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0718 - Tango Fatal

0718 - Tango Fatal

Titel: 0718 - Tango Fatal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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müssen.
    Das kleine Hotel sah wunderschön aus. Es hätte auf jede Postkarte gepaßt. Auch hier zeigten die Außenmauern ein helles Fachwerk. Teilweise jedoch wurde es von Weinranken verdeckt, und gerade für Wein war das Elsaß ja weltberühmt.
    Eine Linde wuchs vor dem Haus. Zwei weißgestrichene Bänke dienten drei schönen Katzen als sonniger Ruheplatz.
    Das Dorf selbst lag in einer beruhigenden Stille. Nur aus der Ferne hallte der Klang heller Hammerschläge an meine Ohren. Wahrscheinlich befand sich dort eine Schmiede.
    Ich öffnete die Tür, die in der oberen Hälfte zwei kleine Scheiben aufwies.
    Ein schmaler Flur tat sich vor mir auf. Rechts ging es zur Gaststätte, links war die kleine Rezeption.
    Jemand pfiff ein Lied, und aus der Küche roch es nach gebratenen Würsten und Sauerkraut, so daß mir das Wasser im Mund zusammenlief.
    Ich betrat den Gastraum.
    Der Wirt war dabei, ein Faß hochzustemmen. Er war ein kräftiger Typ, er hatte die Ärmel seines Hemdes aufgerollt. Als er mich sah, lachte er und drückte das Faß auf die Theke. »Na, da sind Sie gerade zur rechten Zeit gekommen, Monsieur Sinclair.«
    »Warum?«
    »Wissen Sie, was sich in diesem Faß befindet?« Er klopfte zweimal mit der flachen Hand darauf.
    »Bier?«
    »Nein, wo denken Sie hin. Das ist der erste junge Wein, der Federweiße, wenn Sie verstehen. Er ist noch trübe, aber mit unserem frischen Zwiebelkuchen zusammen schmeckt er ausgezeichnet. Wollen Sie etwas probieren? Ich lade Sie ein.«
    »Ja, gern.«
    Der dunkelhaarige Wirt verschwand durch eine Seitentür in der Küche. Ich nahm an einem der Tische Platz. Die Decken rochen wie frisch gewaschen. Sie zeigten ein Muster aus braunen und grünen Streifen, und die kleinen Blumenvasen mit den Herbststräußen paßten dazu.
    Man konnte sich hier sauwohl fühlen und einen herrlichen Urlaub verbringen. Dagegen hätte ich auch nichts gehabt, wenn nicht dieses verdammte Haus und die Schreie in einem leeren Zimmer gewesen wären. Darum drehten sich meine Gedanken, während ich durch das kleine Fenster auf das allmählich dunkel werdende Laub der Linde starrte.
    Die Schritte des Wirts schreckten mich hoch. Er hatte für sich eine Portion mitgebracht. Jedenfalls war der duftende Zwiebelkuchen auf zwei Tellern verteilt, und der Federweiße schimmerte wie grüne, trübe Milch in zwei Pokalen.
    »Auf Ihre Gesundheit«, sagte der Mann und hob das Glas.
    Wir tranken zugleich.
    Ich verzog für einen Moment die Lippen, weil mir der Wein doch ziemlich sauer vorkam. Das war ein Irrtum. Ich schmeckte nach, ich kaute ihn sogar und fand, daß er sich doch anglich, so daß ich nickte und mich sehr zufrieden zeigte.
    »In Ordnung?«
    »Ja, ich könnte mich daran gewöhnen.«
    Der Mann lachte. Er legte mir seine Hand auf den Arm. »Wissen Sie, das sagen alle, die ihn zum erstenmal probiert haben. Ja, Monsieur, schon nach dem ersten Glas sind Sie überzeugt. Wenn dann noch der frische Zwiebelkuchen hinzukommt, ist das Glück perfekt. Zumindest für uns Elsässer«, schränkte er ein.
    Er hatte nicht gelogen. Der frische Zwiebelkuchen, der direkt aus dem Ofen gekommen sein mußte, war eine Gaumenfreude. Da konnte man nur staunen.
    »Und?«
    »Exzellent, Monsieur.«
    Der Wirt nickte freudig. »Das habe ich doch gesagt. Meine Frau und meine Mutter sind für ihren Zwiebelkuchen im gesamten Elsaß berühmt. Ich behaupte, daß Sie nirgendwo besseren bekommen.«
    »Da werde ich nicht widersprechen«, sagte ich kauend. Ich meinte es auch so, denn der Kuchen war ausgezeichnet.
    Da keine Gäste außer mir den Raum bevölkerten, blieb der Wirt sitzen. Ich glaubte fest daran, daß er etwas auf dem Herzen hatte, obwohl er bisher keine Andeutungen gemacht hatte.
    Erst als ich den Rest des Zwiebelkuchens runtergeschluckt hatte, stellte er die Frage und beugte sich dabei vor. »Hören Sie, Monsieur Sinclair, Sie waren doch in diesem Haus - oder?«
    »Ja.«
    »Und?«
    Ich trank einen Schluck. Wein. »Wie meinen Sie das?«
    »Haben Sie die Schreie gehört?«
    »Ja.«
    Er drückte sich zurück und schwitzte plötzlich. »Verdammt noch mal«, flüsterte er, »alle haben sie gehört. Jeder aus dem Ort hier kennt sie. Es gibt sogar Menschen, die liegen in der Nacht wach, nur um darauf zu achten, ob die Schreie wieder erklingen. Es ist beinahe paradox. Jeder wartet darauf, aber alle fürchten sich davor.«
    »Waren Sie schon mal dort?«
    Der Mann erschrak. »Um Himmels willen, nein. Das können Sie von mir nicht verlangen. Ich setze

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