071 - Gefangen in den Bleikammern
Seine Lippen bebten. Er konnte es noch immer nicht glauben. Sie war kein Fantasieprodukt. Sie lebte. Er spürte ihren warmen Atem über seine Wange streichen. Sie klammerte sich an ihn.
„Ist dir kalt?" fragte er.
Das unbekannte Mädchen zitterte noch immer, drängte sich enger an ihn.
In diesem Augenblick merkte Don die Veränderung.
Das Licht um sie herum war erloschen. Schlagartig wurde es dunkel. Ein eisiger Hauch hüllte sie ein. Das Mädchen stieß einen unterdrückten Schrei aus. Don schien es, als würden Hunderte von unsichtbaren Händen nach ihm greifen. Sie zerrten an seinem Overall, und spitze, eiskalte Nadeln bohrten sich in seinen Körper. Ein Wirbelwind riß ihn und das Mädchen fort.
Er war in eine magische Falle geraten. Das Mädchen war ein Köder gewesen, wahrscheinlich von einem mächtigen Dämon erschaffen.
Don konnte nichts sehen. Kein Laut war zu hören. Doch das Mädchen war noch immer bei ihm. Er spürte ihre Hände, die eiskalt waren. Ihr Kopf lag noch immer auf seiner Schulter. Er und das Mädchen schwebten in der Finsternis der magischen Sphäre.
„Wer bist du?" fragte Don mit bebender Stimme.
„Ich weiß es nicht", antwortete das Mädchen.
„Du hast mich in eine Falle gelockt", brummte Don. „Und ich taumelte wie ein blutiger Anfänger hinein. Wer steckt dahinter?"
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", sagte das Mädchen.
„Du lügst!" brüllte Chapman mit überschnappender Stimme.
„Ich habe keine Erinnerung", sagte das Mädchen. „Du mußt mir glauben."
Don stieß das Mädchen zur Seite, doch sie fiel zurück auf ihn. Wieder versuchte er es, doch auch diesmal hatte er keinen Erfolg damit. Er trat einen Schritt zurück und stieß gegen eine elastische Barriere. Rasch drehte er sich um. Mit beiden Händen strich er über die Wand, die weich und nachgiebig war.
Nach einigen Minuten wußte er mehr. Sie befanden sich in einer kugelartigen Blase, die ständig die Form veränderte.
Don hockte sich nieder. Das Mädchen folgte seinem Beispiel.
„Du mußt mir glauben", sagte das Mädchen. „Ich kann mich an nichts erinnern. Ich weiß nicht einmal meinen Namen."
Don antwortete nicht. Er dachte nach. Eines stand mit Sicherheit fest: Er war in eine Falle gelaufen, und das Mädchen war der Köder gewesen. Irgend jemand mußte gewußt haben, daß er das Haus betreten würde, und hatte die Falle für ihn errichtet. Es war leicht vorauszusehen gewesen, daß er beim Anblick des kleinen Mädchens durchdrehen würde. Und genauso war es gekommen.
Der Nebel war dichter geworden. Dorian Hunter hatte das Seitenfenster geöffnet. Er rauchte eine Zigarette und blickte ungeduldig auf die Uhr. Dorian war ein hochgewachsener Mann, der auf viele Frauen äußerst anziehend wirkte, auch auf solche, die normalerweise Männer nicht mochten, die einen buschigen Schnurrbart trugen. Er hatte eine Lederjacke an, einen dünnen Pullover und Samthosen. .
„Warum meldet sich Don nicht?" fragte der Dämonenkiller und blickte Trevor Sullivan an, der neben ihm saß. „Ich mache mir langsam Sorgen um den Kleinen."
Trevor nickte. Er war klein, ziemlich mager und knochig. Der schwarze Mantel, den er trug, schien viel zu groß für ihn zu sein. Er strich sich durch das dunkelbraune Haar. Sein Geiergesicht wirkte angespannt.
Dorian griff nach dem Sprechgerät. „Warten sie noch zehn Minuten, Dorian!" sagte Trevor.
Der Dämonenkiller runzelte die Stirn. Er warf die Zigarette auf die Straße. Ich habe Don ausdrücklich gesagt, daß er sich alle zehn Minuten melden soll. Jetzt sind bereits zwölf Minuten vergangen." „Vielleicht ist er auf etwas Interessantes gestoßen", meinte Trevor.
„Ich warte noch fünf Minuten", sagte Dorian, „dann gehe ich ins Haus. Es scheint leer zu sein." Trevor hob die Schultern. Er machte sich nur wenig Sorgen. Zu oft war er schon mit Don Chapman zu diesen nächtlichen Hausdurchsuchungen aufgebrochen. Nur gelegentlich nahm Dorian daran teil. Einige Male war Coco mitgekommen. Trevor lächelte schwach. Er wußte, weshalb sich Dorian heute angeschlossen hatte. Er war vor zwei Tagen aus München zurückgekommen. Coco hatte ihn ziemlich eisig empfangen. Daran war Dorians Abenteuer mit der Zeichnerin Mata schuld, die ihre Erlebnisse in Comic strips niedergelegt hatte, die Coco und die anderen aus der Clique des Dämonenkillers gelesen hatten.
„Woran denken Sie, Trevor", fragte der Dämonenkiller mißtrauisch.
„An Sie und Coco", antwortete Trevor.
Dorian
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