0722 - Eiswind der Zeit
drückte Abwehr aus.
»Was ist los, Judith?«, fragte Neill, der ihre Reaktion auf seine Worte bezog. »Habe ich etwas falsches ge…«
Sie bedeutete ihm zu schweigen. Sie drehte den Kopf und blickte ihren Freund mit einem angstvollen Ausdruck in den Augen an.
»Neill, spürst du es auch?«, wollte sie mit zitternder Stimme wissen.
»Was soll ich spüren, Judith?« Neill konnte sich keinen Reim auf Judiths Reaktion machen.
»Neill, das - das Ding ist da! Die -diese Windhose, die die Leute heute Mittag getötet hatte«, flüsterte sie mit Furcht in der Stimme.
Neill drehte sich ebenfalls herum und beobachtete die Umgebung.
»Judith, ich kann nichts von diesem Wind, oder was immer es sein soll, bemerken«, antwortete er wahrheitsgemäß.
Sie wich zurück, ihr Atem hatte sich beschleunigt, das Herz schlug bis zum Hals. Noch nie hatte sie solch ein Angstgefühl gehabt wie gerade in diesem Moment, noch nicht einmal an diesem Morgen, als sie dem magischen Phänomen direkt gegenübergestanden hatte.
»Judith, was…«, begann Neill, da lief sie auch schon los, an den alten Häusern entlang, hinein in die Dunkelheit, fort von den beleuchteten Geschäften.
Er hörte hinter sich die Stimmen von mehreren Leuten. Als er sich umdrehte, erblickte er einen Mann und eine Frau, die in raschem Lauf auf ihn zukamen.
Die wollen nichts von mir, erkannte er sogleich. Die haben es auf Judith abgesehen.
In diesem Augenblick bekam er den Schreck seines Lebens: Den beiden Unbekannten folgte, in zwei Meter Höhe schwebend, eine blaue Windhose.
***
In Château Montagne wurde ein gewisser Jungdrache immer nervöser, je weiter der Uhrzeiger vorrückte. Fooly spazierte unaufhörlich im Kreis herum, kratzte sich am ganzen Körper und schaute ständig auf die Uhr. Dazu schnaufte er wie eine Dampflokomotive. Kurz - er hielt das Warten nicht mehr aus.
William saß immer noch in seinem Sessel. Er halte die Augen geschlossen, leichte Schnarchtöne verrieten Fooly, dass der Butler eingeschlafen war.
»Du machst es dir leicht«, knurrte der Drache leise. »Sagtest du nicht: Auch ich bin in Sorge um die Herrschaften, wie jedes Mal? Von wegen, mein Freund.«
Er schlich zur Tür hinaus, schloss sie ebenso leise und bewegte sich Treppenstufen hinunter, einem Kellerraum entgegen, in welchem eine Miniatur-Sonne in einem kuppelähnlichen Raum schwebte und Blumen mit mannshohen Kelchen wuchsen.
Auf dem Sessel bewegte sich William. Er gähnte, streckte sich, stand auf und murmelte: »Kurz nach 22:00 Uhr. Na endlich ist er fort. Ich habe nicht geglaubt, dass er so lange aushält. Ums Haar wäre ich tatsächlich eingeschlafen… Dabei ist es hier so ungemütlich… Jetzt kann ich wirklich ins Bett gehen.«
Als er wenige Minuten darauf in seinem Bett lag, konnte er nicht mehr schlafen…
***
Gryf, Nicole und Zamorra folgten den beiden Menschen, von denen Nicole gesagt hatte, dass sie ihr bekannt vorkämen. Das war kein Wunder, schließlich handelte es sich um ihr und Zamorras Ebenbild aus der Spiegelwelt.
»Was haben die beiden vor? Und weshalb sind die schon wieder da? Ich dachte, der hätte eine Ruhepause nötig«, flüsterte Gryf, damit die beiden vor ihnen nichts mitbekamen.
»Keine Ahnung«, gestand Zamorra, »aber sie wirken zielorientiert. Wie Jäger, die dem Wild auf der Spur sind.«
»Ich kann telepathisch nichts feststellen«, bekannte Gryf.
»Die dürften mental genauso abgeschirmt sein wie wir«, vermutete Nicole. »Und wenn sie nicht abgelenkt wären, hätten sie deine Versuche, ihre Gedanken zu lesen, längst schon mitbekommen.«
»Die gehen irgendwie im Kreis«, sagte Zamorra. Als er die fragenden Blicke seiner Begleiter sah, erklärte er: »Ich habe den Stadtplan für Ombres nähere Umgebung im Kopf. Wenn wir dort vorne in die nächste Straße einbiegen, kommen wir automatisch wieder in die Richtung zu Cascals Wohnung.«
»Ich kanns nicht genau sehen, aber was ist das für ein Ding, das zwischen den beiden blau strahlt? Soll das dieser Eiswind sein?«, wollte Gryf wissen.
Zamorra griff mit der Hand in seine Jackentasche und verständigte sich mit Nicole durch einen Blick. Sie wusste sofort, das er den Dhyarra-Kristall aktivieren wollte, und sie sollte dasselbe mit ihrem Sternenstein vollführen, damit sie im Notfall geschützt waren.
»Sie folgen zwei Personen«, berichtete Gryf, der sich zwei Meter vor seinen Gefährten bewegte.
In diesem Moment bildete sich eine winzige blaustrahlende Windhose, die langsam größer
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