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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Als Robert deDigue, der des öfteren Unterhaltungen mit dem französischen ›Sonnenkönig‹ Louis XIV. pflegte und der nun in dem Landstrich unterwegs gewesen war, der heute Louisiana genannt wurde, damals aber gerade ein frisch erobertes und besetztes Territorium an der Küste gewesen war.
    Sie hatten - nicht zum ersten Mal - in der Vergangenheit miteinander zu tun gehabt.
    »Eva ist einige Zeit in der Vergangenheit geblieben«, hatte Tendyke alias deDigue später gesagt, als Zamorra ihn dazu gebracht hatte, sich an jene für ihn doch immerhin sehr weit zurückliegende Zeit zu erinnern. Wirklich Genaues konnte Tendyke natürlich nicht sagen; im Laufe der Jahrhunderte verschwanden viele Details aus dem Gedächtnis. Aber etwas wußte er wohl doch noch. Eva war eine Person, die recht eindrucksvoll aufzutreten pflegte und im Gedächtnis haftenblieb, selbst über eine so lange Zeit. »Eva ist einige Zeit in der Vergangenheit geblieben. Drei, vier Wochen bestimmt. Dann trennten wir uns in der sogenannten Zivilisation voneinander. Was danach aus ihr wurde, weiß ich nicht mehr, weil ich mich nicht weiter um sie kümmerte. Ich hatte andere Dinge zu tun.«
    »Wo und wann habt ihr euch getrennt?« hatte Zamorra wissen wollen.
    Schließlich wollte er bei der Rettungsaktion kein Zeitparadoxon herbeiführen, indem er sich selbst begegnete, oder andere bereits stattgefundene Entwicklungen störte. Er wollte lediglich Eva die Rückkehr in ihre eigene Zeit ermöglichen.
    Auf diese Weise erhielten die Zeitreisen eine ganz neue Perspektive. Denn möglicherweise mußte ein ganz bestimmter Zeitpunkt getroffen werden, auf die Minute genau, weil alles andere vielleicht schon historisch verbürgt war. Natürlich war es möglich, Minuten oder Stunden auszugleichen, wenn es sich um unbedeutende Dinge handelte wie das Überkochen des Suppentopfs auf dem heimischen Herd oder das Füttern von Hund und Katze. Aber wenn es um wichtigere Geschehnisse ging, deren Bedeutung auf mehr als zwei Menschen überging, hieß es, vorsichtig zu sein.
    Tendyke hatte hier nur wenig Sicherheit anbieten können. »Den genauen Tag kann ich nun wirklich nicht sagen«, seufzte er. »Aber euch zwei habe ich bis zu jenem Moment nicht wiedergesehen. Das heißt, ihr wart bis dahin noch nicht wieder zurück, um sie zu holen. Wenn ihr es getan habt, müßt ihr erst später gekommen sein.«
    Das schränkte den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen zumindest in einer Hinsicht ein: Die Retter durften nicht zu früh kommen! Denn das würde die Erinnerungen Tendykes zumindest hinsichtlich dieses Geschehens verändern.
    Nicht, daß es nur um Tendykes Erinnerungen gegangen wäre - der Abenteurer war gewiß nicht der Nabel der Welt. Aber diese Dinge hatten eben stattgefunden. Sie nachträglich zu verändern, konnte vielleicht im ersten Moment nicht auffallen, sich dann aber zu einer Katastrophe aufschaukeln, die alles veränderte. Zamorra mußte an jenen Leitsatz der Chaos-Theorie denken, der besagte, daß der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Orkan auf der gegenüberliegenden Seite des Erdballs hervorrufen konnte. Wenn es nur Eva allein betraf, gab es keine Probleme. Hatte sie aber zwischenzeitlich in der Vergangenheit Kontakte geknüpft, die Auswirkungen auf die Zukunft haben konnten, wurde es schon kritisch.
    Dann durfte die Rückhol-Aktion erst anschließend stattfinden.
    Womit sich bereits das nächste Problem präsentierte: Wie ließen sich wichtige und unwichtige Dinge voneinander trennen?
    Zamorra war inzwischen gewillt, ein Risiko einzugehen. Drei, vier Wochen, hatte Tendyke gesagt. Also konnten sie direkt danach in der Vergangenheit aufkreuzen und versuchen, Eva in die Gegenwart zurückzuholen. »Wenn es nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle - und das werden wir dann sehr schnell prüfen müssen, ehe die veränderte ParadoxZeitlinie sich fest etablieren kann -, bringen wir Eva sofort nach 1676 zurück und holen sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder ab.«
    Nicole schnippte mit den Fingern.
    »Ich weiß nicht, ob wir uns darüber wirklich so schwere Gedanken machen müssen«, sagte sie. »Wenn ich mich nicht ganz gewaltig irre, gibt es inzwischen jemanden, der über paradoxe Zeitlinien wacht und dafür sorgt, daß sie nicht real werden. Hast du Sara Moon schon vergessen?« [2]
    Er schüttelte den Kopf.
    »Keineswegs«, versicherte er. »Aber es fällt mir schwer zu glauben, daß sie sich auch um neue Paradoxa zu kümmern hat. Ganz kam abgesehen davon, daß

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