072 - Auf Leben und Tod
entstellte Kinnpartie sah. Dann stieß der Maskierte mit der jaulenden Waffe zu - und nur um Haaresbreite entging Barrn dem mörderischen Sägeblatt.
Der Unterführer machte einen Schritt zurück, blieb dabei an einem Metallrohr hängen, das aus dem Boden ragte, und geriet ins Straucheln.
Mit den Armen rudernd, taumelte er zurück und stürzte. Er prallte hart auf, schlug sich den Kopf an einem metallenen Trümmerteil. Trotz der Wunde, aus der das Blut schoss, wollte er sofort wieder aufspringen. Und musste entsetzt erkennen, dass es dafür zu spät war.
Er hörte das Kreischen der Waffe in seinen Ohren und warf sich herum, sah das rotierende Blatt über sich, dahinter die böse grinsenden Züge seines Gegners.
Für einen Augenblick starrten sich der Mogoole und der Ostmann in die Augen. Ein endlos scheinender Moment, in dem die Jahrzehnte alte Feindschaft zwischen den beiden Stämmen erneut beschworen wurde.
Barrn wusste, dass er keine Gnade zu erwarten hatte - auch er hätte sie nicht gewährt.
Im nächsten Moment stieß das rotierende Blatt der Säge herab.
Barrn merkte, wie etwas an seiner Schulter riss. Er zuckte zusammen - und sah entsetzt seinen eigenen Arm auf dem Boden liegen.
Diejenigen Zuschauer, die einen Platz ganz oben am Zaun hatten und alles genau sehen konnten, schrien auf - die einen vor Wut, die anderen vor Blutdurst. Barrn nahm es schon kaum mehr wahr, denn jetzt spürte er den Schmerz - und die Todesangst.
Der Ostmann lachte nur. In einer theatralischen Geste holte er weit aus und schwang sein Mordinstrument herab.
Es rasselte hässlich, als das Blatt der Motorsäge durch Fleisch und Knochen schnitt.
***
Sekundenlang hatte die Leuchtkugel hoch am Himmel gestanden, und die Zuschauer beider Seiten hatten das spektakuläre Schauspiel mit lauten
»Aaahs« und »Ooohs« quittiert.
Matt, der die Kante des Schrottbergs überwunden hatte, und sein Gegner lieferten sich unterdessen ein wildes Handgemenge um den Besitz der Signalpistole.
Obwohl Matt den Ostmann um eine gute Kopflänge überragte, besaß der Krieger dennoch erstaunliche Körperkraft.
Sein sehniger Körper war von unzähligen Kämpfen und dem Leben in der rauen Natur gestählt - ihm die Waffe zu entringen erwies sich als schwieriges und kräfteraubendes Unterfangen.
Endlos scheinende Augenblicke lang wogte der Kampf hin und her, versuchte ein Kämpfer dem anderen einen Vorteil abzutrotzen, angefeuert vom Geschrei der Menge.
Dann, endlich, bekam Matt die Pistole zu fassen - doch sein Gegner war darauf gefasst. Unerwartet ließ sich der Ostmann nach hinten fallen und rollte sich ab. Matt, der die Waffe nicht los ließ, wurde nach vorn gerissen. Plötzlich spürte er die Fußsohlen des Ostmannes in seinem Bauch, der den Schwung des Sturzes nutzte, um Matt über sich hinweg zu befördern.
Matt sog scharf nach Luft, während er durch die Luft flog und sich überschlug - um im nächsten Moment hart und geräuschvoll auf einem Autodach zu landen. Das rostige Metall gab unter seinem Gewicht nach und riss wie Papier.
Matt brach ein und verschwand im Inneren des Wagens.
»Verdammter Mist…«
Blindlings griff Matt um sich, bekam die Gestänge zu fassen, die einst die Sitze getragen hatten. Rasch wollte er sich wieder auf die Beine raffen und aus dem Wrack klettern, als er einen dunklen Schatten über sich gewahrte.
Es war der Ostmann, der diesmal in Rekordzeit seine Pistole nachgeladen hatte und auf ihn zielte. Der Krieger, dessen Augen kalt aus den Sehschlitzen starrten, sagte etwas in seiner Sprache.
Matt war wie versteinert, wusste, dass es nichts und niemanden mehr gab, der ihn vor dem Schuss noch rettete. Er hörte das Johlen der Menge, die Anfeuerungssrufe, die die Zuschauer ihrem Favoriten zuteil werden ließen.
Wie in Zeitlupe sah er, dass sich der Finger des Kriegers am Abzug der Waffe krümmte…
… doch er zog ihn nicht durch.
Stattdessen horchte der Ostmann plötzlich auf.
Das Geschrei der Menge war in den letzten Sekunden zu einem ohrenbetäubenden Rauschen angeschwollen, das sich jetzt rasch legte. Stille trat ein, in die hinein der blecherne Klang eines einzelnen Horns zu hören war.
Matt bekam mit, wie ein Raunen durch die Reihen der Zuschauer ging.
Er traute seinen Augen nicht, als sein Gegner plötzlich die Signalpistole sinken ließ.
Auch wenn er nicht wusste, welchem Umstand er diese glückliche Wendung zu verdanken hatte - Matt beschloss die Gunst des Augenblicks nicht verstreichen zu lassen. Rasch
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