0690 - Leilas Totenzauber
flößte ihr trotzdem keine Furcht ein. Auch schaute sie der Unbekannte mit einem besonderen Blick an. Nicht etwa gierig, dafür forschend, als wollte er bis in die Seele der Frau hineinblicken, um dort zu erkunden, wen er nun vor sich hatte.
Wie stand sie zu ihm?
Jane wartete ab.
Es verstrich Zeit. Von den anderen beiden Männern aus dem Keller hörte sie nichts.
Plötzlich schüttelte der Krieger seinen Kopf. Etwas hatte ihn irritiert oder abgelenkt. Sein Gesicht nahm für einen Moment einen schon drohenden Ausdruck an, bis sich die Züge entspannten und er Jane praktisch mit einem Nicken begrüßte, als wollte er ihr sagen, daß er sich in ihr getäuscht hatte.
Jane konnte sich diese Wandlungen nicht erklären. Aber sie mußten etwas mit ihrer Person zu tun haben.
Hatte der Fremde möglicherweise bemerkt, daß noch ein kleiner Teil des Hexenerbes in ihr schlummerte, denn sie hatte einmal dem Teufel gehört oder war ihm sehr zugetan gewesen. Noch immer schlummerte ein winziger Rest dieser alten Hexenkraft in ihr, aber daran wollte sie jetzt nicht denken.
Die Gefahr war vorbei.
Für sie, für die anderen nicht.
Wieder flirrte der Fremde auf der Stelle herum, als hätte er einen Befehl erhalten.
Sein Blick glitt auf die Scheibe zu, erfaßte den Wächter, der davorstand, und der den Kämpfer im selben Augenblick entdeckte.
Sein rechter Arm flog hoch.
Jane sah die schwere Waffe in der Faust, einen Herzschlag später die fahlen Mündungslichter, dann spie der Revolver die Kugeln aus, denen die breite Scheibe keinen Widerstand entgegensetzen konnte und die mit lautem Krachen zerbarst.
Jane warf sich hinter den Sessel in Deckung. Für sie war eine Hölle ausgebrochen…
***
Die beiden Eindringlinge redeten kein Wort miteinander. Es war alles zwischen ihnen gesagt worden, denn ab jetzt zählte einzig und allein der Erfolg.
So recht daran glauben, konnten sie nicht. Wenn das allerdings eintrat, was sie befürchteten, dann sah es nicht gut aus. Dann hatte sie ein alter Fluch eingeholt, von dem immer wieder in vielen Geschichten berichtet wurde.
Gerade im Orient war dieser Fluch bekannt. Ein jeder kannte den Geist, ein jeder kannte die Methoden der Rache. Von Marokko bis nach Saudi Arabien und vom Yemen bis in die Türkei.
Sie hatten die Kellertreppe erreicht, blieben noch für einen Moment stehen, weil sich einer von ihnen umschaute.
»Was hast du?«
»Es ist nicht gut. Keine gute Atmosphäre. Ich glaube, daß wir gesehen worden sind.«
»Von wem?«
»Ich weiß es nicht, ich spüre es nur.«
»Hör auf, geh weiter. Ich will endlich sehen, ob es geschehen ist öder nicht.«
Sie gingen in den Keller, sie machten auch Licht, denn sie fühlen sich geborgen.
Und sie sahen die offene Tür.
Sekunden später standen sie im Raum, wo der Tote lag und fast in seinem Blut schwamm.
»Bei Allah!« keuchte einer der beiden und preßte eine Hand vor sein Gesicht. »Es stimmt.«
Der andere sagte nichts.
Aber beide hörten die dumpfen Echos der Schüsse, die an ihre Ohren drangen.
Da wußten sie, daß dieses mörderische Spiel weiterging…
***
Vielleicht fünf oder sechs Schritte kamen wir weit, als die Schüsse die Stille des Abends zerrissen.
Gleichzeitig mischte sich in die Detonationen ein lautes Krachen und Klirren, das Zeichen dafür, daß eine Fensterscheibe zu Bruch gegangen war.
Noch immer sahen wir kein Licht, aber vor uns, wo das Gelände zum Haus hin leicht anstieg, war die schattenhafte Bewegung eines Mannes zu sehen, der auch geschossen haben mußte.
Ich bekam Angst um Jane. Denn dort, wo die Kugeln die Fensterscheibe zertrümmert hatten, mußte auch sie sich befinden. Suko dachte ebenso wie ich. Wir hatten unsere Waffen gezogen und rannten dem Ziel entgegen. Dabei begingen wir nicht den Fehler, uns zu offen zu zeigen, wir schlugen Haken wie Hasen, suchten hinter verschiedenen Büschen Deckung, wischten weiter, denn wir blieben nie länger als ein oder zwei Sekunden hinter den Sträuchern.
Von Jane sahen wir nichts. Aber den Kerl mit der Waffe entdeckten wir. Sein Verhalten wunderte uns. Eigentlich hätte er das Haus auf dem direkten Weg betreten müssen, schließlich war die Scheibe von ihm zerschossen worden, er tat es aber nicht, sondern blieb in einer gewissen Entfernung stehen, um durch die Lücke in den Wohnraum zu schauen.
»Das begreife ich nicht«, flüsterte Suko.
»Ebenfalls.«
Wir hörten aus dem Haus keinen Schrei und auch keinen Schuß. Der Kerl mit der Waffe stand da wie
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