066 - Die Saat des Parasiten
weiß, daß sich das, was in ihm haust, mit allen Mitteln dagegen wehrt. Es wird nicht leicht sein, aber ich bitte dich, es noch einmal zu versuchen."
Er wandte sich an Don, der auf der Liege kniete und den Befallenen interessiert musterte.
„Hör zu, ich glaube, es ist besser, wenn du sofort versuchst, Verbindung mit Trevor Sullivan aufzunehmen. Die Lage spitzt sich zu, und die Zeit drängt."
„Einverstanden." Mehr sagte Don nicht. Er ließ sich an einem der matt glänzenden Stahlbeine der Liege zu Boden gleiten und ging flink auf die Tür zu, die ins Wartezimmer führte.
„Wäre es nicht besser, wenn du ihn ein Stück mit dem Wagen begleiten würdest?" warf Coco ein. „Es ist zwar nur eine halbe Meile bis nach Maynard's Castle, aber schließlich sind für Don die Distanzen mehr als dreimal so lang wie für uns."
Der Puppenmann winkte ab. „Nicht nötig. Ich finde immer einen Weg, unnötige Anstrengungen zu vermeiden. Dorian ist hier jetzt wichtiger. Sobald ich mit Trevor gesprochen habe, melde ich mich wieder."
„Hals- und Beinbruch", sagte der Dämonenkiller noch. Dann drehte er sich wieder dem röchelnden Arzt zu, der auf seiner eigenen Behandlungsliege angeschnallt lag.
Der Puppenmann verließ die Praxis und eilte im Laufschritt durch den Vorgarten. Außer dem Rover, den Dorian auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt hatte, stand auch noch die große Limousine von Dr. Mellows zur Verfügung.
Freilich nicht für Don.
Er maß dreißig Zentimeter, seitdem ihn ein Dämon zur Wichtelgröße hatte einschrumpfen lassen. Somit hatte er keine Möglichkeit, ein Auto oder auch nur ein Fahrrad zu benutzen. Dafür nutzte er alle Vorteile, die ihm sein Zwergendasein brachte.
Er lief zum nördlichen Ende des Dorfes, auf Maynard's Castle zu. Don war mit den Örtlichkeiten gut vertraut, einmal weil er früher schon einmal in dieser Gegend gewesen war, zum anderen, weil er vor der Abfahrt eine Karte im Keller der Jugendstilvilla studiert hatte.
Am Ortsrand stieß er auf eine Gruppe von Menschen. Es waren Männer aus Cluebury. Sie mußten aus dem Dorf stammen, denn alle hatten sie grüne, leidende Gesichter.
Don befand sich auf freiem Feld. Sonst hätten sie ihn niemals erkennen können. Er lief just in dem Moment, als sie zwischen den roten Häusern hervorgeeilt kamen, über eine Wiese, die vor kurzem gemäht worden war. Die Männer schrien durcheinander und gestikulierten. Einzelne Sätze konnte der Puppenmann verstehen.
„Da ist einer der Kerle!"
„Er gehört zu den drei Schnüfflern!"
„Ein Bastard!"
„Werft ihn in den Fluß!"
„Hängt ihn auf!"
Don rannte so schnell er konnte. Selbstverständlich nützte ihm das nicht viel. Die Männer, es handelte sich um ein Dutzend - hetzten ihm nach und holten schnell auf, weil sie sechsmal so groß waren wie er. Don hörte jetzt auch das Bellen von Hunden und erschrak.
Ein Mensch von normaler Größe konnte vielleicht mit einem Jagdhund fertig werden - nicht aber ein Puppenmann. Don mußte sich schon vor Katzen in acht nehmen, denn schon mehr als einmal hatte ihn eine fangen und fressen wollen. Natürlich trug er seine Miniaturpistole bei sich - doch er war sich nicht sicher, ob er sich damit gegen einen großen Jagd- oder Schäferhund zur Wehr setzen konnte.
Die Wolken rieben sich aneinander, und der laue Wind nahm an Heftigkeit zu. Vereinzelt war in der Ferne Wetterleuchten zu erkennen. Unter dem düsteren, drohenden Himmel liefen die Befallenen von Cluebury und setzten alles daran, dem unwillkommenen Besucher den Garaus zu machen.
Don blickte über die Schulter zurück und sah die Verfolger wie Giganten hinter sich. Jetzt erkannte er auch die Hunde, einen Dobermann und einen weißen Setter.
Plötzlich wurde das Gelände abschüssig. In der Ferne erhoben sich die Baumwipfel eines größeren Waldes. Dahinter mußte Maynard's Castle liegen. Don konnte das Ziel unmöglich vor den Verfolgern erreichen. In seiner Verzweiflung ließ er sich einfach fallen.
Schnell rollte er den Hang hinab. Unter ihm raschelte und knisterte es, und er wußte, daß er sich auf grasbewachsenem Terrain befand. Aber er hörte auch die Schritte der Männer und das Schnaufen der Hunde.
Dann spürte Don keinen Boden mehr unter sich. Einen Augenblick flog er durch die Luft. Dann platschte es, und Kälte umfing ihn. Instinktiv hielt er die Luft an, denn er war im Wasser gelandet. Sofort besann er sich auf die Schwimmausbildung, die er einmal genossen hatte. Er drehte sich
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