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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ihren Beschützern, die im Sold des Sonnenkönigs standen, natürlich nicht klarmachen.
    Noch besser wäre es natürlich, wieder in der Alten Welt zu sein, in Europa. Und am allerbesten - in der Gegenwart.
    Aber im Moment wußte sie einfach nicht, wie sie das anstellen sollte. Sie wußte zwar definitiv, daß sie die Zeitkreise geschlossen hatte, allein durch ihre Anwesenheit. Aber sie wußte nicht, wie sie es anstellen sollte, selbst in die Gegenwart zurückzukehren. Sie hatte ja nicht einmal die geringste Ahnung, weshalb sie in der Vergangenheit zurückgeblieben war, während Merlins Zeitring Zamorra und Nicole transportiert hatte.
    Was war hier schiefgelaufen?
    Sie wußte, es sollte und durfte so nicht sein! Sie war hier falsch.
    Ich gehöre nach Broceliande. Dort war ich glücklich.
    Wieder ging ihr dieser Gedanke durch den Kopf.
    Weshalb? Woher kam diese Assoziation? Sie verstand das nicht. Ihr fehlten die konkreten Erinnerungen. Sie hatte diesen Begriff, und sie verband ihn mit einem Zauberwald.
    Merlins Zauberwald.
    Sie war Merlins Tochter, das schien festzustehen.
    Aber selbst das wußte sie nur, weil andere es ihr gesagt hatten.
    Von Merlins Zauberwald wußte sie nichts.
    Trotzdem kannte sie seinen Namen, trotzdem wußte sie, daß sie dort glücklich gewesen war?
    Es half nichts, daß sie darüber nachgrübelte. Die Erinnerungen ließen sich nicht freisetzen. Nur dieser eine Gedankenfetzen war immer wieder da, ohne Rückschlüsse auf seinen Hintergrund zu erlauben.
    Eva fragte sich, ob da vielleicht mit Hypnose nachzuhelfen war.
    Zamorra hatte zwar schon versucht, sie zu hypnotisieren und in diesem Zustand an ihre Erinnerungen heranzukommen, aber das war ihm nicht gelungen. Auch Nicole Duvals Versuch, Eva mit deren Einverständnis telepathisch zu sondieren, hatte zu keinem brauchbaren Resultat geführt. Da war einfach nichts, was sich erfassen ließ. Es war, als sei alles völlig leer, ein unbeschriebenes Blatt, nicht mehr und nicht weniger. Eine leere Schublade.
    Aber hier war jetzt wenigstens ein Stichwort. Möglicherweise wäre da doch noch etwas zu holen gewesen.
    Aber Zamorra befand sich in einer ganz anderen Zeit, Jahrhunderte entfernt. Er war nicht greifbar. Und wer in diesem Jahrhundert verfügte schon über die Kenntnisse, jemanden zu hypnotisieren?
    Eva wußte nicht, ob diese Para-Techniken überhaupt schon entwickelt worden waren. Und wenn ja -wem sollte sie sich anvertrauen? Sie kannte doch niemanden in dieser Zeit. Außer eben Don Cristofero und seinen Gnom, Robert deDigue und die Soldaten aus dem Fort. Aber nur letztere waren überhaupt noch greifbar.
    Nein, da war nichts zu machen.
    Aber das war noch nicht alles, was ihr zu schaffen machte, was sie bedrückte.
    Da war dieser Friedhof.
    Er zeigte sich ihr immer wieder, und immer öfter. Wenn sie die Augen schloß, sah sie ihn vor sich. Von Mal zu Mal wurde er deutlicher mit seinen verwitterten, moosüberwucherten Grabsteinen und der kalten Nebellandschaft.
    Was bedeutete das?
    Sie konnte es nicht steuern. Sie konnte diese Bilder nicht abwehren, wenn sie auftraten, aber sie konnte sie auch nicht bewußt herbeirufen. Es geschah immer noch nach dem Zufallsprinzip.
    Trotz der immer kürzeren Abstände, in denen sich die Bilder ihr zeigten.
    Sie begann sich zu fragen, wann der Zeitpunkt kam, da sie zum Dauerzustand wurden. Wie würde sie das ertragen können? Wann würde sie die Bilder nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden können?
    Wenn sie doch nur eine Möglichkeit hätte, herauszufinden, was hinter diesem fortschreitenden Effekt steckte!
    Aber allein kam sie damit nicht klar.
    Was konnte sie tun?
    Sie mußte in die Gegenwart zurück.
    Ich gehöre nach Broceliande. Dort war ich glücklich.
    Sie schluckte heftig. Es muß doch einen Weg geben, dachte sie. Einen Weg, den ich bisher noch nicht gesehen habe!
    Sie wollte zurück, sie mußte zurück. Sie wollte diesen Friedhof nicht mehr sehen, wenn sie die Augen schloß. Diesen monumentalen Hinweis auf den Tod, auf das Sterben.
    Ich will nie sterben.
    Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, daß sie längst gestorben war.
    Wieso? Und wann?
    Sie preßte die Hände gegen den Kopf. Warum war sie so allein? Warum gab es niemanden, der ihr helfen konnte?
    ***
    »… und los geht's«, hatte Zamorra gesagt. Aber so einfach ging es natürlich nicht. Wie immer bei solchen Aktionen, bedurfte es einer gründlichen Vorbereitung.
    Geld, Kleidung, das Verinnerlichen von aktuellen Sitten und Gebräuchen, die

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