0656 - Der Blutpriester
schwarzhaarige Mann griff nach einem nicht gerade sauber aussehenden karierten Hemd und kämpfte sich in die Ärmel.
»Es gab wieder eine Tote«, sagte der Blonde.
Die Augen des anderen wurden groß.
»Sie waren doch nicht etwa diesmal dabei, Ewigk?«
Der nickte.
»Porcheria, dannazione! Sieht nicht gut für Sie aus. Mittäterschaft, Beihilfe, Duldung…«
»Schwachsinn«, wehrte der Mann ab, der Ted Ewigk hieß und sich wieder einmal Teodore Eternale nannte. »Erstens hätte ich überhaupt nichts tun können, außer mich selbst zu outen. Das hätte ich allerdings getan, wenn es nötig gewesen wäre. Aber zweitens war das Mädchen bereits tot, als zugestochen wurde. Schock.«
»Woher wollen Sie das wissen?« fragte der Schwarzhaarige mißtrauisch. »Wer sagt mir, daß das nicht bloß eine Ausrede ist, mit der Sie Ihren Kopf aus der Schlinge ziehen wollen?«
»Kommt darauf an, wie gut Ihre Pathologen sind«, erwiderte Ted Ewigk. »Ich sage Ihnen, wann der arme Teufel zustach, und wenn das Mädchen schnell genug gefunden und obduziert wird, läßt sich vielleicht eine sehr genaue Todeszeit feststellen. Vermutlich wird das Opfer gerade jetzt irgendwo aus dem Auto geworfen. Wahrscheinlich können Ihre Medizinmänner auch die wirkliche Todesursache herausfinden. Das Mädchen ist vor Schreck gestorben, noch ehe man es auf den Altar legte.«
»Woher wissen Sie das?« wiederholte der Schwarzhaarige seine Frage. »Verdammt, Ewigk, eigentlich müßte ich Sie verhaften!«
»Ihren besten Undercover-Mann?«
»Sie sind kein Polizist!« fuhr der Schwarzhaarige ihn an. »Sie sind Reporter! Und von denen weiß man doch, daß sie alles tun, um ihre Sensationen zu bekommen und für irrsinnige Honorare zu verkaufen…«
»Nett, Ihre Meinung von meiner Branche, Inspettore, aber das hilft uns hier nicht weiter. Sie werden mir schon glauben müssen. Verdammt, denken Sie, es macht mir Spaß, zuzusehen, wie jemand umgebracht wird? Und ich bin jetzt dran… ganz nah dran! Ein, zwei Tage noch, und ich liefere Ihnen diesen Blutpriester auf dem Silbertablett!«
»Mit schmutzigen Händen…«
Ted Ewigk stellte unter Beweis, wie perfekt er die schlimmsten italienischen Flüche beherrschte. »Meine Hände mache ich mir nicht schmutzig, Inspektor, und ich könnte wirklich das Zehnfache an Honorar herausholen, wenn ich auf eigene Faust recherchiert und mir nicht Ihre Rückendeckung geholt hätte… Moment mal, Caruso, haben Sie Ihrerseits nicht mit dem Staatsanwalt…?«
Kriminalinspektor Lamberto Caruso sah ihn nur finster an. Er pflückte eine filterlose Zigarette aus einer etwas zerknautschten, fast leeren Packung, setzte sie in Brand und blies Ted den Rauch entgegen.
»Also nicht«, stieß Ted Ewigk hervor. »Mehr ist Ihr Versprechen nicht wert? Sie wollen mich über die Klinge springen lassen, auf der ich balanciere?«
»Hören Sie, Ewigk, ich…«
»Ich höre nicht!« unterbrach der Blonde ihn kalt. »Ich habe mich auf Ihre Zusicherung verlassen. Wenn die plötzlich nichts mehr wert ist, weil Sie kalte Füße kriegen, ziehe ich die Sache auch ohne Sie durch! Bloß ist dann für Sie kein Beförderungs-Bonus mehr drin…«
»Als wenn der mich interessierte!« fauchte der Inspektor. »Wenn Sie sich selbst der Mittäterschaft schuldig machen…«
»Der Mitläuferschaft höchstens, aber das können Sie ab jetzt vergessen. Wissen Sie was? In…« er sah auf sein Armband-Chrono, »… in spätestens einer halben Stunde spreche ich mit dem Innenminister und bekomme seine Absolution, um es mal klerikal auszudrücken…«
»Kleri-was?«
Ted winkte ab. Er ging zur Tür.
»Halt!« bellte Caruso hinter ihm.
Ted stoppte. »Wollen Sie mich jetzt doch verhaften? Bitte… aber auch nach italienischem Recht können Sie mir ein Telefonat nicht verweigern, und mit dem hole ich den Innenminister notfalls auch aus seinem Bett oder dem seiner Geliebten…«
»Ich rede mit dem Staatsanwalt. Wenn dieses Opfer wirklich schon vorher tot war - sagen Sie, Ewigk, wieso hat das keiner gemerkt?«
»Vielleicht war es dem Blutpriester egal. Der Tod lag ja erst ein paar Minuten zurück… aber Sie wollten noch etwas sagen, inspettorel«
»Wenn das Opfer wirklich schon tot war, läßt sich sicher über Straffreiheit reden. Dann kommen Sie mit einem blauen Auge davon…«
»Ich rede doch lieber gleich mit dem Minister«, erwiderte Ted Ewigk. »Sie glauben das nicht? Ihr Problem, Caruso…«
Er verließ die Halunkenabsteige, die sich hochtrabend Hotel
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