0674 - Im Höllenloch
hinzogen. Aber die Seite oder Wand gegenüber war mit den kleinen Balkonen bestückt. In unterschiedlicher Höhe schauten sie aus der Wand hervor. Die Verbindungsgänge lagen dort wie schwarze, breite Striche.
Es gab kein Licht. Die Dunkelheit hatte sich wie ein Sack über den Hof gestülpt, und Suko fiel plötzlich auf, daß in der Finsternis eine dünne, kleine Flamme tanzte. Sehr hektisch und zuckend, noch einmal aufflackernd, dann war sie weg.
Was konnte das sein?
Er dachte nach und kam zu dem Entschluß, daß dieses Feuer durchaus von einer Laterne hätte stammen können.
Und genau die hatte der Führer bei sich getragen.
Befand er sich noch in der Nähe? Wenn ja, warum war er nicht verschwunden? Möglicherweise deshalb, weil er warnen wollte?
Suko war beunruhigt und gewarnt. Er ließ den Balkon nicht aus den Augen. Ein sehr schmaler Sims, der so wirkte, als würde er jeden Moment abfallen.
Er warnte Mandra noch nicht, weil der Freund mit Rifa noch flüsternd Einzelheiten weiterer Pläne besprechen wollte. Dafür ging er noch zwei Schritte vor, so hatte er einen besseren Blickwinkel und war auch näher an das Ziel herangekommen. Seine rechte Hand fuhr ausgestreckt in die Tasche, wo die Finger die schmale und sehr lichtstarke Leuchte umfaßten. Er wollte sie einsetzen, und er würde dabei blitzschnell vorgehen. Zudem hatte Suko den Eindruck, als hätte sich hinter den Stangen etwas bewegt, was dunkler war als die Nacht.
Einer von der Leibgarde des Beinlosen?
Suko hielt die Lampe frei. Er kickte sie, um sie in den richtigen Winkel zu bringen.
Endlich hatte Mandra etwas bemerkt. Er hatte bereits zu einer Frage angesetzt, Sukos warnendes Zischen jedoch ließ ihn verstummen. Im selben Augenblick schaltete der Inspektor seine Leuchte ein.
Schräg wie der Suchscheinwerfer eines Flakgeschützes glitt der Strahl in die Höhe.
Suko erwischte den Balkon. Der Lichtkegel, breit wie eine Hand und nicht auf den Punkt gebracht, leuchtete auf den Balkon und traf ein verzerrtes Gesicht, denn die Gestalt in ihrer dunklen Kleidung hatte sich gehockt.
Das Licht überraschte sie.
Mit einem Satz schnellte sie hoch, um über das seitliche Gitter hinweg auf den Laufsteg zu klettern.
Er war schnell, er war geschmeidig, aber nicht flinker als der Lampenstrahl. Der bannte ihn fest.
»Ein Idiot«, flüsterte Suko, als sich der Typ auf dem Gitter bewegte. »Der schafft es nicht.«
Er hatte inzwischen einen zweiten Balkon erreicht, der um einen Yard tiefer lag.
»Vorsicht, da ist der zweite!«
Mandra warnte, und Suko sah die schwarze Gestalt von einem tiefer liegenden Balkon nach unten springen. Noch während des Flugs zog er seine Waffe.
Es war ein Schwert mit langem Griff, und er hielt es mit beiden Händen fest.
Schreiend rannte er auf Mandra Korab und Rifa zu. So wie er angriff, sah es aus, als wollte er beide töten.
Mandra huschte zur Seite. Er wollte den Mann ablenken, der aber dachte nicht daran. Er nahm Rifa als Ziel, sprang noch einmal hoch und riß auch die Arme mit der Waffe in die Höhe.
Bevor er sie nach unten schlagen konnte, traf ihn einer der sieben Dolche.
Sein Sprung geriet ins Stocken. Er bewegte sich zuckend. In seine dunkle Kleidung war die rote Klinge gedrungen, und dann geschah etwas, womit weder Mandra noch Suko gerechnet hatten.
Der Killer verfärbte sich. Aus seiner Haut drang Dampf wie Zitterwolken.
Mandra hetzte auf ihn zu. Er wollte ihn noch abfangen, bevor er fiel, aber der Angreifer rutschte ihm durch die Hände. Mandra zog den Dolch aus dem Körper.
Er sah das Loch im Stoff, auch die Wunde, aus der Qualm kroch und kein Blut floß.
Der Rauch lag auch wie dünner Nebel auf dem Gesicht des Mannes. Darunter sah die Haut aus wie eine alte Rinde. Aus dem Mund, der nicht mehr als ein Loch war, drang ein hohl klingendes Pfeifen.
Auf Mandra Korabs Rücken lag eine Gänsehaut. Wen hatte er da vor sich? Der Inder konnte nicht mehr nachfragen, denn der Schwerverletzte bäumte sich noch einmal hoch und starb.
»Suko?«
Mandra bekam keine Antwort. Als er den Kopf drehte, sah er den Inspektor.
Suko hatte bereits einen der Balkone erklommen, um die Verfolgung des zweiten aufzunehmen, denn der war hinter einer schmalen Tür verschwunden.
»Wo willst du hin?«
Suko sprang über ein Gitter. Er preßte sich neben dem Eingang gegen die Wand, weil er nicht in die Falle laufen wollte. Schritte hörte er nicht. Es konnte sein, daß der Kerl den Raum schon durchquert hatte und verschwunden war.
Nicht
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