0694 - Lavalles Todesspur
Lippen.
Jane hielt auf ihn zu.
Der Kerl blieb stehen!
Jane Collins traute sich einfach nicht, das Tempo zu erhöhen. Sie war keine Killerin, die es darauf ankommen ließ und den Mann einfach überfuhr.
Aber er ging nicht weg!
»Scheiße!« fluchte Jane und riß das Lenkrad herum. Es geschah im letzten Augenblick, sonst hätte sie den Mann doch noch erwischt. So huschte sie sehr nahe an ihm vorbei, so nahe, daß er es noch schaffte, mit den Fäusten auf das Dach zu hämmern.
Die Schläge wummerten wie Voodoo-Trommeln durch den Wagen, aber mehr tat er nicht, denn er konnte das Fahrzeug nicht aufhalten, das Jane zudem beschleunigte.
Ihre Augen weiteten sich, als von der linken Seite ein anderes Fahrzeug erschien.
Es war größerer, ein Lieferwagen. Zum Glück konnte der andere Fahrer noch rechtzeitig bremsen, und Jane huschte mit ihrem Golf dicht vor der Kühlerschnauze des anderen Fahrzeugs vorbei.
Damit hatte sie auch die Einfahrt des Parkplatzes erreicht, eine breite Schneise, deren Boden mit kleinen Steinen und dünnem Split ausgefüllt worden war.
Geschafft!
Sie war ruhiger geworden, schielte gegen die zerborstene Scheibe, durch die der Wind pfiff.
Sie allein war der Beweis dafür, daß sie sich nicht getäuscht hatte. Dieser Mann, aus dessen Maul sich ein widerlicher Aal mit mörderischen Zähnen gedrückt hatte, war keine Einbildung gewesen, sondern verflucht echt.
Als sie das Zittern überkam, eine Folge des Schocks, fuhr sie links heran, wo sie eine schmale Parklücke entdeckt hatte. Dort blieb Jane stehen, preßte ihre Hände gegen das Gesicht mit der zittrigen Haut und dachte nach.
Was hatte sie falsch gemacht? Weshalb war sie von dieser schmalen Bestie attackiert worden?
Sie konnte sich selbst keine Antwort geben, denn mit derartigen Kreaturen hatte sie noch nie zu tun gehabt. Da war ein Mensch von einer dermaßen perfiden Art und Weise von einem Dämon besessen, wie es kaum glaubhaft war. Was steckte dahinter?
Ihre Arme sanken nach unten, das Gesicht lag wieder frei, und Jane sah es im Innenspiegel.
Sie entdeckte auch die Blässe auf ihren Zügen und die blassen, blutleeren Lippen.
Was bedeutete der Angriff? Sie konnte nämlich nicht glauben, daß es auf einen Zufall zurückzuführen war. Nein, das bestimmt nicht.
Sie fuhr wieder an.
Immer noch der Meinung, verfolgt zu werden. Es hätte sie nicht gewundert, wenn der Penner plötzlich über ihr gewesen wäre. Aber da lag nur der Himmel, aus dem sich der Dunst wie eine nie abreißende Fahne in die Tiefe senkte.
Der Angriff war ein Fall gewesen, ein Fall für sie, aber auch ein Fall für John Sinclair…
***
»O ja, das ist stark«, sagte mein Freund nun und nickte dabei, als wir vor dem schmalbrüstigen Haus stehenblieben, das so aussah, als würde es zusammensacken, wenn es nicht durch die Bauten rechts und links noch daran gehindert worden wäre.
»Was ist stark?« fragte ich.
»Das Hotel.« Suko deutete auf die Leuchtschrift, die trübe durch den Dunst schimmerte und über dem Loch des Eingangs einen Halbkreis bildete.
TEL - stand da nur. Die beiden vorderen Buchstaben, das H und das O, waren zersplittert.
Eine Absteige der dritten oder der fünften Klasse, aber hier sollte sich ein Mann aufhalten, der aus New York gekommen war und der uns wahrscheinlich mehr über einen mächtigen Voodoo-Priester namens Lucien Lavalle erzählen konnte, den wir jagten und der uns leider in Dortmund auf der Roman- und Comicbörse entkommen war, wobei er dort Angst, Panik und den Tod hinterlassen hatte.
Lavalle war eine Comicfigur, die tatsächlich existierte. Er hatte es bei seinem Auftritt in Dortmund bewiesen und auch hier in London, wo Suko und ich zum erstenmal seine Spur aufnehmen konnten.
Lavalle, ein hünenhafter Schwarzer aus der Karibik, stand mit finsteren Mächten in Verbindung.
Wen er alles beschworen hatte, wußten wir nicht, aber es waren Dämonen darunter, die aussahen wie Aale und sich in die Körper der Menschen festbissen, um sie zu vernichten. Sie kannten kein Pardon, sie waren grausam, und sie wurden durch ihn, Lavalle, geleitet, der zu den mächtigen und großen Zauberern gehörte, die sich Bocor nannten. Menschen, die einen Weg gefunden hatten, der ihnen das Pandämonium eröffnete, die Urzeit-Dämonen näherbrachte, wie eben diese wurmartigen Geschöpfe mit den Silberaugen, die es dann sogar schafften, sich in Wesen zu verwandeln, die eine gewisse Ähnlichkeit mit kleinen Alligatoren aufwiesen.
Das alles lag hinter uns,
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