0647 - Hexenzauber
eines normalen Feuers, das doch zwischen kräftigen Gelb- und Rottönen schimmerte.
Diese hier waren anders. Blau, dazwischen von einem fahlen Weiß und Grau durchsetzt und an den Enden nicht zusammenführend, sondern auseinander treibend, als wollten sie dort einen Kelch bilden.
Sie produzierten keinen Rauch, sie brannten kein Gras ab, sie verursachten keinen Flächenbrand, weil sie sich nicht ausbreiteten, sie waren nur einfach da.
Markus Piper wischte über seine Augen, als wollte er einen Traum verscheuchen. Aber die Szene blieb. Die Flammen brannten weiter, obwohl sie keine neue Nahrung erhielten.
Markus spürte in seiner Kehle die Trockenheit. Hätte jetzt jemand von ihm einen Kommentar verlangt, er wäre nicht in der Lage gewesen, ihn zu geben.
Und Ute?
Sie kümmerte sich nicht um ihn. Sie hatte die Bewegungen allerdings eingestellt und die Arme halb erhoben, als wollte sie etwas Bestimmtes anbeten, das nur sie sah.
Der junge Mann wusste, dass hier etwas Unerklärliches passierte. Ob dieser Vorgang etwas mit den Kräften der Natur zu tun hatte, konnte er nicht sagen. Er sah nur die Flammen und natürlich die nackte Ute Bergmann in ihrem Kreis hockend.
Seine feuchten Handflächen wischte er an den Hosenbeinen ab, bevor er sich in Bewegung setzte und mit steifen Schritten auf den Flammenring zuging.
Auch nach zwei weiteren Metern spürte er keine Wärme. Das Feuer brannte mit kalten Flammen, die allerdings selbst ihre Kälte nicht verströmten und sie in sich behielten.
Das Gras dämpfte die Geräusche. Er würde an Ute herankommen, auch an die Flammen. Dann wollte er sie noch einmal ansprechen, denn er musste endlich wissen, was hier vorging.
Als er so weit vorgegangen war, dass er die Flammen hätte greifen können, blieb er stehen.
Ute hatte sich nicht gerührt. Sie konzentrierte sich allein auf das Feuer, das von den Steinen umschlossen wurde. Sie standen da wie Wächter.
»Ute…!«
Markus Piper erschrak selbst über seine eigene Stimme. Er hatte sich nicht vorstellen können, so rasch zu reden, und die junge Frau vor ihm schrak zusammen.
»Ute…«
Sie schnellte hoch. Überrascht ging er einen Schritt zurück und sah, wie sich die Nackte umdrehte.
Plötzlich stand sie vor ihm.
Er sah ihre sehr weiblichen und ausgeprägten Formen, aber das geschah bei ihm wie eine Momentaufnahme. Nicht auf die Brüste, die er so gern geküsst hatte, starrte er, sondern auf das Gesicht, und er musste feststellen, dass es nicht mehr Utes war.
Nein, das war nicht ihr Gesicht. Eine Fremde schaute ihn an. Dazu noch eine fremde Person, die kein Gesicht, sondern eine schreckliche Fratze hatte.
Blau und schwarz schimmerte die Haut. In den Augen tanzte der Widerschein der Flammen, und nur das helle Haar stand in einem scharfen Kontrast zum Gesicht.
Er war entsetzt. Wie festgewurzelt stand er auf dem Grasteppich, seine Arme vorgestreckt, die Hände leicht gespreizt, als wollte er durch die Flammen nach Ute greifen und sie aus dieser gefährlichen magischen Zone herauszerren.
Ute Bergmann - oder war sie es nicht? - schüttelte den Kopf. Ein Vorwurf lag in dieser Bewegung, aber sie gab keinen Kommentar ab. Sie ging nur auf ihn zu.
Beim Gehen verursachte Ute im Gras sanfte Geräusche mit ihren nackten Füßen.
Erste Funken entstanden, die als hell spritzender Regen durch die Luft geisterten und von den Flammen aufgeschnappt wurden.
Ute ging auf Markus zu. Er spürte die Angst. Er würgte nur ein paar Laute hervor, die Ute und auch er selbst nicht verstanden. Mehr als ein Gurgeln brachte er nicht zustande.
Flammen und Funken begleiteten ihren Weg. Sie spritzten zwischen ihren Beinen hoch und verlöschten in Höhe der Kniekehlen. Sie ging weiter, als wäre nichts geschehen. Sie hatte für nichts einen Blick, nur noch für ihn.
Und er starrte in ihr altes Gesicht, das nicht zu dem wunderschönen Körper passte.
»Mensch, bleib doch stehen!«
Ute schüttelte den Kopf. Sie redete wieder mit dieser fremden Stimme. »Habe ich dir nicht gesagt, dass du verschwinden sollst, Markus?«
Er nickte. »Schon. Ja, das hast du mir gesagt. Aber wir gehören zusammen. Ich wollte doch nicht, dass dir in dieser Nacht eine Gefahr droht, weißt du?«
»Ach, Markus.« Sie sprach zu ihm wie zu einem kleinen Kind. »Manchmal bist du naiv. Du hättest mir besser zuhören sollen, wenn ich von den Kräften gesprochen habe, die an bestimmten Stellen im Erdboden wohnen. Oft genug haben wir uns darüber unterhalten. Hast du das denn
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