066 - Die Saat des Parasiten
kleine Scherben verteilten sich auf den Holzbohlen. Bonbons wurden in alle Ecken verstreut.
„Fort!" rief Andrew Hillair wieder. Er kam hinter dem Tresen hervor und griff nach Coco. Sie wich zurück. „Ich schließe", stieß Hillair keuchend hervor. „Ich mache den Laden dicht. Geht endlich, ich will keinen mehr sehen!"
„Es hat keinen Zweck, weiter zu diskutieren", sagte Dorian. Er zog Coco mit sich fort. Don Chapman lief an Hillairs Beinen vorüber und wandte sich gleichfalls dem Ausgang zu.
Hinter ihnen riß der grünhäutige Mann einen Ständer mit Waren um. Er stieß bösartige und lästerliche Verwünschungen aus. Sie standen kaum auf dem Bürgersteig, als die Tür hinter ihnen zuschlug. Dann wurde der Schlüssel umgedreht. Sie sahen nicht mehr, daß Andrew Hillair seine bewußtlose Frau an den Armen packte und durch den düsteren Korridor zerrte, weil ihm die Kraft fehlte, sie zu tragen.
Sie brauchten die Praxis des Arztes nicht lange zu suchen. Sie befand sich unweit des kleinen Platzes, an dem der Drugstore des Ehepaars Hillair lag. Das Haus von Dr. Mellows erhob sich dunkelrot und spitzgieblig über die angrenzenden Bauten. Es machte einen gepflegten Eindruck. In der Garage stand eine große Limousine, deren Türen eigenartigerweise offenstanden.
Die Freunde durchquerten den Vorgarten. Mitten auf einer Rasenfläche war das weiße Schild mit dem Namen des Arztes und der Sprechstundenzeit auf einem Holzsockel angebracht. Eine kurze Treppe führte zum Eingang hinauf.
Hinter der offenen Tür zeigte sich ein spiegelblankes Parkett - ein breiter Flur, der zum Wartezimmer führte. Dorian und Coco traten ein - der Puppenmann befand sich wieder in der Handtasche. Von einem bestimmten Punkt des Flurs aus konnte man durch das leere Wartezimmer in das Sprechzimmer blicken. Kein Patient schien sich im Haus zu befinden. Am hellen Schreibtisch hockte eine weißbekittelte Gestalt, die den Kopf in die Hände gestützt hatte. Die Freunde gingen auf sie zu. Sie gelangten in ein Behandlungszimmer, das mit allen modernen Apparaten ausgestattet war, soweit der Dämonenkiller dies beurteilen konnte. Sogar ein radioskopisches Aufnahmegerät war vorhanden.
Der Mann am Schreibtisch regte sich nicht. Er blickte nicht auf, schenkte ihnen keine Beachtung, sondern stöhnte nur leise.
„Dr. Mellows?" fragte Dorian.
„Ja, der bin ich", kam es dumpf zurück. „Wir sind gekommen, um Sie nach dem Ausmaß der Epidemie von Cluebury zu fragen. Bitte verweigern Sie nicht die Auskunft - wir sind keine Journalisten,. und jede Information wird selbstverständlich vertraulich behandelt." Dorian warf Coco einen raschen Blick zu. Sie nickte, hatte verstanden. Ihre magischen Fähigkeiten würden ihr erlauben, den Arzt auszuhorchen, auch wenn er sich sträubte. Sie besaß die Gabe, Menschen zu hypnotisieren.
Dr. Percy Bysshe Mellows lachte freudlos. Dann richtete er sich auf und wandte ihnen sein Gesicht zu. Es war grün, eingefallen und entsetzlich mager. Rötliche Augen fixierten die Freunde. „Es ist zu spät. Es wird keine Rettung geben. Für keinen."
„Was geschieht in Cluebury?" fragte Dorian eindringlich. „Warum haben Sie nicht längst die Behörden über die Seuche informiert? Warum wird nichts getan?"
„Epidemie - Seuche! Ihr Narren", stieß er mit krächzender Stimme hervor. „Ihr wißt auch nicht mehr als die Reporter, die gekommen sind und von denen die meisten einfach bleiben mußten, weil sie nicht mehr in der Lage waren, nach London zurückzukehren. Sie müssen Ihre verdammte Neugier teuer bezahlen." Er lachte hämisch und rieb sich die Hände.
„Sprechen Sie weiter", forderte Coco ihn auf.
„Nein. Hinaus jetzt. Ich habe genug geschwätzt. Verlaßt meine Praxis."
Coco nahm den Blick nicht von seinen Augen. Ihr war, als schaue sie dem Tod ins Antlitz. Die rötlichen Pupillen des Dr. Mellows schienen plötzlich anzuschwellen. Seine Lippen formten unverständliche Worte. Schweiß trat auf seine Stirn. Coco traf Anstalten, ihn zu hypnotisieren. Aber dann ereignete sich das Unerwartete.
Dr. Mellows sprang unversehens auf. Fluchend griff er nach einem kupfernen Briefbeschwerer und schleuderte ihn auf Coco. Sie sprang zur Seite, ließ ihn aber keine Sekunde aus den Augen. Er lief ein paarmal auf und ab, wie ein zorniges Raubtier in seinem Käfig. Dann rannte er zu einem zinkeingefaßten weißen Bestecktisch. Die Aufschläge seines Kittels flatterten. Knurrend griff er nach einem größeren skalpellartigen
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