0700 - Para-Hölle Spiegelwelt
übergeben hatte, lag jetzt in einem schlichten Sarg in einem schlichten Grab. Nicht anders hatte er es gewollt. Kein Prunk, kein protziger Grabstein würde seine letzte Ruhestätte schmücken. Nur ein schlichtes Kreuz mit seinem Namen und den Daten von Geburt und Tod.
In jenem kleinen Dorf im Harz, das seine Wahlheimat geworden war, nachdem er sich aus dem Geschäft und dem hektischen Frankfurt zurückgezogen hatte. Hier, wo er sich in den letzten Jahren heimisch gefühlt hatte, hatte er auch seine letzte Ruhe finden wollen.
Carsten respektierte das, auch wenn er das Grab seines Vaters lieber in Frankfurt gesehen hätte. In unmittelbarer Nähe.
Aber was bedeutete das schon?
Stephan Möbius wohnte noch in seiner Erinnerung, in seinem Herzen, und da war er immer in Carstens unmittelbarer Nähe. Noch näher ging es gar nicht mehr.
»Verdammt«, murmelte der Konzernerbe.
»He«, brummte Michael Ullich, dem im Moment keiner seiner flapsigen Sprüche einfallen wollte - sie wären auch deplaziert gewesen. »Am Grab des Vaters zu fluchen, bringt Unglück. Außerdem - das ist der Lauf der Welt. Jeder Mensch stirbt irgendwann einmal. Auch du und ich. Und dann stehen andere an unseren Gräbern und fluchen hoffentlich nicht.«
Carsten schüttelte die Hand des Freundes ab.
»Es geht nicht um Väterchen«, sagte er. »Aber warum ist Zamorra nicht hierher gekommen? Ich hatte ihn doch extra eingeladen.«
»Vielleicht hatte er keine Zeit, zu kommen. Du weißt doch, wie er ist. Heute hier, morgen da. Er hängt vielleicht in irgendeiner Auseinandersetzung mit irgendwelchen Dämonen, Hexern oder sonstigem Gezücht fest. Wir wissen doch beide, dass er sonst ganz bestimmt hier aufgetaucht wäre!«
Carsten nickte langsam. »Trotzdem… ich habe ein seltsames Gefühl dabei«, murmelte er.
Natürlich wusste er, wie es um Zamorra bestellt war. Er und Ullich hatten den Dämonenjäger früher oft genug bei seinen mitunter haarsträubenden Abenteuern begleitet. Manchmal gab es einfach nicht die Zeit, Einladungen zu folgen, egal, wie dringend und wichtig sie waren.
Dennoch… blieb ein seltsames Gefühl in ihm zurück und wollte ihn nicht mehr loslassen. Eine Vorahnung?
Er wusste es nicht.
»Gehen wir«, sagte er.
Ullich beorderte per Handy ein Taxi zum Friedhof, das sie zum Firmenhubschrauber brachte, mit dem sie nach Frankfurt zurückkehrten.
Ein Flugzeug zu nehmen, rechnete sich nicht - der Weg bis zum nächsten Airport kostete fast mehr Zeit, als die Gesamtstrecke mit dem Auto zurückzulegen.
Während der kurzen Fahrt blieb Möbius schweigsam. Erst im Hubschrauber sagte er: »Micha, irgendwie glaube ich, dass es ein Fehler war, Väterchen hier zu bestatten. Ich werde diesen Ort nie wieder sehen.«
»Was meinst du damit?«, fragte Ullich verwundert. »Er wollte es so, und du kannst jederzeit hierher kommen.«
»Es ist etwas anderes«, sagte Carsten leise.
»Was denn?«, drängte sein Freund.
Möbius zuckte mit den Schultern.
»Ich kann es fühlen«, flüsterte er.
***
In einem Büro-Hochhaus in El Paso, Texas, sahen sich zwei Männer an. Der eine im eleganten Westenanzug, der andere in durchgehend ledernem Räuberzivil. Der Elegante saß hinter einem wuchtigen, breiten Schreibtisch, auf dem es lêdtglich ein Computer-Terminal, ein Telefon und eine Schreibunterlage gab. Mehr konnte den Glanz der polierten Wurzelholzplatte nicht stören. Nicht einmal ein Aschenbecher - der stand auf einer Ablage, die Rhet Riker aus dem Tisch gezogen hatte, direkt in seiner unmittelbaren Reichweite. Er brauchte sich nicht anzustrengen, um die Zigarette abzulegen.
Der Mann, der ihm gegenüber an der Wand lehnte, verzog etwas mißbilligend das Gesicht. »Sie sollten mit dem Rauchen aufhören, Rhet, sonst holt der Teufel Sie zu früh.«
»Lassen Sie das nur ruhig meine Sorge sein«, erwiderte der andere.
»Sie können sich denken, dass ich nicht nur zum Scherzen hergekommen bin«, sagte der In Leder Gekleidete. »Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen? Kann es endlich losgehen?«
»Wir sind jetzt endlich so weit«, erwiderte Rhet Riker, der Geschäftsführer der Tendyke Industries. »Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen, alle notwendigen Verkäufe erledigt, um nicht mit den Kartellbehörden hier und in Europa in Konflikt zu kommen. Dass die Käufer Marionetten an unseren Fäden sind, ahnen die nicht mal selbst. Sie sind zur richtigen Zeit hierher gekommen, Seneca. Ja, es geht jetzt los. Die Voraussetzungen sind geschaffen, die
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