070 - Schreie des Grauens
ausgestreckt im Sessel vor dem großen Farbfernseher und deutete auf Trevor Sullivan. Sie befanden sich in der Jugendstilvilla. Für Mitte September herrschte ungewöhnlich schönes Wetter. Einige der großen Fenster waren offen und ließen die warme Luft herein.
„Ich nicht. Sullivan will dich auf eine bestimmte Stelle hinweisen", sagte sie träge und wedelte mit der Hand, die ein leeres Sektglas hielt.
„Ich möchte erst einmal diesen Report zu Ende sehen. München interessiert mich", sagte der Dämonenkiller.
„Tun Sie möchten eine Tasse of Tee?" fragte Martha Pickford plötzlich in deutscher Sprache oder einer Art Mischsprache, die sie für Deutsch hielt.
„Wie bitte?" fuhr Dorian erschrocken auf.
Der Bildschirm zeigte noch immer die Hubschrauberaufnahme, die Leopoldstraße abwärts in Richtung Siegestor.
„Sie versucht, Deutsch zu lernen. Den Erfolg hast du eben gehört", erklärte Coco.
„Nein, danke", sagte Dorian grinsend zu Miß Pickford. „Ich ziehe es vor, jetzt einen Whisky zu trinken. Aber keinen schottischen, bitte!"
Er hatte die deutsche Sprache verwendet, die er ebensogut sprach wie alle anderen.
Miß Martha schüttelte mißbilligend und ärgerlich über sich selbst den Kopf; sie hatte kaum ein Wort und schon gar nicht den Sinn verstanden.
„Ich tue Sie not versteh", meinte sie und stand auf. „Das Television zeigt einen beautifully Stadt." „You are welcome", murmelte Dorian erschöpft. „Weiter, Sullivan, bitte!"
Das angehaltene Videoband bewegte sich wieder. Nach einer halben Sekunde bewegten sich auch die Gestalten auf dem Bildschirm im normalen Tempo. Die Stimme des englischen Sprechers führte aus, welche Bedeutung der nördliche Stadtteil mit dem merkwürdigen Namen Schwabing für die meisten Bewohner und fast alle Besucher der Stadt hatte. Eine Art von abgemildertem und weniger gefährlichem Soho, dachte Coco.
„Haben Sie schon die Comic strips gesehen, Mr. Hunter?" fragte Miß Pickfort und gab ihm das Glas.
Dorian konzentrierte sich auf die Bilder. Einiges kannte er, anderes war ihm völlig fremd. Das Team, das diesen Report gedreht hatte, schien zu den München-Experten zu gehören, denn es hatte viele interessante Menschen und Dinge vor die Linsen und Mikrofone gebracht.
Etwas gereizt winkte Dorian ab. „Aber nein! Später, Miß Pickford! Später!"
Sie war ganz aufgeregt. Immer wieder sprach sie davon, daß der Held in den deutschen Comics Dorian bis aufs Haar glich.
„Aber - Sie wollten mir doch noch die Sprechblasen übersetzen. Obwohl ich versuche zu lernen sehr hard the Sprache."
„Sie gehen mir im Augenblick auf die Nerven", sagte Dorian. „Lassen Sie mich um alles auf und unter der Welt diesen Report zu Ende ansehen!"
„Schon gut. Ich denke, Sie sind nervös heute abend. Sind Sie es nicht?"
Dorian stöhnte und schrie: „Ja, ich bin es. Ruhe endlich!"
Der Film fuhr zum zweiten Mal an. Coco und Trevor kicherten vergnügt, und Miß Martha schwieg verärgert. Aber sie erholte sich schnell. Ihre Blicke hingen an den Bildern dieser aufregenden Gegend einer Stadt, die so ganz anders aussah als alles, was sich Miß Pickford unter dem Stichwort Germany vorstellte.
Zuerst hatte der Reporter die Bedeutung von Schwabing erklärt. Dann folgte ein kurzer historischer Abriß. Schließlich wurden Bilder oder kurze Filme von den Personen eingeblendet, die den Namen dieses Stadtteiles literarisch, durch Skandale oder Kleinkunst berühmt gemacht hatten. Ein kurzer Rundgang durch die Lokale folgte, die zu Lebzeiten eines Ringelnatz denselben Namen getragen hatten wie heute. Dann wurde das neue Schwabing gezeigt, das noch immer liebenswerte, aber eindeutig unter dem Diktat des Kommerz stehende System kleiner Straßen, kurioser Schenken und winziger Plätze voller Menschen.
„Recht nett. Für meinen Geschmack zu viele Bars", erklärte Coco leise.
„Ich kann das nicht beurteilen. Aber ich wollte eine besondere Szene vorführen. Achtet bitte auf die Leuchtschrift des Filmtheaters!"
„Jetzt gleich?"
„Nein. In genau siebenundneunzig Sekunden."
Dorian Hunter trank seinen Whisky und drückte die Players aus.
Zuerst kam eine Bildfolge, die verschiedene Fassaden und Namen zeigte. Dann folgte eine Sequenz mit einer Fahrt durch eine der zentralen Straßen bis zu einem freien Platz hin.
„... der Mittelpunkt. Genannt die ,Münchner Freiheit', hat dieser Platz erst nach Kriegsende seine heutige Ausdehnung erreicht."
Die Kamera wirbelte herum und richtete die Linsen
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