0722 - Böser Zauber in Montmartre
heiligen Ringen.
Ich stellte fest, dass sich der Verletzte doch überanstrengt hatte, und wandte mich wieder Marcel zu.
Der schaute verlegen zu Boden, ebenso wie seine beiden Freunde. Nur Baby schien von der Antwort nichts mitbekommen zu haben. Er war mit seiner geschwollenen Hand beschäftigt und bedachte mich mit hasserfüllten Blicken.
»Du kennst die Ringe ebenfalls?«, fragte ich Marcel.
Er nickte.
»Was bedeuten sie?«
Ich erhoffte mir eine Antwort, aber Marcel ließ mich im Stich. Er schüttelte den Kopf. »Das - das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wir alle wissen nichts. Du musst schon Yannah fragen. Sie ist diejenige, die die Ringe entdeckt hat. Sie wird dir sagen können, was mit ihnen ist und woher sie stammen.«
»Der Teufel aber fürchtet sie, nicht wahr?«
Marcel nickte und hob zugleich die Schultern. Weit hinter ihm, wo die Gasse offen war, erschien ein helles Scheinwerferpaar. Ein Wagen wollte hineinfahren.
Das passte mir nicht. Ich hoffte, dass es sich der Fahrer noch anders überlegte.
Leider tat er mir diesen Gefallen nicht. Auf dem unebenen Untergrund schaukelte das Fahrzeug näher. Es wiegte sich in seiner Federung wie ein Boot auf den Wellen. Wenn mich nicht alles täuschte, war es ein alter R 4 in der Lieferwagenausführung.
Das Fernlicht schaltete der Fahrer nicht ein. Es war auch nicht nötig, schon sehr bald wurden wir vom Licht der beiden hellen Augen erfasst. Der Wagen stoppte.
Zunächst geschah nichts.
Mich konnte der Fahrer kaum sehen, weil mich die vier Typen abdeckten. Er traute sich auch nicht, den Wagen zu verlassen, und ließ einige Sekunden vergehen.
»Verdammt, ich brauche einen Arzt!« heulte Baby plötzlich auf und streckte mir seine geschwollene Hand vorwurfsvoll entgegen. »Du Hundesohn trägst daran die Schuld.«
Ich schenkte mir eine Antwort, denn jetzt wurde die linke Vordertür des R 4 geöffnet.
Jemand stieg aus.
Ich musste schon durch die Lücke zwischen den Kerlen schauen, um etwas sehen zu können.
Jedenfalls war es ein Mann.
Nicht ungewöhnlich, ebenso wie seine dunkle Kleidung. So etwas trugen Hunderte um diese Jahreszeit hier im Viertel.
Und doch kannte ich die Kleidung, den schwarzen Anzug mit den schmalen Streifen. Genauso hatte er ausgesehen, als er zu mir an die Bar gekommen war. Dunkler Nadelstreifenanzug, bleiches Gesicht, langes Haar, rot glühende Augen.
Asmodis war da!
***
Der hatte mir noch gefehlt.
Er blieb seitlich stehen und stemmte seine Arme in die Hüften. Dann lachte er dermaßen laut und schaurig, dass selbst Babys Klagen verstummte und der Kerl seinen Kopf einzog.
Asmodis breitete die Arme aus. »John Sinclair, ich muss dir gratulieren. Du hast es geschafft und diese Brüder vor deine Kanone geholt. Welch ein Bild, super, ich hätte es nicht besser machen können. Nein, das hätte ich wirklich nicht. Danke.«
»Wofür?«
»Ohhh«, sagte er gedehnt. »Tu doch nicht so. Ich bedanke mich dafür, dass du sie mir auf dem Tablett serviert hast.«
»Tatsächlich?«
»Ja.« Seine Stimme nahm einen anderen Klang an. »Oder solltest du etwas anderes vorhaben?«
»Merke dir eines, Asmodis. Ich habe immer etwas anderes vor als du. Wir sind eben wie Feuer und Wasser.«
Die vor mir stehenden Männer hatten ihn noch nicht richtig gesehen, weil er sich mit ihnen auf einer Höhe befand. Der Angeschossene aber konnte ihn genau erkennen, und er sah auch seine Augen.
Dieser Blick musste ihn hart getroffen haben, denn er fing an zu schreien.
»Das ist der Teufel, Freunde! Der Satan ist gekommen! Er hat rote Augen! In ihnen brennt das Höllenfeuer! Schaut sie euch an! Sie sind grauenhaft und furchtbar!«
Seine Stimme überschlug sich. Sie wurde schrill, zu einer wahren Orgie aus Dissonanzen, die an den Hauswänden entlang flatterte, als wollte sie das gesamte Mauerwerk auseinander sprengen.
Baby wollte wegrennen. Er drehte durch, doch der Teufel war schneller als er.
Und leider auch schneller als ich.
Plötzlich befanden sich die Augen auf dem Weg zu Baby. So jedenfalls sah es aus. Dabei waren es nur Strahlen, die ihn erwischten und sein rundes Gesicht trafen.
Baby brach brüllend zusammen.
Er fiel auf die Knie, schlug die Hände vors Gesicht. Was weiterhin passierte, sah ich nicht, denn ich befand mich bereits auf dem Weg zum Teufel.
Ich schoss nicht, es hatte keinen Sinn, eine geweihte Silberkugel an ihn zu verschwenden.
Ich griff ihn direkt an.
Nicht mit bloßen Händen, denn innerhalb kürzester Zeit hatte ich mein
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