0729 - Laurins finsteres Reich
Welt, war möglicherweise ein Stück grenzenloses Jenseits.
»Also ich verschwinde jetzt von hier. Sie auch, Sinclair?«
»Wohin wollen Sie gehen?«
»Sie können vielleicht Fragen stellen, Mann. Was soll ich noch hier? Ich will wieder zurück. Ich habe Glück gehabt, daß ich mit dem Leben davongekommen bin. Dieser Garten oder Friedhof ist jetzt, da er nicht mehr so existiert, wie wir ihn einmal erlebt haben, tatsächlich zu einer Legende geworden. Und das soll er auch bleiben. Er soll sich in den Köpfen der Menschen als ein sagenhaftes Erbe einbrennen, nicht mehr und nicht weniger. Alles andere lehne ich ab.«
»Gut.«
»Dann kommen Sie mit?«
Ich nickte, hatte aber noch eine Frage zu diesem ehemaligen Garten. »Sie haben doch die Zwerge gesehen, Sie haben in ihre Gesichter schauen können, ist Ihnen dabei denn nichts aufgefallen?«
»Was denn? Klar, sie waren schaurig genug…«
»Das meine ich nicht. Ich rede von den Gesichtern und will wissen, ob diese Ihnen bekannt vorkamen?«
»Einige.«
»Und was war mit den anderen? Die mußten doch auch aus der unmittelbaren Umgebung stammen?«
Lechner nickte. »Da haben Sie richtig nachgedacht, Sinclair. Das kann auch sein, aber das muß alles vor meiner Zeit passiert sein, verstehen Sie? Der Fluch ist alt, manche bezeichnen ihn als uralt. Es hat zu jeder Zeit diese schrecklichen Unglücke gegeben. Sie haben ja selbst gesehen, daß auf dem Friedhof noch genügend Platz ist.«
»Beinahe sogar für uns.«
Nach dieser Bemerkung schaute der Bürgermeister schräg in die Höhe. Das Blut in seinem Gesicht war verkrustet. Die Stelle sah aus wie von einer dunklen Narbe verziert.
»Gehen wir?«
Ich nickte. Wohl war mir nicht dabei. Diese Bewegung hatte ich nur halbherzig gegeben, weil mich einfach das Gefühl überkommen war, hier in der Nähe etwas übersehen zu haben.
Nicht irgendwas, etwas sehr Wichtiges, dessen Nicht-Entdecken mir später noch einmal leid tun würde…
***
»DIABLITA!«
Es war ein Schrei, ein Hilferuf, ein Signal - ein schrilles trompetenhaftes Echo, ein gewaltiges Stück Emotion, etwas, das man kaum in Worte fassen konnte, das aber die gesamte Umgebung erfüllte, als wollte es die Felsen sprengen.
Trudi hatte diesen Ruf ausgestoßen, und Trudi wußte, warum sie es genau in dieser Sekunde getan hatte, denn das war der Zeitpunkt, den sie hatte abwarten müssen.
Diablita würde sie erhören!
Der Mond stand mit seinem Glotzauge am Himmel und schaute auf alles nieder. Er selbst schien durch den Schrei zu erzittern, seine Umrisse schienen zu vibrieren, und selbst die Umgebung zog sich für einen Moment zusammen.
Dann wurde es still.
Die Umwelt schwieg…
Nur aus der Mitte des Kreises war ein Geräusch zu hören. Ein lautes Schluchzen, ein Weinen, das glücklich und erlöst darüber klang, daß die Person es endlich hinter sich hatte. Es war vollbracht…
Sie hockte innerhalb der Dreiecke, sie hielt den Kopf gesenkt und den Blick zu Boden gerichtet. In ihrem Innern brannte eine Hölle, die sich auch äußerlich bemerkbar machte, denn auf ihrem Gesicht lag eine dicke Schweißschicht. Der Ausbruch sammelte sich an einer bestimmten Stelle auf der Stirn so stark, daß sich einige Tropfen lösten und zu Boden fielen. Innerhalb des magischen Sterns blieben sie liegen, und Trudi Lechner glaubte, ein Zischen zu hören, als würden ihre Schweißperlen verdampfen.
Sie starrte den Boden an, und dabei stemmte sie sich mit den Handflächen ab. Sie atmete mit offenem Mund. Ihr nackter Körper bebte, ihre Muskeln zuckten, als würde sie unter schweren Stromstößen leiden, die das Fleisch durchzuckten.
Sie hatte alles getan, sie hatte alles versucht, aber hatte sie auch einen Erfolg erreicht? Würde sich Diablita zeigen, wie sie es erwartete? Würde ihr Geist die andere Sphäre verlassen, um wieder einzutauchen in die normale Welt, in der sie vor einigen Hundert Jahren einmal gelebt hatte?
Diese Wiedergeburt mußte einfach geschehen, es mußte sie geben, sonst hatte alles keinen Sinn mehr.
Sie dachte an die Zwerge, die einst von Laurin verflucht, verstoßen und verdammt waren, um für alle Ewigkeiten in einem steinernen Garten zu hocken und nur bei Mondschein freizukommen, um sich die neuen Opfer für den Garten zu holen.
Diese Zwerge konnten nicht ohne Führung sein. Schon Diablita hatte vor Jahrhunderten unter Zwergen gelebt. Sie hatte die Bande der Mörderzwerge angeführt, aber sie hatte verloren - damals wenigstens.
Heute nicht mehr!
Mit einem
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