0639 - Der Tod des Großadministrators
behilflich zu sein. Zwischen Rhodan und der Frau bestand seit Jahren eine besondere Art von Verhältnis, dessen komplexe, unterschwellige Strömungen nur den Beteiligten selbst bekannt waren, so daß sie für Andro-Rhodan einen äußerst gefährlichen Wirrwarr darstellten, in dessen Fäden er sich leicht verfangen konnte.
Eine Entscheidung wurde von ihm gefordert. Er mußte sich Orana Seetore stellen. Er hatte sie sich eingeladen. Es blieben ihm nur noch wenige Minuten Zeit, sich auf ihren Besuch vorzubereiten. Wie sollte er sich ihr gegenüber verhalten?
Er horchte in sich hinein, hoffte auf eine Weisung von seinem Schöpfer, der sich sonst so allwissend gab, und erkannte voller Panik, daß er ganz alleine auf sich gestellt war.
Er zwang sich zur Ruhe und traf seine Entscheidung. Äußerlich gelassen, erwartete er die Ankunft der schönen Frau.
*
Oranas Reaktion war von so unerschütterlicher Gewißheit, daß unser Verdacht erneut ins Wanken geriet.
„Das ist Rhodan, so wahr ich hier stehe!" rief sie uns zu, als wir uns nach der kurz abgebrochenen Besprechung in ihrem Appartement einfanden. „Ein bißchen schwächlich, ein bißchen hilflos, aber das ist angesichts seines Gesundheitszustandes wohl verständlich."
Ich gab ihr den Rat, mit ihrer Entscheidung bis nach dem Besuch bei Rhodan zu warten.
„Indem Sie sich jetzt schon festlegen", erklärte ich ihr, „bilden Sie ein Vorurteil, das Ihnen die objektive Beobachtung erschwert."
Sie seufzte und sah mich aus großen traurigen Augen an.
„Natürlich haben - Sie recht, Atlan", gab sie zu. „Aber denken Sie an die viel zitierte Intuition der Frau. Ich spüre, daß dieser Mann derjenige ist, für den er sich ausgibt..."
„Sie glauben zu spüren", verbesserte ich sie.
„Also schön, ich glaube zu spüren." Die Unterhaltung schien ihr unangenehm zu sein. „Ich verspreche, daß ich trotzdem objektiv sein werde so objektiv jedenfalls, wie es in meiner Kraft steht."
Sie wandte sich ab und gab mir dadurch zu verstehen, daß sie über dieses Thema nicht weiter zu sprechen wünsche. Ich verstand sie. Es ist schwer für eine Frau, sich von sechs Leuten, deren Urteil sie normalerweise bedeutendes Gewicht beimißt, sagen zu lassen, daß der Mann, den sie liebt, wahrscheinlich eine Fälschung ist. Es wäre unklug gewesen, weiter in sie zu dringen. Jedes weitere Wort hätte sie zusätzlich belastet. Für unser Vorhaben jedoch war es wichtig, daß sie entspannt war, wenn sie Rhodan begegnete.
Als habe jeder das Gebot der Stunde verstanden, wandte sich die Unterhaltung von nun an unverfänglichen Themen zu. Wir sprachen über neue Entwicklungen der Hyperdim-Mechanik, Oranas Fachgebiet, und die Möglichkeiten, die sich daraus eröffneten. Die Zeit verging recht schnell. Als Waringer uns darauf hinwies, daß nur noch wenige Minuten an fünfzehn Uhr fehlten, waren wir überrascht.
Orana stand auf und entzog sich gutgemeinten Ratschlägen und letzten Ermahnungen, Indem sie einfach zur Tür hinausschritt. Wir sechs blieben schweigsam zurück. Die Spannung war nur mit, Mühe zu ertragen.
Der Augenblick der 'Entscheidung stand unmittelbar bevor.
*
„Ich habe in letzter Zeit viel Gelegenheit gehabt, über uns nachzudenken."
Es war, registrierte Orana mit Überraschung, das erste Mal, daß Perry Rhodan zugab, sich in Gedanken mit ihr beschäftigt zu haben. Das Eingeständnis versetzte sie in einen Zustand glücklicher Erregung.
„Vor mehr als fünfzehn Jahren", fuhr Rhodan fort, „begegneten wir einander zum ersten Mal. Ich glaube zu wissen, was du mir gegenüber empfindest. Es macht mich glücklich. Gleichzeitig jedoch bist du über meine Gefühle völlig im unklaren. Es ist an der Zeit, diese Unklarheit jetzt zu beseitigen. Erspare mir bitte, in diesem Augenblick auf die Gründe einzugehen, die mich zu meinem bisherigen Verhalten veranlaßt haben."
Er saß ihr unmittelbar gegenüber, auf einem altmodischen, aber bequemen Sessel. Den kleinen Tisch, der ursprünglich zwischen ihnen gestanden hatte, hatte er mit dem. Knie beiseitegedrückt.
Er beugte sich vornüber und ergriff Oranas Hand.
„Orana bleib bei mir!" sagte er mit leiser, drängender Stimme.
Eine Woge wilden Glücks hob Orana auf und trug sie mit sich.
Willig folgte sie dem Zug der Hand, die ihre Finger fest umschlossen hielt. In rascher, gleitender Bewegung erhob sie sich aus dem Sessel. Rhodans breitschultrige Gestalt schien auf sie zuzuwachsen.
Im nächsten Augenblick lag sie
Weitere Kostenlose Bücher