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0718 - Tango Fatal

0718 - Tango Fatal

Titel: 0718 - Tango Fatal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Er schüttelte sich wie im Fieberschauer.
    Ich hatte meinen Stuhl verlassen und stand hinter dem Mann. Der Gang, in dem wir uns befanden, war lang und mit einer hohen Decke versehen. Er paßte in dieses alte, hohe Haus, dessen düstere Mauern den Schrecken vieler Zeiten zu verbergen schien. Es hatte eine Geschichte hinter sich, die ich nur in Andeutungen kannte, und wenn alles stimmte, konnte das Haus nicht stolz darauf sein.
    Wir warteten ab.
    Lacre hatte sich wieder beruhigt. Dennoch saß er vor mir wie ein gebrochener Mann. Er stierte ins Leere, den Fußboden schien er trotzdem nicht zu sehen.
    Bisher war nichts passiert. Noch hatte ich nichts gehört, doch ebenso wie Lacre starrte ich auf die breite Doppeltür, die den Eingang zu einem bestimmten Zimmer bildete.
    Gaston Lacre hatte nicht gewollt, daß ich das Licht einschaltete. Im Dunkeln saßen wir trotzdem nicht, denn im Hintergrund des Flurs stand eine brennende Kerze.
    Ihr einsames Leuchten erinnerte mich an eine Insel in der Dunkelheit. Ich hätte den Raum längst betreten können, die Tür war nicht verschlossen, aber ich mußte vor der Tür warten. Das gehörte gewissermaßen zum Ritual, dem ich mich gefügt hatte.
    Die Luft schmeckte nach Staub. Sie kam mir alt und verbraucht vor. Auch ich fühlte mich nicht gerade in Topform. Wer mich kennt, der weiß genau, wie gern ich wartete.
    Lacre fing wieder an zu sprechen. »Es wird kommen, Monsieur Sinclair, es wird kommen, darauf können Sie sich verlassen. Sie müssen nur noch ein wenig Geduld haben.«
    »Aber sicher, das habe ich.«
    »Dann ist es gut.«
    Wir starrten beide die Tür an. Hinter ihr lag das Rätsel des Hauses verborgen. Dieser Bau verbarg ein fürchterliches Geheimnis, er sollte verflucht sein. Worum es dabei genau ging, das konnte ich auch nicht sagen. Bisher war alles Theorie, die Praxis ließ noch auf sich warten.
    Wie lange?
    Sekunden reihten sich aneinander. Sie wurden zu Minuten, wobei ich hoffte, daß es nicht noch eine Stunde oder länger dauerte. Soviel Geduld brachte ich nicht auf.
    Ich ging auf die Tür zu.
    Lacre erschrak. »Nein, Monsieur Sinclair, nicht.«
    Vor der Tür blieb ich stehen und drehte mich ihm zu. »Keine Sorge, Monsieur Lacre. Ich werde die Tür nicht öffnen. Ich möchte mich nur informieren.«
    Was ich damit meinte, sah er sehr bald. Da hatte ich mein Ohr an das Holz gelegt und lauschte.
    Nichts war zu hören.
    Kein Geräusch, kein Rauschen, kein Zischen und natürlich auch keine menschliche Stimme. Hinter der Tür lag eine beunruhigende Stille oder eine völlig normale. Es kam darauf an, aus welch einem Blickwinkel man die Dinge betrachtete.
    Ich hob die Schultern, wollte etwas sagen. Das erste Wort schon gefror mir auf den Lippen, denn vor mir drückte sich Lacre in die Höhe. Er war ein schon älterer Mann, sein Gesicht zeigte die Falten des Lebens. Jetzt wirkte es geisterhaft leer, mit großen Augen und einem offenen Mund.
    Er hob den Arm. Das geschah sehr langsam, und ebenso langsam streckte er den Zeigefinger aus.
    Die Spitze deutete an mir vorbei auf die dicke Zimmertür.
    »Gleich«, flüsterte Gaston Lacre. »Gleich fängt es an. Gleich geht es los, ja, gleich…«
    Er hatte recht, es begann tatsächlich.
    Selbst mich, der viel gewohnt war, trafen die unheimlichen Vorgänge bis ins Mark…
    Wir hörten den Schrei oder die Schreie, denn ein Mensch allein konnte sich so kaum verhalten.
    Es war ein schriller Laut. Ein Inferno aus Gefühlen. Ein Schrei, der sich aus zahlreichen Echos zusammensetzte, die durch den hinter der Tür liegenden Raum irrten und sich gegenseitig einholten.
    Ein Todesschrei. Einer der von Folter und Grauen erzählte, der sich auch künstlich anhörte, als hätte jemand auf einem Synthesizer gespielt und dabei verschiedene Tonlagen ausprobiert.
    Der Schrei des Schreckens, das akustische Grauen, die hörbaren Ströme der Angst: Er war wild, er war verrückt, aus ihm sprach eine schreckliche Angst. Der Schrei zog sich in die Länge, dehnte sich dabei wie der Pfiff einer Lokomotive und verlor allmählich an Höhe. Er ging über in ein langgezogenes Stöhnen, riß ab.
    Vorbei - Stille…
    Ich wollte die Tür aufreißen, aber Lacre hielt mich fest. »Vorsichtig, Monsieur Sinclair. Seien Sie nur vorsichtig, ich bitte Sie! Das hier ist keine Spielerei.«
    »Ja, das glaube ich auch.«
    Meine Hand lag auf der Klinke. Sie bestand aus Metall, und ich schreckte zurück.
    Wieso war die Klinke warm?
    Da stimmte etwas nicht.
    Ich drehte mich zu

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