0698 - Karneval des Todes
das Wetter manipulieren zu können. Aber abgesehen davon, dass die Magie des gesuchten Artefaktes längst nicht mehr funktioniert hatte, war eine solche Manipulation einfach verantwortungslos. Andauernder Sonnenschein mochte ja ganz angenehm sein, doch wenn das Land Regen brauchte, damit die Ernte gedeihen konnte… Zudem mochte selbst eine kleine Veränderung hier eine Katastrophe dort erzeugen.
Nein, es war nicht gut, auf diese Weise eingreifen zu können, erst recht nicht, wenn man wie Seneca von egoistischen Motiven geleitet wurde. Doch es war gut, dass jene Magie erloschen war…
Nicole, bemerkte die düstere Stimmung, in die ihr Lebensgefährte abzugleiten drohte. Sie war nicht nur schön und hochintelligent, sondern auch sensibel für die Stimmungen in ihrer Umgebung.
»Trink deinen Grog!«, sagte sie und strich ihm zärtlich über die Wange. »Die beste Vorbeugung gegen die Grippewelle…«
»Jawohl, Frau Doktor.«
Zamorra griff zu seinem Grogglas, das auf dem Tischchen vor ihm stand. Butler William hatte das geistige Heißgetränk vor wenigen Minuten serviert. Nach alter Seemannsart: »Rum muss, Zucker kann und Wasser darf hinein«. Dabei hatte William, wie Zamorra erfreut feststellte, am Wasser schottische Sparsamkeit bewiesen.
Die heiße Flüssigkeit tat dem Dämonenjäger wirklich gut. Er fühlte, wie er sich entspannte. Dazu trug sicherlich auch Nicole bei, die sich an ihn kuschelte und ihren Kopf an seine Schulter legte. Sie sprach ebenfalls dem Grog zu.
»Wo ist Fooly?«
Mit halb geschlossenen Augen schaute Zamorra in das knisternde Kaminfeuer.
»Im Garten. Er spielt Boule.«
Zamorra hob eine Augenbraue. Wer einen 1,20 m großen grünhäutigen Drachen als Hausgenossen hatte, musste sich eigentlich über gar nichts wundern. Der Professor tat es in diesem Fall aber doch.
»Bei dem Wetter, Nicole?«
»Fooly meint, der Winter wäre die beste Zeit zum Üben. Damit er uns im Frühjahr alle abledern kann…«
Zamorra und Nicole lachten leise. Sie rückten noch näher zusammen. Dann stellten sie die Groggläser ab und begannen damit, sich zu küssen. Allmählich wurden die Küsse intensiver, ausdauernder. Zamorras Hände glitten unter den gar nicht so scheußlichen Mohair-Pullover. Er spürte Nicoles warme Haut unter seinen Fingern. Sie war seidig und glatt. Auch nach so langer Zeit an ihrer Seite war Zamorra es noch nicht überdrüssig geworden, Nicole zärtlich zu streicheln.
Die Dämonenjägerin atmete schwer.
Zamorras Rechte glitt tiefer, um den Reißverschluss ihres Minirocks zu öffnen.
Da ertönte plötzlich ein Zischen. So, als würde Wasser auf eine glühende Herdplatte gegossen.
Zamorra und Nicole fuhren auseinander. Sie starrten auf das Kaminfeuer.
Zwischen den züngelnden Flammen war ganz deutlich ein Gesicht zu erkennen!
***
Der Parapsychologe biss die Zähne zusammen. Château Montagne war von ihm mit ausgefeilten weißmagischen Techniken gegen jede Form von schwarzmagischer Bedrohung abgeschirmt worden. Normalerweise konnten er und seine Gefährten sich in dem Schloss so sicher fühlen wie in Abrahams Schoß.
Auch Merlins Stern , sein geheimnisvolles Amulett, zeigte keine Regung. Obwohl es normalerweise auf jede dämonische Bedrohung sofort mit Erwärmung reagierte.
Es gab nur zwei mögliche Erklärungen.
Entweder entstammte dieses Gesicht einer dämonischen Welt, gegen die alle bisherigen weißmagischen Mittel wirkungslos waren.
Oder das Antlitz zählte nicht zur Seite des Bösen.
Instinktiv legte Zamorra die Hände auf sein Amulett. Er konnte aus der Mitte des Kleinods Vernichtungsstrahlen entsenden, denen kaum ein Dämon widerstehen würde.
Doch noch hielt er sich zurück. Denn das Gesicht zeigte keine feindseligen Absichten.
Er betrachtete es näher.
Das Antlitz gehörte einer Frau von undefinierbarem Alter. Die Haut erinnerte an die einer Mumie. Aber die dunklen Augen waren immer noch wach und voller Leben. Allerdings wirkten sie unendlich müde.
Nun öffneten sich die Lippen.
Zamorra bemerkte, dass diese Erscheinung feinstofflich sein musste. Wenn man genau hinschaute, sah man die lodernden Flammen hinter dem Gesicht.
»Entschuldige, Zamorra!« Die Stimme hallte durch den Raum. Sie kam nicht aus dem Kamin, sondern von überall und nirgends. »Ich brauche deine Hilfe! Du bist der Einzige, der dem Dottore Einhalt gebieten kann!«
Zamorra stutzte und schüttelte langsam den Kopf. »Wer ist der Dottore? Und - woher kennst du mich?«
»Der Dottore ist ein
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