0697 - Der Elefanten-Dämon
Seneca her.
Wahrscheinlich würde das ganze Gebäude zusammenkrachen und die Roten Khmer unter sich begraben. Ein Grund mehr für ihn, so schnell wie möglich aus dieser Todesfälle zu verschwinden.
Den Armreif konnte er nun zwar abschreiben. Aber sein nacktes Leben war ihm in diesem Moment doch zu wertvoll.
Endlich bemerkte er das fahle Licht des wolkenverhangenen Himmels außerhalb des Geheimganges. Seneca stolperte auf den Ausgang zu. Wieder zwängte er seinen Körper durch die enge Pforte.
Da richtete sich eine MPi-Mündung auf seinen Schädel!
Natürlich hatten die Roten Khmer einen Posten an der Pforte zurückgelassen.
Seneca hatte die Nase voll von den Brüdern. Er drehte sich blitzschnell um die eigene Achse und ließ seine Faust gegen die Schläfe des Dschungelsoldaten krachen.
Der Mann im schwarzen Pyjama sackte in sich zusammen.
Seneca verfiel in Laufschritt und machte, dass er möglichst schnell von diesem verfluchten Ort wegkam. Jetzt konnte er wirklich gut einen Drink gebrauchen.
Doch eines vergaß Seneca nicht.
Den Anblick des steinernen Buddhas, der ihm zugezwinkert hatte.
***
Srang grollte.
Der Elefanten-Dämon hatte diese weiße Frau Yvonne Berthemy bereits in den Händen seiner Diener gewusst. Und dann war sie ihnen wieder entrissen worden. Das hatten ihm die überlebenden blinden Bokors berichtet.
Eine starke weiße Zauberkraft war im Spiel gewesen. Eine Magie, der seine treuen Kobolde nichts entgegensetzen konnten.
Schlimmer noch. Durch diese weiße Magie war seine treueste Dienerin, Carol Putney, vernichtet worden!
Das schrie nach Rache.
Srang erhob sich langsam von der Ruhestätte in seiner Felsen-Festung. Die blinden Bokors sprangen aufgeregt um ihn herum. Sie ahnten bereits, was ihr Herr und Meister vorhatte.
Der Elefanten-Dämon hob seinen Rüssel. Er stieß ein Trompeten aus, das unendlich viel bedrohlicher und zorniger klang als das eines normalen Dickhäuters.
Dann taten sich die Pforten der Felsen-Festung vor ihm auf. Der Elefanten-Dämon verließ sein Refugium.
Srang marschierte Richtung Angkor.
Eine Spur der Zerstörung hinter sich lassend.
***
Die tropische Abenddämmerung dauerte nur kurz.
Für Moment wurde die dichte Wolkendecke durch einige Böen zerrissen. Die Türme und Tempel der weitläufigen Ruinenstadt schienen in goldenem Sonnenlicht zu erstrahlen.
Rana hatte es vorgezogen, den fliegenden Speed Truck wieder auf die Straße abzusenken und auf normalem Weg Richtung Angkor zu fahren. Aber auch hier, auf der Route National 6, hatten sie einen Panormablick auf die geheimnisvolle Stadt im Dschungel.
»Kennt ihr eigentlich die Wahre Bedeutung von Angkor?«, erkundigte sich Rana.
»Angkor ist eine exakte Nachbildung des Universums, nicht wahr?«, sagte Nicole.
Die Dämonenjägerin war so beeindruckt von der Tempelmetropole, dass sie so viel wie möglich darüber gelesen hatte.
Rana machte eine zustimmende Kopfbewegung.
»Angkor ist sozusagen das Universum im Kleinformat. So, wie es in der Vorstellung von uns Khmer aussieht. Die riesigen Wasserbecken sollen das Urmeer darstellen. Der große Turm im Zentrum verkörpert das Zentrum der Welt, das von den Göttern bewohnt wird.«
Zamorra dachte kurz über die unendlichen Multiversen nach. Irgendwo zwischen ihnen gab es gewiss auch eine Welt, die dem Angkor-Grundriss ähnelte. Doch ihm lag eine ganz andere Frage auf der Zunge.
»Wenn Angkor für das gesamt Universum steht, Rana - wo bleiben dort die höllischen Abgründe?«
»Die Hölle liegt nach unserem. Glauben im Süden«, entgegnete der tote Prinz. »Als ich noch lebte, wurde der große Tempel von Angkor Vat errichtet. Er schirmt die Hauptstadt nach Süden hin ab…«
»Warum wolltest du unbedingt, dass wir nach Angkor zurückkehren?«, erkundigte sich Zamorra.
Doch im nächsten Moment sah er, dass sich seine Frage von selbst beantwortete.
Eine Flammenwalze rollte auf die Tempelstadt zu.
Der Regenwald brannte. Hoch über den Wipfeln der Palmen ragte der Kopf eines dämonischen Riesen-Elefanten auf. Seine kreisrunden Augen enthielten das Feuer der Hölle. Und seine Stoßzähne waren Feuerlanzen.
»Srang«, murmelte Rana. »Dieser Dämon hat meinen Vater auf dem Gewissen! - Haltet euch gut fest! Gleich gibt es einen Ruck!«
Rana beschleunigte den International Harvester.
Gleich darauf fielen sie aus der Welt.
***
Yvonne Berthemy schrie laut vor Angst.
Nicole Duval versuchte, ihre Freundin so gut es ging zu beruhigen. Sie selbst, die
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