0722 - Eiswind der Zeit
versetzen können. Also kommen wir fünf Stunden später an und überraschen diese Brut dann, wenn sie nicht mit uns rechnet.«
Sie stellten sich zwischen die Blumen, er konzentrierte sich auf den gewünschten Ort und die Ankunftszeit. In derselben Sekunde traten sie aus den Regenbogenblumen im Hinterhof von Baton Rouge heraus.
Sie erkundeten die Umgebung und stellten zu ihrer Zufriedenheit fest, dass sich niemand in der Nähe aufhielt.
Zamorra gab Duval ein Zeichen, dass sie ihm folgen sollte. Lautlos bewegten sie sich aus dem Haus.
Auf der Straße angekommen, lachte der Schwarzmagier.
»Herrlich, diese Dunkelheit. Genau richtig für unsere Zwecke…«
***
»Das wird ja immer bescheuerter, je länger ich mit euch zu tun habe!«, schimpfte Yves Cascal. »Jetzt gibts auch noch eine Spiegelwelt mit Doppelgängern von uns… Ich fasse es nicht!«
»Wir haben auch unsere Schwierigkeiten damit«, bestätigte Gryf ap Llandrysgryf. »Aber wir kommen nicht umhin, uns dieser Bedrohung zu stellen, damit nicht noch mehr Menschen sterben müssen.«
Cascal hob die Augenbrauen. Er schien nicht so ganz mit der Erklärung des Silbermond-Druiden einverstanden zu sein. Sie saßen zu viert in Ombres Wohnung im Halbkeller. Gryf und Nicole hatten die Aufgabe übernommen, dem Neger die Geschichte der Spiegelwelt und ihr Zusammentreffen mit dem Schwarzmagier zu schildern. Zamorra selbst hielt sich zurück.
»Also seid ihr mit daran schuld, dass dieses Monster unschuldige Leute in meiner Stadt umbringt«, schlussfolgerte Cascal. Zamorra zuckte zusammen. Der Schatten hatte unwillkürlich die richtigen Schlüsse gezogen. Aber weder Zamorra noch Nicole würden ihm auf die Nase binden, dass die Spiegelwelt durch ein von ihnen ausgelöstes, wenn auch unumgängliches Zeitparadoxon entstanden war.
»Ich glaube nicht, dass man in dieser Situation von Schuld reden kann«, verteidigte sich Zamorra. »Woher sollten wir damals, bevor wir die Spiegelwelt entdeckten, wissen, dass es diese andere Dimension oder Welt oder wie man es auch immer bezeichnen möchte, gibt?«
Yves Cascal nickte zustimmend. Natürlich hatte er seine ungeliebten Besucher mit seiner Behauptung nur verletzen wollen. Aber Zamorras Einwurf konnte er nicht entkräften.
»Und welche Rolle soll ich in eurem seltsamen Spiel übernehmen?«, erkundigte sich der Schatten.
»Hm… Rolle ist irgendwie zuwenig, wenn du verstehst…«, wollte Nicole erklären.
»Ich verstehe nur, dass ihr mit diesem Gegner nicht klarkommt und ich euch deshalb helfen soll. Ob jetzt als Wächter bei den Regenbogenblumen oder indem ich euch mit meinem Amulett aus der Patsche helfe«, ereiferte sich Cascal. »Darum gehts doch. Aus welchem Grund redet ihr um den heißen Brei herum?«
»Wir wollten dir erst alles erklären und dann deine Einwilligung einholen…«, erklärte Zamorra, aber auch er wurde unterbrochen.
»Pfeif drauf! Jedesmal werde ich in irgendeinen Mist hineingezogen, den ich nicht mitmachen will. Es hat damit angefangen, dass diese Silberscheibe mich vor mittlerweile dreizehn Jahren fand und nicht von meiner Seite gewichen ist. Ich wurde von Asmodis gehetzt, mein Bruder wurde von diesem Dreckstück Rofocale getötet. Angelique wurde zur Vampirin - ich weiß bis heute nicht, ob sie lebt oder was mit ihr ist. Ich weiß heute noch nicht einmal, was mir der nächste Tag bringt, und immer wenn ihr in der Gegend seid, werde ich gegen meinen Willen in euren Schlamassel hinein gezogen. Ich mag nicht mehr!«
Zamorra erhob sich, er stellte sich ans Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus. Er nickte wortlos, als er auf die Uhr sah und versuchte, draußen etwas zu erkennen.
Ich habs doch gewusst, dass der uns nicht unterstützen will, dachte er enttäuscht, während Gryf und Nicole weiter auf Cascal einredeten. Aber wir mussten es doch versuchen.
Der Silbermond-Druide trat neben Zamorra und legte eine Hand auf seine Schulter.
»Das wird nichts mehr«, befürchtete er flüsternd. »Bei Ombre drehen wir uns im Kreis. Aber einen Versuch wars wert.«
Zamorra zuckte zusammen. Er war sich nicht sicher, aber hatte er draußen nicht etwas verdächtiges gesehen? Er stieß Gryf an.
»Schau mal dort! Sind sie das nicht?«
Der Silbermond-Druide kniff die Augen zusammen um besser in der Dunkelheit durch das schmierige Glas sehen zu können.
»Kann sein, ist schlecht zu erkennen aber… Moment mal«, sagte er, während er zur Wohnungstür ging, »das haben wir gleich.«
Ohne ein weiteres Wort
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