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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Knien auf dem Boden, seine Jeans hochgezogen und die weißen Socken heruntergerutscht, so daß an jedem Bein ein Streifen heller Haut zu sehen war. Er wirkte sehr verletzlich in dieser Haltung. Sehr jung. Er hielt die angezogenen Beine mit den Armen umschlungen, und die Ärmel seiner Jacke waren über seine Handgelenke hochgerutscht. Sie waren so knochig, diese Handgelenke. Genau wie seine Ellbogen, seine Fußknöchel und seine Knie.
    »Ich finde, wir sollten miteinander reden«, sagte er.
    »Ich glaube, das kann ich nicht.«
    »Es hat mit deiner Mutter zu tun.« Er formulierte es nicht als Frage, und ich machte mir nicht die Mühe, es zu bestreiten.
    »Ich werde bald nur noch ein hilfloses Bündel Mensch sein, Chris«, erklärte ich vielmehr. »Man wird mich wahrscheinlich am Rollstuhl festschnallen müssen und mich an Schläuche und Beatmungsgeräte anschließen. Überleg dir mal, wie schlimm das wird. Und wenn ich sterbe -«
    »Du wirst nicht allein sein.« Er streckte den Arm aus und umfaßte mein Bein. Er schüttelte es ein wenig. »Darum geht es nicht, Livie. Ich geb dir mein Wort. Ich werde für dich sorgen.«
    »Wie für die Hunde«, flüsterte ich.
    »Ich werde mich um dich kümmern.«
    Ich konnte ihn nicht ansehen. Statt dessen starrte ich zur Insel hinüber. Die Weiden mit den tiefhängenden Zweigen bildeten einen grünen Schirm, hinter denen Liebespärchen in jener Mulde im Boden liegen konnten, wo Dutzende von Paaren schon vor ihnen gelegen hatten. Ich aber würde niemals dort liegen.
    Ich hielt Chris meine Hand hin. Er nahm sie, rückte näher an mich heran und blickte, wie ich, zur Insel hinüber. Er hörte schweigend zu, als ich ihm erzählte, was in jener Nacht in Kensington geschehen war. Als ich fertig war, sagte er: »Du hast nicht viele Möglichkeiten, Livie.«
    »Was können sie ihm denn schon tun? Wenn es überhaupt zum Prozeß kommt, wird er wahrscheinlich nicht verurteilt werden.«
    »Wenn er vor Gericht muß - ob schuldig oder nicht -, was glaubst du wohl, wie dann sein zukünftiges Leben aussehen wird?«
    »Verlang das nicht von mir. Bitte, erwarte das nicht von mir.«
    Er drückte seine Lippen auf meinen Handrücken. »Es wird kalt«, sagte er. »Und ich bin hungrig. Gehen wir hinunter, ja?«
    Er machte das Abendessen, und ich saß in der Küche und sah ihm zu. Er trug unsere Teller zum Tisch, setzte sich mir gegenüber an seinen gewohnten Platz, doch anders als sonst fiel er nicht wie halb verhungert über sein Essen her. Er langte über den Tisch und berührte leicht meine Wange.
    »Was?« fragte ich.
    »Nichts«, sagte er. Er schob sich eine Gabel voll Zucchini in den Mund. »Manchmal weiß man einfach nicht, was das Rechte ist, Livie. Was man tun soll. Wie man sich verhalten soll. Manchmal ist alles völlig durcheinander.«
    »Es ist mir egal, was recht ist«, entgegnete ich. »Ich will nur, daß es leicht ist.«
    »Da bist du nicht die einzige.«
    »Geht's dir auch so?«
    »Natürlich. Bei mir ist es nicht anders.«
    Aber ich hatte immer den Eindruck, daß es bei Chris anders war. Er schien sich seines Wegs immer so sicher zu sein. Selbst jetzt, wie er mir da am Tisch gegenübersaß und meine Hand hielt, wirkte er souverän. Ich hob den Kopf.
    »Also?« fragte er.
    »Ich hab's fertig«, sagte ich. Ich spürte, wie seine Finger meine Hand fester umschlossen. »Wenn ich ihm das schicke, Chris, kann ich nicht nach Hause. Dann sitze ich hier fest. Dann sitzen wir beide fest. Du und ich. Du mit mir in diesem Zustand. Du kannst doch nicht ...« Den Rest konnte ich nicht aussprechen. Dabei war es so leicht in Worte zu fassen - Du und Amanda, ihr werdet nicht so Zusammensein können, wie ihr es gern möchtet, solange ich noch hier und am Leben bin, Chris. Hast du dir das überlegt -, aber ich konnte es nicht sagen. Ich konnte ihren Namen nicht über die Lippen bringen. Ich konnte ihren Namen nicht mit seinem zusammen aussprechen.
    Er rührte sich nicht, sondern beobachtete mich nur.
    Draußen wurde es langsam hell. Ich hörte den Flügelschlag einer Ente auf dem Wasser des Kanals; unmöglich zu sagen, ob sie landete oder startete.
    »Es ist nicht leicht«, sagte Chris ruhig. »Aber es ist recht, Livie. Davon bin ich fest überzeugt.«
    Wir sahen einander an, und ich fragte mich, was er sah. Ich weiß, was ich sehe, und mir ist, als müßte ich bersten vor Verlangen, mich zu öffnen und all die Worte zu sagen, die in meinem Herzen sind. Was für eine Erleichterung das wäre. Chris eine Weile

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