0657 - Angst vor dem roten Phantom
bestimmt nichts aufgefallen. Für den Mann musste es ein Wagen wie jeder andere gewesen sein.
Es würde noch dauern, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Romero war nicht der einzige Passagier, der eine der Frühmaschinen pünktlich erreichen wollte.
Zu den Hauptflugzeiten war es noch schlimmer. Da gab es fast nur Staus.
Dino setzte sich wieder aufrecht hin. Er wollte herausfinden, ob sich das andere Fahrzeug noch in der Nähe aufhielt. Vielleicht war es an seinem Fahrverhalten zu erkennen.
Nein, das brachte nichts. Dennoch erlebte er einen Schimmer der Hoffnung, denn aus der Ferne grüßten bereits die Lichter des gewaltigen Airports Heathrow, schon eine Stadt für sich. In der Dämmerung wuchs sie hervor wie eine lichtdurchflutete Glocke, die die Schatten der Nacht endlich vertreiben wollte.
Der Driver wollte etwas Freundliches sagen und winkte dabei nach hinten. »Wir werden ohne Schwierigkeiten durchkommen, Sir.«
»Schon gut.« Dino wollte keine Unterhaltung. Er wunderte sich über sich selbst. Er, der stets so eiskalt gewesen war, zeigte plötzlich Nerven. Diese Zigeuner mussten mehr Macht und Einfluss besitzen, als ihm lieb sein konnte.
War es Angst, die in ihm hochkroch?
So genau wusste er es nicht. Jedenfalls ein Gefühl der Unsicherheit. Und das hatte er seit Jahren nicht mehr erlebt. Hier braute sich etwas zusammen. Fünf Jahre seines Lebens hätte er dafür gegeben, jetzt schon im Clipper zu sitzen.
Stattdessen hockte er im Taxi, das den Motorway bereits über die Abfahrt verlassen hatte und auf den gewaltigen Komplex des Flughafens direkt zurollte.
Noch zwei weitere Taxen rollten mit ihnen und erreichten schließlich den großen Bereich des Abflugs.
Dino würde mit British Airways fliegen und genau vor dem Eingang stoppte der Fahrer.
»Wie viel habe ich zu zahlen?«
Die Summe, die er genannt bekam, war okay. Er legte noch ein Trinkgeld zu, nahm den Koffer an sich und ging rasch aus dem Licht der Leuchtstoffreklame. Im Schutze der Dunkelheit blieb er stehen, dabei den Heckleuchten des abfahrenden Wagens mit den Blicken folgend. Schließlich hatte die Finsternis sie aufgesaugt.
Tief atmete er durch. Die Hektik in dieser Umgebung nahm ihn gefangen.
Sie vertrieb seine düsteren Gedanken und er fragte sich, ob es alles tatsächlich gestimmt hatte, was ihm so unter gekommen war. War er tatsächlich von einem Wagen überholt worden, in dem der alte Zigeuner gesessen hatte? Oder war dies nur Einbildung gewesen?
Er fluchte, weil er nur noch eine Zigarette in der Schachtel fand. An diesem verfluchten Morgen ging eben alles schief.
Die meisten Fahrzeuge, die anfuhren und hielten, gehörten zu den dunklen Taxen. Nur wenige Passagiere wurden von Freunden oder Bekannten hergebracht. Diejenigen, auf die es ankam, sah er nicht unter den Aussteigenden.
Er trat die Zigarette aus und betrat mit raschen Schritten die Halle. Seinen Koffer hielt er fest, als wäre er das Wertvollste überhaupt in seinem Leben.
An einem Kiosk erwarb er gleich drei Schachteln Zigaretten. Die Verkäuferin hatte noch müde Augen und war schlecht geschminkt. Dementsprechend brummig bediente sie auch.
Anders sah die Person aus, die dicht hinter Dino stand. Er sah sie, als er sich drehte.
Ein tolles Gesicht, mit großen, dunklen Augen. Schwarzes Lockenhaar, perfekt geschminkt.
Die Frau trug einen vorn offen stehenden grauen Mantel in der modernen Glockenform. Der Rock war ziemlich kurz. Der Saum ihrer Kostümjacke erreichte ihn fast.
Sie lächelte knapp, doch ihre Augen lächelten nicht mit. Sie blieben eisig.
»Pardon«, sagte sie und schob sich an ihm vorbei. Er roch ihr schweres Parfüm. Irgendetwas aus Frankreich, sehr sinnlich, fast schon betäubend. Er hatte den Eindruck, dass diese Frau eigentlich das falsche Parfüm nahm.
Wie betäubt ging er zur Seite und blieb an einer Säule stehen. Die Frau kaufte ebenfalls eine Schachtel Zigaretten. Dinos Blick brannte auf ihren Rücken.
Beim Bezahlen drehte sie sich um, als hätte sie diesen intensiven Blick gespürt.
Dino schaute rasch zur Seite. Er wollte nicht, dass die Person auf ihn aufmerksam wurde.
Ihm fiel auf, dass die Unbekannte ohne Gepäck reiste. Nicht einmal eine Handtasche trug sie bei sich. Sie öffnete die Packung, holte ein Stäbchen hervor und kam zu Dino.
»Haben Sie bitte Feuer?«
»J… ja«, stotterte er. »Selbstverständlich habe ich Feuer.« Er kramte in der rechten Tasche.
Über die Flamme hinweg schaute sie ihn an. Dino sah nur die Augen, die ihn
Weitere Kostenlose Bücher