065 - Rendezvous mit dem Sensenmann
den alten, runzligen Gesichtern. Die eine trug einen Blumenhut, den schon Cocos Großmutter als altmodisch empfunden hätte. Die andere hatte eine gepflegte Ringellöckchenfrisur.
Sie deuteten mit spitzen Fingern auf die Fleisch- und Wurstwaren. Beide trugen lange weiße Handschuhe, über die sie Ringe gestreift hatten.
Der Metzgermeister nickte mehrmals mit dem schnauzbärtigen Kopf, als wolle er sich verneigen, und die Verkäuferin beeilte sich. Als endlich alles zusammengepackt war, trug der Meister den Einkaufskorb persönlich zum Rolls-Royce.
„Ich schreibe es wie immer auf die Rechnung, die zum Monatsende zur Villa geschickt wird", sagte er und dienerte.
„Danke, Alphonse", sagte die größere der beiden alten Frauen hoheitsvoll. Sie wollte gerade einsteigen, da traf ihr Blick den Cocos. Die alte Frau stutzte. Dann tuschelte sie mit der anderen, die bei ihr stand, und näherte sich Coco.
„Können wir Sie vielleicht ein Stück mitnehmen, mein Kind? Sie sehen erschöpft aus. Wohin wollen Sie denn?"
Coco sprach ein gutes Französisch. Sie verstand die Alte mühelos.
„Ach, ich weiß nicht so recht. Ich wollte irgendwo in der Nähe einen Kaffee trinken."
,,Ah, Kaffee, das ist eine ausgezeichnete Idee, ma chere. Da kenne ich ein sehr gutes Restaurant. Kommen Sie doch mit. Sie würden uns damit eine Freude bereiten."
Coco tat, als überlege sie.
„Wenn es Ihren Freundinnen nichts ausmacht..."
„Aber nein, meine Liebe, Alma, Camilla und Sabrina sind wie ich sehr gern mit jungen Menschen zusammen. Kommen Sie, kommen Sie. Jean, sitz doch nicht hinter dem Steuer wie ein Klotz. Steig aus und lade das Gepäck der jungen Dame ein."
Eine Minute später saß Coco auf der zweiten hinteren Sitzbank des RollsRoyce neben einer energisch und majestätisch aussehenden alten Dame.
„Ich bin Camilla", sagte sie. „Mein Nachname tut nichts zur Sache. Jeder kennt uns als die vier alten Schwestern. Natürlich bin ich nicht wirklich mit Lucia, Alma und Sabrina blutsverwandt, aber wir sind schon so lange zusammen, daß wir uns als Schwestern betrachten."
Coco lächelte schüchtern.
„Ich heiße Coco Zamis. Ich stamme aus Wien."
„Coco, was für ein Name!" rief eine der Alten von dem vorderen Rücksitz. „Nein, das sollte man nicht für möglich halten. Sind Sie tatsächlich so getauft worden, Kindchen?"
Coco entstammte einer alten Wiener Dämonenfamilie. Sie hatte eine Taufe besonderer Art erhalten. „Ja. Es ist ein etwas ausgefallener Name, aber mehrere weibliche Mitglieder meiner Familie trugen ihn."
Die eine alte Frau vom Vordersitz schnatterte nun von Wien. Sie war 1923 als junges Mädchen dort gewesen, zur Zeit der Inflation.
Der Rolls-Royce, der fast die Länge eines Straßenbahnwagens hatte, hielt vor einem einfachen Restaurant. Der Chauffeur stieg aus und öffnete die Türen. Coco hatte jetzt Gelegenheit, ihn zu mustern.
Er hatte dunkle zusammengewachsene Augenbrauen. Er trug Handschuhe, aber dennoch kam es Coco vor, als seien Zeige- und Mittelfinger bei ihm gleich lang.
Nicht alle, aber manche Werwölfe wiesen diese Kennzeichen auf. Sollte das die Lösung des Rätsels sein? Und was hatten die vier alten Damen damit zu tun?
Skeptisch betrat sie mit den vier alten Damen das Restaurant.
Es klopfte an der Vordertür des Bungalows. Ich fragte mich, wer das wohl sein könnte, und öffnete. Zwei Mädchen standen da. Beide trugen äußerst knappe Bikinis und waren bildhübsch. Die eine war blond, die andere brünett. Die Figur der Brünetten zog meine Augen an wie ein Magnet.
Die Brünette sagte etwas in einer Sprache, die ich für schwedisch hielt. Ich beherrschte etliche Sprachen, aber Schwedisch zählte nicht dazu.
Auf englisch sagte ich, daß ich sie nicht verstand.
Die Blondine fragte nun in gebrochenem Englisch, wo ein gewisser Leif Eyrenek aus Östersund sei. Ich antwortete, sie könnten gern nachsehen, ich hätte ihn nirgends versteckt. Es stellte sich heraus, daß Leif Eyrenek der Mann war, der ursprünglich den Bungalow gemietet hatte, danach aber verhindert gewesen war.
Die beiden Schwedenmädchen hatten ihn für den heutigen Tag erwartet.
Ich lud sie zu einem Drink ein. Der Bungalow enthielt eine gutausgestattete Hausbar. Die genossenen Getränke wurden zum Ende des Urlaubs verrechnet.
Die Mädchen - die Blonde hieß Karen, die Brünette Lena - lehnten nicht ab. Wir tranken Bacardi Cola und scherzten. Ich sagte, daß es mir sehr leid täte, daß Leif Eyrenek in Östersund habe
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