0657 - Angst vor dem roten Phantom
Mit einem Bein kann man nicht viel anstellen. Aber ich fahre mal wieder hin.«
»Vielleicht sehen wir uns.«
»Ja - möglich.«
Die beiden Männer umarmten sich noch, dann verließ Romero die kleine Pension.
Er war vorsichtig, als er in die Düsternis hinaustrat. Obwohl er nicht daran glaubte, hatte er die Warnung des alten Zigeuners nicht vergessen. Bisher war nichts passiert. Richtig aufatmen aber würde er erst, wenn der Clipper in Rom gelandet war.
Der Fahrer gähnte, als Dino einstieg. »Wohin?«
»Heathrow, Airport.«
»Geht klar.«
Dino Romero schaute aus dem Fenster. Der Druck in seiner Brust verflüchtigte sich allmählich. Er war heilfroh, London wieder verlassen zu können.
Den Job hatten er und Felix hinter sich gebracht. Das heißt, Romero hatte geschossen, Felix war nicht in der Lage dazu gewesen. Er glich einem nervlichen Wrack. Dass er ein Kind überfahren hatte, konnte selbst er, ein Mörder, nicht verkraften.
Romero dachte nach. Hätte er noch länger mit Felix zusammengearbeitet, hätte er etwas sagen müssen. Jemanden mit derart schwachen Nerven konnte die Organisation einfach nicht gebrauchen.
Aber das war nicht sein Bier, sollten sich andere darum kümmern.
London war bereits erwacht, obwohl die Helligkeit des Tages noch nicht über der Stadt lag. Doch es gab genügend Verkehr, um erste Staus herbeizuführen.
Der Fahrer nahm den Motorway in Richtung Airport und hatte das Radio eingeschaltet. Nachrichten wechselten sich mit Musik und Kommentaren ab.
Dino hörte kaum hin. Hin und wieder drehte er sich um, weil er immer mit Verfolgern rechnete.
Doch innerhalb des Lichterreigens war kein bestimmtes Scheinwerferpaar auszumachen.
Da Romero keine bestimmte Zeit angegeben hatte, hielt sich der Fahrer an die allgemeinen Verkehrsbedingungen und rollte auf der mittleren Spur dahin.
Rechts überholten die anderen Autos, deren Fahrer es eiliger hatten.
Dino Romero saß schräg im Fond. So konnte er am besten die Beine ausstrecken.
Auch wenn er aus dem Fenster schaute, mit seinen Gedanken war er längst in Italien. Herrlich, dieses Rom. Dort würde er in den nächsten Jahren arbeiten und einen Job übernehmen, der seiner Intelligenz entsprach. Den Fußtruppen der Organisation war er mittlerweile entwachsen. Er wollte in die Spitze und dieser Weg war genau vorgezeichnet.
Wieder schob sich ein Fahrzeug heran, um das Taxi zu überholen. Während es draußen dämmerte und im Osten die erste Lichtflut über den Himmel strich, schaute Romero auf den hellen Scheinwerferteppich, den der überholende Wagen vor sich herschob.
Nichts Ungewöhnliches, das hatte es auf der Fahrt bisher schon oft genug gegeben.
Nur diesmal mit einem Unterschied. Der blasse Fleck wanderte weiter.
Dino schreckte hoch. Etwas Dunkles schob sich heran. Im selben Augenblick fuhren beide Wagen auf einer Höhe und sie blieben es auch. Aus dem zweiten Fahrzeug schauten Gesichter in das erste.
Hinter der leicht beschlagenen Scheibe wirkten sie wie Schemen.
Zwei Gesichter.
Eine Frau und ein Mann.
Beide Gesichter waren zu einem Lächeln verzogen, das konnte Romero noch erkennen. Tiefer im Hintergrund saß die Frau. Die interessierte ihn nicht, es war das Gesicht des Mannes, das er kannte.
In der Dunkelheit auf einer einsamen Straße hatte er es schon gesehen. Es war der alte Mann, der ihn gewarnt hatte. Und auch jetzt warnte er ihn, nicht mit Worten, nur durch Gesten.
Er hob die Hände an, streckte die Finger aus und ballte die Hände zu Fäusten, wobei er Drehbewegungen machte, als wollte er jemandem die Kehle zudrücken.
Dino Romero schluckte. Ohne es zu wollen, fasste er sich selbst an die Kehle. Er sah das Grinsen des anderen, dann gab der Fahrer des Wagens Gas - und rauschte vorbei.
Romero hatte nicht einmal die Automarke erkennen können, so schnell war alles passiert.
Schnaufend sank er zurück in den Sitz. In seinem Hirn jagten sich die Gedanken. Plötzlich fühlte er sich wie in einer Zelle und von Unsichtbaren belauert.
Sein Ziel Rom war auf einmal so unendlich weit entfernt. Die Begegnung hatte ihm klargemacht, dass die andere Seite nicht daran dachte, aufzugeben.
»Verdammt!«, ächzte er, lockerte seine Krawatte und wischte mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. »Das kann ins Auge gehen. Das kann noch ins Auge gehen…«
»Sagten Sie etwas, Sir?«
»Nein!«, blaffte Romero nach vorn. »Fahren Sie.«
»Wie Sie meinen, Sir.«
Es hatte für Romero keinen Sinn, sich an den Fahrer zu wenden. Ihm war
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