0690 - Leilas Totenzauber
nickte nur und fuhr vorbei.
Suko hatte einen Blick in den Mercedes geworfen und keinen Menschen darin gesehen.
»Der Wagen ist leer.«
»Dann sind sie im Haus und auf dem Grundstück.«
»Wie viele genau?«
»Das konnte mir Jane leider nicht sagen. Wir müssen mit einer Übermacht rechnen.«
»Viel Spaß.«
Ich lenkte den Rover in die Deckung eines Baumstamms. Die alte Kastanie stand schon in voller Blüte. Der Wind der letzten Nacht hatte einen Teil ihrer Blütenkerzen abgerissen und zu Boden geschleudert. Sie klebten jetzt auf dem nassen Asphalt.
Wir stiegen aus, überprüften unsere Waffen, die griffbereit saßen. Bei unseren Einsätzen mußten wir immer damit rechnen, sie einzusetzen. Es würde ziemlich hart werden.
Ich besprach mich mit Suko. Beide überlegten wir, ob es besser war, wenn wir uns trennten.
Mein Freund war dafür, uns erst einmal umzuschauen und nach den momentanen Gegebenheiten zu handeln.
Der Wind blies kalt gegen unsere Gesichter. Trotz der dicken Kleidung erreichte er meine Haut, so daß ich fror.
Regungslos stand der Mercedes am Straßenrand. In seinem Innern bewegte sich ebenfalls nichts.
Nur eine rote Warnlampe glühte. Ein Zeichen, daß die Alarmanlage eingeschaltet worden war.
Es gab keinerlei Schwierigkeiten, auf das Grundstück zu gelangen. Die Mauer ließ sich leicht mit einem Schritt überwinden. Sie diente mehr der Dekoration.
Dann aber mußten wir in Deckung, denn ein Mann bewegte sich in der Nähe des Hauses.
Suko und ich duckten uns hinter den Bambussträuchern zusammen. »Das ist nur einer«, murmelte ich.
Mein Freund schüttelte den Kopf. »Nein, am Haus sehe ich noch einen zweiten.«
»Das packen wir doch - oder?«
»Ich schon.«
»Spaßvogel.«
Wir stimmten unser Vorgehen ab. Die beiden Männer rührten sich nicht von der Stelle. Suko wollte den am Fenster nehmen, ich den anderen, der sich in der Nähe des Eingangs aufhielt und so stand, daß er auch hinter das Haus schauen konnte.
»Klar?« fragte ich.
Suko nickte.
Wir wollten los, es war alles so klassisch geplant, doch das Schicksal spiele nicht mit. Es machte uns einen gewaltigen Strich durch die Rechnung…
Jane Collins starrte an der Sesselseite hervor und war wie gebannt. Sie hätte nicht damit gerechnet, daß sich diese Szene so schnell wiederholen würde, aber jetzt sah sie mit eigenen Augen, wie die Kugel sich allmählich senkte und dem Boden entgegenschwebte, als wollte sie dort aufticken, um anschließend weiterzuschweben.
Die schlanken Frauenhände hielten sie auch weiterhin fest. Jane sah die Gestalt und auch das Gesicht. Etwas anderes lenkte sie ab, weil der Oberkörper halbnackt war.
Die Person trug eine weiße Bluse, die nicht geschlossen war. Runde weiße Brüste quollen hervor, die im krassen Gegensatz zu dem pechschwarzen Haar der geheimnisvollen Kugelhalterin stand.
Sogar das Gesicht konnte Jane erkennen, obwohl es sich noch nicht voll materialisiert hatte. Es war sehr fein geschnitten und von einer beinahe klassischen Schönheit.
Da die dunklen Haare als wahre Flut auf dem Kopf wuchsen, wurden sie dicht über der Stirn von einem breiten Tuch gehalten, das die Person um ihren Kopf geschlungen hatte. Ein farbiger, duftiger Stoff, bei dem das Rot überwog.
Kein dunkles, blutiges Rot, eher hell und freundlich.
Die Hände bewegten sich weiter, und mit ihnen natürlich auch die Kugel mitsamt ihrem Inhalt.
Jane hatte sie schon platzen sehen, sie rechnete damit, daß das gleiche auch jetzt geschehen würde, und wartete mit angehaltenem Atem auf den ersten Kontakt.
Nur sie bekam die Szene mit. Der Wächter draußen drehte dem Fenster noch immer den Rücken zu.
Es war auch nichts zu hören, denn die Hände der Frau senkten die Kugel lautlos.
Jane hatte das Gefühl, ein Märchen zu erleben. Seltsamerweise spürte sie keine Furcht. Die Nähe der Männer hatte ihr Angst eingejagt, aber nicht das Vorhandensein der Kugel, obgleich sich die Gestalt darin als Mörder entpuppt hatte.
Einen Zusammenhang konnte Jane Collins nicht herstellen. Okay, der Dieb oder Eindringling war umgebracht worden, nur wußte sie nicht, was er mit der Gestalt in der Kugel zu tun hatte.
Die Detektivin merkte kaum, daß ihre Glieder einschliefen. Es gelang ihr nicht, den Blick von dieser unheimlichen Szene zu nehmen. Sie wunderte sich schon darüber, daß sie es schaffte, gegen die Decke zu schauen, die allerdings völlig normal aussah und eine in der Dunkelheit graue Fläche bildete, ein normales Rechteck,
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