07 - komplett
Verblüffung in seiner Miene. Als er nicht antwortete, hob sie herausfordernd das Kinn.
„Mylord, Sie tragen einen Adelstitel. Also brauchen Sie einen Sohn, dem Sie ihn vererben können, nicht wahr?“
„Zum Glück habe ich jüngere Brüder, Mrs Stowe. Einer von ihnen wird später den Titel tragen, falls ich keine Söhne bekomme.“
„Und es würde Sie nicht stören, auf Söhne zu verzichten? Oder auf Töchter?“
„Nun, das liegt in Gottes Hand.“
„Acht Jahre lang war ich verheiratet. Niemals empfing ich ein Kind.“
„Was keineswegs bedeutet, Sie wären dazu unfähig.“
„Und wenn doch? Wenn ich nicht einmal als junges Mädchen in andere Umstände geriet – wie sollte es mir in meinem Alter gelingen?“
„Oh, im reifen Alter von einunddreißig?“ Noch ein Lächeln – doch es erreichte seine Augen nicht.
„Und wenn ich unfruchtbar bin?“, beharrte sie. Nun glaubte sie zu wissen, wie sie ihn zwingen konnte, seinen Heiratsantrag zurückzuziehen. Endlich musste er erkennen, dass sein Vorschlag unmöglich war.
„Dann sind Sie eben unfruchtbar.“ Guy betonte jede einzelne Silbe. „Niemals werde ich Sie um Kinder bitten, Mrs Stowe. Stattdessen frage ich Sie, ob Sie mir die Ehre erweisen und mit mir vor den Traualtar treten würden.“
Die Zeit schien stillzustehen, tausend Einwände gingen ihr durch den Sinn, während er ihren Blick festhielt – all ihre guten, vernünftigen Gründe, um ihn abzuweisen: ihr Alter, ihre unbedeutende gesellschaftliche Stellung, ihre feste Überzeugung, sie wäre tatsächlich außerstande, Kinder zu gebären. Und ihr Zorn, weil er sie hintergangen hatte. Die drei ersten Argumente hatte er als unwichtig abgetan. Und das Letztere, das sie so sehr entrüstet hatte, erschien ihr auf einmal lächerlich. Als hätte sie sich nur hineingesteigert, um ihn zu entmutigen.
Und trotzdem ...“
„Nein, ich kann nicht“, entgegnete sie und entriss ihm ihre Hand. Sofort versuchte er ihre Hand wieder zu ergreifen. Aber sie schlang die Finger ineinander und presste sie an ihre Brust.
„Bitte, Sir, ich habe Ihnen meine Antwort gegeben. Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden – ich wäre gern allein.“
„Bella ...“ Entschlossen trat er vor und umfasste ihre Schultern.
Sie hob den Kopf, um gegen die Vertraulichkeit zu protestieren, und schaute direkt in seine Augen. Da schluckte sie, der Tadel blieb unausgesprochen.
Von Neuem fasziniert, beobachtete sie, wie er sich herabneigte – wie er seinen Mund ihrem näherte. Mit seinem rechten Arm umschlang er ihre Taille und presste ihren Körper an seinen.
Bei der ersten Berührung seiner Lippen öffnete sie ihre. Sobald er ihre Glut spürte, küsste er sie immer leidenschaftlicher. In Liebeskünsten offensichtlich erfahren, berauschte er ihre Sinne, raubte ihr für einige Sekunden die Fähigkeit, klar zu denken oder sich auch nur zu bewegen. Wenn sie ihm erlag ...
Doch sie erkannte gerade noch rechtzeitig, wie gefährlich die Falle war, in die er sie lockte. Mit aller Kraft stemmte sie ihre Handflächen gegen seine Brust und stieß ihn weg. „Nicht! Bitte, hören Sie auf!“
Sofort gehorchte er. Ebenso wie Isabella rang er nach Atem. „Nach diesem Kuss kannst du nicht mehr leugnen ...“
„Schweigen Sie, Mylord, ich flehe Sie an. Wir passen nicht zueinander, es ist unmöglich. Sie sind zu jung, zu reich, zudem ein Aristokrat. Und das ist mein letztes Wort.“ Abrupt kehrte sie ihm den Rücken. In ihrer Hast, der Gefahr zu entrinnen, schwankte sie ein wenig. Guy hielt ihren Ellbogen fest, bis sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Sobald sie es geschafft hatte, befreite sie sich von seinem Griff und eilte davon, so schnell sie es auf dem unebenen Hang wagte.
Sie erwartete, er würde ihr folgen – an ihre Seite reiten. Erneut versuchen, sie von seinen Argumenten zu überzeugen, die im Gegensatz zu ihren vernünftig wären.
Nichts dergleichen tat er.
Als sie die Wiese erreichte, schaute sie zum Gipfel des Hügels zurück. Und fand ihn ebenso leer wie ihr Herz.
7. KAPITEL
Drei Monate später ...
Frisch gefallener Schnee erhellte die winterliche Düsternis der Landschaft. Aber aus irgendeinem Grund verfehlte ein Blick aus dem Fenster die magische Wirkung, die diese schöne Szenerie normalerweise auf ihre Laune ausübte.
An diesem Morgen waren Hannah und ihr Ehemann schon zeitig aufgebrochen, um die Weihnachtsgans und andere Speisen zu kaufen, die in zwei Tagen bei dem geplanten Fest aufgetischt werden sollten.
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