehn Uhr Standardzeit."
„Siehst du?" sagte mein Extrahirn triumphierend.
Das also war es gewesen, was Bully' mir an jenem Abend hatte mitteilen wollen. Er wollte zu mir kommen, um mir zu sagen, daß er über Perry Rhodans Identität mittlerweile so große Zweifel habe, daß er Orana Sestore eingeladen hatte, um den Mann, der sich Perry Rhodan nannte, entweder als echt oder als Fälschung zu klassifizieren.
Nur war er nicht dazu gekommen. Das Ontoid hatte das Eingeständnis des Zweifels an Rhodans Identität für gefährlich gehalten und Reginald Bulls Erinnerung an diesen Vorfall gelöscht.
*
Wir aßen gemeinsam zu Mittag. Die Unterhaltung war nicht sonderlich lebhaft. Zu schwer lastete die Ungewißheit auf uns.
Der Mann, der sich Perry Rhodan nannte, wußte noch immer nichts von Orana Sestores Anwesenheit. Durch Laurel Karo hatte er uns mitteilen lassen, daß er uns gegen vierzehn Uhr zu einer kurzen Besprechung im Konferenzraum zu sehen wünsche. Wir hatten die Absicht, Orana dorthin mitzunehmen.
Es gab einige unter uns, die sich von dieser unerwarteten Gegenüberstellung viel versprachen. Ich fragte mich, inwieweit ihre Hoffnungen auf Voraussetzungen gebaut waren, die unmöglich gültig sein konnten. Dieser Mann, wenn er wirklich nicht Perry Rhodan war, hatte uns monatelang zum Narren gehalten. Das wäre ihm unmöglich gewesen, wenn er nicht alles oder wenigstens fast alles Wissensgut des echten Perry Rhodan besäße. Man durfte, was die bevorstehende Begegnung anbelangte, nicht von der Hoffnung ausgehen, Orana Sestore sei dem falschen Perry Rhodan womöglich unbekannt, und er würde sich dadurch verraten, daß er ihren Namen nicht wußte.
Das war unsinnig. Oranas Wirksamkeit lag auf einem anderen Gebiet. Zwischen ihr und dem Großadministrator hatte sich ein eigenartiges Verhältnis eingependelt, dessen Charakter nur sie und er kannten, während wir Außenstehenden auf Ahnungen und Vermutungen angewiesen waren. Niemand von uns war jemals klargeworden, ob der Großadministrator die schöne Frau aus Gründen der Staatsräson zurückwies oder deshalb, weil er sie nicht liebte. Orana alleine wußte genau, welches Verhalten sie von Perry Rhodan zu erwarten hatte, und ich bezweifelte sehr, daß es einem Doppelgänger gelingen würde, die feinen Nuancen dieses eigenartigen Verhältnisses so nachzuspielen, daß er die intelligente und sensible Frau täuschen konnte.
Es fehlten noch zehn Minuten an vierzehn Uhr, als wir uns im Konferenzraum einfanden. Der Großadministrator hatte es sich inzwischen zur Gewohnheit gemacht, das akademische Viertel für sich zu beanspruchen, ein Privileg, das er früher nie in Anspruch genommen hatte. Wir hatten also noch Zeit. Wir gruppierten uns so, daß Orana dem Eingang gegenüber saß.
Rhodans erster Blick mußte auf sie fallen.
Die Minuten schlichen dahin. Meine Gedanken bewegten sich spielerisch, ohne Sinn und Ziel. Aber plötzlich stießen sie auf etwas, womit es sich zu beschäftigen lohnte. Eine Frage, die 'ich mir eigentlich schon früher hätte stellen müssen. Gesetzt den Fall, unser Verdacht war richtig. Der Mann, der sich als Perry Rhodan ausgab, war eine Fälschung. Er bestand aus Rhodans Körper, das war durch die Frequenz der metabiologischen Strahlung fest erwiesen, und einem fremden Bewußtsein. Auch das Gehirn, das diesem Bewußtsein als Sitz diente, hatte bis vor kurzem die für Perry Rhodan typische Frequenzkonstante aufgewiesen.
Erst durch deren Veränderung war ja unser Verdacht entstanden. Was für ein Gehirn war das? Das Gehirn eines organisch gewachsenen Menschen, dessen Metapsychische Schwingungscharakteristik aufgrund des unwahrscheinlichsten aller Zufälle dieselbe war wie die des echten, Rhodan'schen Gehirns? Oder ein künstlich geschaffenes Gehirn, dem die Charakteristik nach Rhodans Vorbild verliehen worden war?
Sich die Frage in dieser Form stellen, hieß, sie gleichzeitig beantworten. Die Metapsychiker hatte noch nicht errechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür war, daß zwei verschiedene Bewußtseine dieselbe Schwingungscharakteristik besaßen.
Auf jeden Fall war sie geringer als eins zu fünfzig Milliarden.
Selbst wenn man bedachte, daß ES sowohl wie Anti-ES Wesen einer übergeordneten Dimension waren, denen für die Suche nach einem bestimmten Gehirn ungleich wirksamere Methoden zur Verfügung standen
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