0674 - Im Höllenloch
in Sukos Sinne, der sich duckte und dann sehr flach durch die offene Tür sprang.
Er hörte den Schrei, er sah die Gestalt, und er sah das Schwert, das schräg von oben nach unten mit einer mörderischen Wucht auf ihn zuraste. Abwehren konnte er die Klinge nicht, er mußte nur schneller sein und schaffte es mit einem Reflex. Blitzartig rollte er sich zur Seite. Die Klinge wischte an ihn vorbei und ratschte mit einem hellen Klingen über den Boden.
Zu einem zweiten Schlag kam der Mann nicht mehr. Suko trat mit beiden Beinen zu.
Auch wenn der weite Stoff dem Treffer etwas von seiner Wucht nahm, reichte er doch aus, um den Kerl zurückzuschleudern. Er hielt das Schwert noch fest, stolperte noch mehr nach hinten und übersah die offene Tür vor dem Balkon.
Das Gitter war nicht hoch. Es reichte ihm nicht einmal bis zu den Hüften.
Da reichte schon eine kleine Berührung.
Suko hatte den Mann noch packen wollen, er war zu spät gekommen. Als er den schmalen Balkon betrat, sah er gerade noch die Beine, die senkrecht standen.
Wie ein großer Vogel fiel der Mann in den Hof, blieb dort liegen und rührte sich nicht.
Suko wußte nicht, ob er tot war, trat dicht an das Gitter heran und winkte Mandra Korab zu.
»Ich schaue mal nach.«
Der Inder kümmerte sich um den Gefallenen, und Suko verließ den Balkon auf dem normalen Weg über die Trittbretter hinweg. Neben Mandra blieb er stehen.
»Wie sieht es aus?«
»Sehr ernst.« Der Inder deutete auf den Kopf. »Er hat sich zumindest eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen.«
»Und der andere?«
»Ist tot. Mein Dolch brachte ihn um, aber auf eine ungewöhnliche Art und Weise starb er. Seine Haut veränderte sich. Aus den Poren drang Rauch, ich kann mir das im Moment nicht erklären.«
»Aber ich.« Beide schauten auf, als Rifa zu ihnen kam und sehr ernst nickte.
»Wie denn?«
»Er ist ein Mensch gewesen, der versucht hat, den dämonischen Zustand zu erreichen. So wie wir die höheren Ebenen anschweben, versuchen es die Diener des falschen Buddhas auch. Sie gehen nur den Weg der Finsternis und nicht den der Erleuchtung.«
»Moment«, murmelte Suko, »dann ist er praktisch halb Mensch und halb Dämon gewesen.«
»So können wir es sehen.«
»Hast du das schon erlebt?«
»Nein.« Mandra schüttelte den Kopf. »Nicht nach der Lehre des Buddhismus.«
»Er hat ihr abgeschworen!« meldete sich Rifa. »Ich habe gedacht, mit ihm fertig zu werden, als er mich angriff, aber ich hätte es wohl nicht geschafft.«
»Bei einem normalen Menschen ja?«
»Verlaßt euch darauf.«
Mehr brauchte der andere nicht zu sagen. Beide Männer glaubten ihm auch so.
»Deine Waffe war magisch, Mandra?«
»Ja, es sind sieben Dolche. Einst befanden sie sich im Besitz des Gottes Schiwa, und ich konnte sie nach langer Suche finden.«
»Gib gut auf sie acht.«
»Darauf kannst du dich verlassen.«
Rifa nickte. »Wir sollten jetzt gehen«, schlug er vor. »Das hier ist keine gute Gegend für uns:«
»Rechnest du mit weiteren Angriffen?«
»Nicht direkt. Ich spüre nur, daß mein Feind sehr nahe ist. Der beinlose Götze wird es kaum hinnehmen, daß wir ihm seine Diener wegnehmen! Ich rechne mit einem Anschlag und…« Er verstummte mitten im Satz und duckte sich.
»Was hast du?«
»Ich glaube, er ist schon hier.« Der ungewöhnliche Mann drehte sich um und schaute in die Höhe.
Auch Mandra und Suko folgten seinem Blick. Noch sahen sie nur einen dunklen Ausschnitt des Himmels. Es tat sich da nichts, und auch nicht auf den Dächern der Häuser.
Trotzdem hatte er sich nicht getäuscht.
Denn zwischen Himmel und Dach schwebte eine Gestalt hervor. Hockend, ohne Beine, nur in Umrissen zu erkennen, mit plötzlich glühenden Augen, aus denen Flammen schlugen.
»Das Feuer des Todes!« rief Rifa. Seine Augen weiteten sich in Panik. »Wir müssen weg! Sofort…!«
Er rannte als erster und nahm den selben Weg, den sie auch gekommen waren.
Mandra eilte ihm nach. Suko wartete noch eine Sekunde. Er bekam mit, daß sich das Feuer aus den Augen vermehrte und als gewaltiger Glutball in den Hof sank, bevor es die Verfolgung aufnahm und alles niederbrannte.
Für Suko, Mandra und Rifa zählte jetzt jede Sekunde…
ENDE des ersten Teils
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