07 - komplett
mit dem blendend aussehenden Duke of Carlyne ein unverbesserlicher Wildfang. Gray wusste aus eigener Erfahrung, wie herrisch und unverblümt die schöne Arabella sein konnte, wenn ihr der Sinn danach stand.
Amelia in den Kreis dieser eigenwilligen aristokratischen Familie mitzunehmen, wäre der helle Wahnsinn.
Und er hielt sich noch nicht für völlig verrückt ...
6. KAPITEL
An Grays harter, unversöhnlicher Miene erkannte Amelia, ihr würde nicht gefallen, was er ihr gleich zu sagen hatte. Ebenso wenig wie es ihr gefallen hatte, dass er sich plötzlich so brüsk von ihr gelöst hatte, gerade dann, als sie den Eindruck gewonnen hatte, er stünde kurz davor, sie zu küssen.
„Haben Sie tatsächlich niemanden, der Sie aufnehmen könnte?“, fragte er mit rauer Stimme. „Verwandte vielleicht? Großeltern? Onkel oder Tanten?“
Vielleicht einen langjährigen Freund der Familie oder auch bloß einen flüchtigen Bekannten, den man überreden kann, die Verantwortung für mich zu übernehmen, dachte Amelia sarkastisch und straffte stolz die Schultern. „Es gibt nicht einmal einen alten Familienhund, den man hierher bringen könnte, um mir Gesellschaft zu leisten!“ Ihre Augen blitzten.
Um Grays Mund spielte ein harter Zug. „Es gibt keinen Grund, in einem solchen Ton mit mir zu sprechen, Amelia.“
„Oh doch, den gibt es sehr wohl, denn wenn ich es recht verstanden habe, ist Ihnen meine Gesellschaft lästig!“ Amelia erhob sich. „Aber seien Sie unbesorgt, Mylord. Ich habe mein eigenes Zimmer und werde es für die Dauer Ihres Aufenthaltes in Steadley Manor nicht verlassen, wenn es nötig sein sollte.“
Anerkennend und mit gewissem Bedauern stellte Gray fest, dass sie wunderschön aussah, wenn sie ihn mit diesem stolzen Funkeln in den Augen herausfordernd anschaute. Sie war zweifellos Zoll für Zoll eine Dame. Und jeder Zoll an ihr war so bezaubernd und begehrenswert, dass sein Seelenfrieden in Gefahr war.
„Seien Sie nicht so theatralisch“, sagte er betont gleichgültig. „Dass Ihre Gesellschafterin nicht mehr zugegen ist, mag, wie ich zugeben muss, ein wenig ...
unerfreulich sein ...“
„Für mich ist es nicht unerfreulich“, erwiderte sie bestimmt und schüttelte den Kopf.
„Sie machen sich ja keine Vorstellung davon, welche Zwänge mir auferlegt wurden, seit ich das Haus Ihres Bruders betreten habe.“
Diese Bemerkung war, wie Gray erkannte, ein unterschwelliger Vorwurf, dass er sich aus reiner Gedankenlosigkeit und mangelndem Mitgefühl nicht dafür interessiert hatte, wie es ihr in den vergangenen Jahren ergangen war. Oder wie ihr Leben verlaufen sein mochte, bevor sie nach Steadley Manor kam.
„Erzählen Sie mir davon“, meinte er aufmunternd. „Ich weiß nicht, welches Leben Sie oder Ihre Mutter führten, bevor sie sich mit Perry vermählt hat.“ Das Eingeständnis verursachte ihm Unbehagen, weil er wusste, er hätte sich mehr darum bemühen sollen, die Gattin und die Stieftochter seines Bruders kennenzulernen. „Wo haben Sie und Ihre Mutter gelebt, ehe Sie hierher zogen?“ Er stand auf und setzte sich in einen der hellblauen Sessel vor dem Kamin, schlug die Beine übereinander und sah Amelia auffordernd an.
Ihre Schultern lockerten sich ein wenig. „Wir besaßen ein Cottage in einem Dorf an der Küste von Devonshire. Die Familie meines Vaters stammt von dort. Er war der Sohn eines Vikars, aber er wollte immer Soldat werden.“ Sie lächelte bedauernd ob der Ironie, die darin lag.
Ein Cottage in einem Dorf an der Küste von Devonshire ...
Das völlige Gegenteil eines Herrenhauses, das abgelegen in der flachen, oft trostlos wirkenden Landschaft von Bedfordshire liegt, konstatierte Gray .
Amelia schüttelte den Kopf. „Meine Mutter war die einzige Tochter des dortigen Gutsherrn. Mein Großvater starb vor meiner Geburt, daher habe ich ihn nie kennengelernt. Meiner Mutter zufolge hegte er große Hoffnungen, dass seine Tochter eine vorteilhafte Partie machen würde. Für ihn stand es außer Frage, dass sie den Soldatensohn des Vikars ehelichte. Deshalb ist meine Mutter mit meinem Vater durchgebrannt. Sie war erst siebzehn, als sie heirateten. Es war eine sehr glückliche Ehe.“ Sie sah ihn herausfordernd an, als erwarte sie, dass Gray ihre Aussage anzweifelte.
Dies lag ihm indes fern. „Kehrten sie nach der Trauung ins Dorf zurück?“
„Nein, nicht sofort.“ Amelia lächelte. „Meine Mutter reiste ein oder zwei Jahre mit dem Regiment meines Vaters, damit sie zusammen
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